23. November 2024

„Gott selbst gebot zu schwingen das Schwert“

I Puritani (Die Puritaner)

• Oper in drei Akten von Vincenzo Bellini

Libretto: Carlo Pepoli (1796–1881)
Musik: Vincenzo Bellini (1801–1835)
Uraufführung: 24. Januar 1835, Paris (Théȃtre-Italien)
Dauer: ca. 3 Stunden, eine Pause

Akte:
1. Eine Festung nahe Plymouth
2. Ein Saal in der Festung
3. Ein kleiner Garten nahe der Festung

Hauptpersonen:
Lord Walter Walton, Generalgouverneur, Puritaner: Bass
Elvira, seine Tochter: Sopran
Sir George, Walters Bruder, Oberst a. D., Puritaner: Bass
Oberst Richard Forth (Riccardo), Puritaner: Tenor
Sir Roberton, Puritaner: Tenor
Lord Arthur (Arturo), Anhänger der Stuarts: Tenor
Henriette von Frankreich, Witwe Charles I. (Dame von Villaforte): Sopran

Kurze Werkeinführung

„I puritani“ ist eine dreiaktige „Opera seria“ und der letzte große Bühnenerfolg des jung verstorbenen italienischen Komponisten Vincenzo Bellini (1801–1835). Neben „Norma“ ist das am 24. Januar 1835 in Paris uraufgeführte Werk die bis heute am häufigsten gespielte Oper Bellinis.

Während die Musik, vor allem wegen der gelungenen musikalischen Umsetzung von Emotionen, als Meisterwerk gilt, geriet das Libretto Carlo Pepolis als dramaturgisch wenig überzeugend in die Kritik.

Die Handlung führt zurück in die erste Hälfte des 17. Jahrhunderts, nach Plymouth, als in England Bürgerkrieg herrschte. Die Anhänger des absolutistisch orientierten Königs Charles I., der der Herrscher-Dynastie der Stuarts zugehörte, standen zahlreichen Gegnern, darunter den Puritanern, gegenüber.

Die Puritaner traten im 17. Jahrhundert in England und Schottland für eine Reformation der Kirche nach evangelisch-reformierten Prinzipien ein. Ihnen gelang es im Zuge dieser Auseinandersetzungen, die Streitkräfte König Charles I. zu schlagen und den Herrscher zu entmachten, der wenig später starb. Unter Oliver Cromwell (1599–1658) entstand danach eine puritanisch geprägte Republik.

Diese historische Ereignisse bilden in Bellinis Oper den Rahmen für eine „unmögliche“ Liebesgeschichte zwischen der Puritanerin Elvira und dem königstreuen Lord Arthur, die nach einigen dramatischen Wendungen und großen seelischen Wirrnissen doch noch ein glückliches Ende findet.

Die Handlung

Kurz und gut

Wenn der Bräutigam kurz vor seiner Hochzeit mit einer anderen Frau das Weite sucht, hat das nicht zwangsläufig mit der Braut zu tun.

1. Akt: Eine Festung nahe Plymouth

Lord Walter Walton, ein überzeugter Puritaner, ist Generalgouverneur einer Festung in der Nähe von Plymouth. Dort hält man Henriette, die Witwe Charles I., gefangen – sie war als Puritanerin verkleidet hierher geflüchtet.

Elvira, Waltons Tochter, wird von zwei höchst unterschiedlichen Männern geliebt: Einerseits ist da Lord Arthur, ein Sympathisant der entmachteten Stuarts. Er hat das Herz des Mädchens gewonnen, Elvira liebt ihn ebenfalls.

Andererseits ist da aber auch Richard Forth, ein puritanisch gesinnter Oberst. Ihm hatte Lord Walton eigentlich seine Tochter versprochen – doch Elviras Onkel, Sir George, war es gelungen, ihren Vater, seinen Bruder, doch von Arthur zu überzeugen.

Nun sind die Vorbereitungen für die Hochzeit getroffen, und Richard beklagt sein Schicksal, Elvira an einen anderen verloren zu haben.

Ach, auf ewig muss ich entsagen
Meiner Liebe Blütentagen,
Und ein Leben sollt’ ich tragen,
Das nur Qual und Schmerz mir beut’?
Statt ersehnter Liebe Freuden,
Naht mir drohend banges Leiden,
Hoffnungslos muss ich verzagen –

Sir Bruno Roberton, ein puritanischer Gesinnungsgenosse, tröstet Richard und fordert ihn auf, sich seiner Aufgaben für das Vaterland zu besinnen: Er solle seine Krieger zu Ruhm und Ehre führen. Doch Richard fühlt sich dazu nicht mehr in der Lage: „Dahin ist mein Glück, gelähmt sind die Schwingen“ – Er verspüre nur noch Wut und Schmerz und den Wunsch nach Rache …

Elvira hat von ihrem Glück noch gar nicht erfahren. Sie glaubt, Richard Forth heiraten zu müssen und sieht dieser Hochzeit bange entgegen.

Nun aber berichtet ihr Sir George, dass es ihm gelungen sei, ihrem Vater vor Augen zu führen, dass er seine Tochter durch eine Ehe mit Richard ins Unglück stürze. Lord Walton sei mit Arthur nun einverstanden.

Elvira wagt es zunächst kaum, an ein solches Glück zu glauben, aber schon bald bestätigt ihr Arthur, dass nun endlich „Glück und Wonne strahlen“: „Du bist die Meine!“

Lord Walton bedauert, bei der Hochzeit seiner Tochter nicht anwesend sein zu können. Ein Befehl verpflichte ihn „zu schneller Reise“: Er müsse die Dame von Villaforte, die sich seit einiger Zeit hier in der Festung aufhalte, ehestmöglich nach London bringen, um sie dem Parlament vorzuführen.

Eine Bemerkung von Sir George, dass diese Dame sich nur als Puritanerin verkleidet habe, um Einlass in die Festung zu finden und in Wirklichkeit eine Gefangene sei, veranlasst Arthur, der Sache auf den Grund zu gehen.

Als ihm dann die Dame von Villaforte in einem Gespräch offenbart, dass sie Henriette von Frankreich, die Gemahlin von Charles I. ist, flammt Arthurs Treue zu den entmachteten Stuarts auf, und er verspricht ihr spontan, sie vor der Hinrichtung zu retten.

Während Arthur eilig einen Fluchtplan vorbereitet, in den er auch Elvira nicht mehr einweihen kann, trifft sie, unterstützt von Henriette, die letzten Hochzeitsvorbereitungen.

Dann, in einem günstigen Augenblick, als Henriette allein ist, stürmt Arthur herbei, legt der Königsgattin einen Hochzeitsschleier um und mahnt sie, eilig mit ihm zu kommen. Doch die Flucht der beiden wird gestoppt: Richard Forth stellt sich ihnen entgegen, immer noch glühend vor Eifersucht. Er ist natürlich der Meinung, unter dem Schleier würde sich Elvira verbergen: „Nicht sollst Du ungestraft mir rauben das höchste Gut des Lebens …“

Dann aber erkennt er die Gefangene und lässt die beiden fliehen – in der Hoffnung, seinen Rivalen damit los geworden zu sein.

Unmittelbar nachdem Arthur und Henriette die Festung verlassen haben, meldet Richard Lord Walton die Flucht der beiden. Sofort ruft der Generalgouverneur die Soldaten zur Verfolgung des „Verräters“ auf, während die Hochzeitsgesellschaft Elviras Schicksal beklagt.

Die Braut ist von den unerwarteten Ereignissen völlig aus der Bahn geworfen, kann sich nicht fassen und verliert den Bezug zur Wirklichkeit …

2. Akt: Ein Saal in der Festung

Elvira ist immer noch verwirrt und sehnt ihren Bräutigam herbei. Sir George beklagt ihren Zustand, während Richard Forth die Nachricht bringt, dass Arthur vom Parlament in Abwesenheit zum Tod durch das Beil verurteilt worden sei.

Lord Walton sei die geglückte Flucht Henriettes indes nicht zur Last gelegt worden. Seine Unschuld sei erwiesen, der Generalgouverneur sei sogar „zu hohen Würden“ ernannt worden.

Das Gespräch der beiden wird von Elvira unterbrochen. Zu deren Entsetzen erkennt sie Sir George, ihren Onkel, nicht mehr, und kann, von Wahnsinn umnachtet, nur noch an Arthur denken:

Seiner Stimme sanften Töne
Riefen zärtlich hier meinen Namen –
Hier vernahm ich einst die Schwüre
Ew’ger Treue, die aus seinem Herzen kamen.
Kehrt zurück, ihr Wonnestunden,
Führt den Teuren mir zurück!
Ist die Hoffnung mir entschwunden,
Find’ ich im Grabe die ersehnte Ruh’. 

Verzweifelt drängt Sir George seinen puritanischen Gesinnungsgenossen Richard, für Arthurs Begnadigung einzutreten, um damit auch Elviras Leben zu retten. Richard ist die beklagenswerte Verfassung des Mädchens, das er liebt, zu Herzen gegangen, doch er kann seine Eifersucht nicht überwinden.

Schließlich bereiten sich die beiden Puritaner auf einen neuen Kampf gegen die rebellierenden Stuarts vor. Sollte ihnen Arthur auf dem Schlachtfeld begegnen, darin sind sie sich einig, dann treffe ihn … „der Tod!“

3. Akt: Ein kleiner Garten nahe der Festung

Die Truppen der Stuarts sind von den Puritanern vernichtet worden. Drei Monate nach seiner Flucht mit Henriette kommt Arthur zurück, immer noch verfolgt von den Soldaten Cromwells, des Führers der Puritaner.

In einem Pavillon im Garten der Festung trifft er nun Elvira, versichert ihr, nur sie zu lieben und erklärt ihr die Umstände seiner Flucht: Die Gefangene, die er in Sicherheit bringen wollte, sei Königin Henriette gewesen. Doch seine Liebe habe immer nur ihr, Elvira, gegolten. Niemals habe er sie verraten.

Als Arthur hört, dass sich Soldaten nähern, will er mit Elvira fliehen – doch sie, aus ihrer Verwirrung nur langsam erwachend, weigert sich vehement, mit ihm zu kommen, vermutet weiteres Leid und ruft um Hilfe.

Kurz danach ist der Flüchtige auch schon gestellt: Sir George, Richard, Sir Robert und die anderen Puritaner sind hoch erfreut, den Verbannten endlich gefasst zu haben und verkünden ihm umgehend, dass er wegen seines Hochverrats „vom Vaterland zum Tode verurteilt“ worden sei.

Nun erst erkennt Elvira, was wirklich geschehen ist: dass Arthurs Flucht tatsächlich nichts mit ihrer Hochzeit zu tun gehabt hatte und dass sie es war, die ihn nun „den Mördern in die Hände“ gespielt hatte. Verzweifelt wünscht sie sich, gemeinsam mit ihm zu sterben, und beide versichern einander ihre Liebe.

Schon wird Arthur abgeführt, schon machen sich die Puritaner daran, dem zu folgen, was „Gott selbst gebot“ – „streng Gerechtigkeit zu üben“ und „das Richterschwert“ zu schwingen –, als ein Bote mit einer dringenden Nachricht herbei eilt: Die Stuarts seien von den Puritanern endgültig besiegt worden. England unter Cromwell wolle nun jedem „Vergebung, Schutz und Frieden“ bieten. Arthur ist also begnadigt – und gemeinsam mit Elvira preist er dieses glückliche Schicksal:

Selige Stunde! Vom tiefsten Leide
Hebt sich die Seele zur höchsten Freude
Jede Wunde heilt die Liebe,
Mein bist Du, o süßes Glück!

Zitate aus der Übersetzung des Librettos in: opera-guide.ch