23. November 2024

„Diesem Jammer erliegt mein armes Herz!“

La forza del destino (Die Macht des Schicksals)

• Oper in vier Akten von Giuseppe Verdi

Libretto: Francesco Maria Piave (1810–1876), Antonio Ghislanzoni (1824–1883)
Musik: Giuseppe Verdi (1813–1901)
Uraufführung: 10. November 1862, Sankt Petersburg; 27. Februar 1869 (überarbeitete Fassung), Mailand (Scala)
Dauer: ca. 3,5 Stunden, zwei Pausen

Akte:
1. Ein Palast in Sevilla
2. Eine Schenke nahe dem Dorf Hornachuelos; ein freier Platz vor dem Kloster Madonna degli Angeli
3. Die Umgebung von Velletri, Italien
4. Das Kloster Madonna degli Angeli

Hauptpersonen:
Il Marchese di Calatrava,
ein spanischer Adeliger: Bass
Leonora, Tochter des Marchese: Sopran
Don Carlos, Sohn des Marchese: Tenor
Don Alvaro:Tenor
Preziosilla, eine Zigeunerin: Mezzo
Guardino, ein Pater: Bass
Fra Melitone, ein Franziskanermönch: Bass
Curra, Leonoras Kammerzofe: Mezzo
Alcalde, Dorfvorsteher von Hornachuelos: Bass
Trabuco, ein Maultiertreiber: Tenor

Kurze Werkeinführung

„La forza del destino“ – Die Macht des Schicksals – zählt du den bekanntesten und beliebtesten Opern Giuseppe Verdis. Sie entstand als Auftragswerk für die Oper in St. Petersburg, wo sie 1862 uraufgeführt wurde. Das Libretto stammt von Francesco Maria Piave, der für Verdi insgesamt neun Textdichtungen verfasste, darunter „Rigoletto“ und „La Traviata“. Als Grundlage diente ihm das spanische Drama „Don Alvaro ò la fuerza del sine“ („Don Alvaro oder die Macht des Schicksals“) des Romantikers Angelo Perez de Saavedra (1791–1865).

Jedoch erfuhren sowohl Piaves Textdichtung als auch die Musik nach der Uraufführung eine gründliche Überarbeitung, weil Verdi trotz des Erfolgs seiner Oper dramaturgische Schwächen ortete, „eine Häufung von Unglücksfällen und Unwahrscheinlichkeiten“, wie er selbst analysierte. Für die 1869 in Mailand gezeigte Neufassung des Werkes war der italienische Schriftsteller Antonio Ghislanzoni als Textdichter tätig, nachdem Piave einen Schlaganfall erlitten hatte, der ihn bis an sein Lebensende lähmte und arbeitsunfähig machte.

„La forza del destino“ feierte beim Publikum zu Beginn unterschiedliche Erfolge und setzte sich international erst nach und nach durch. Heute aber zählt die Oper – trotz des nach wie vor umstrittenen Handlungsverlaufs – unbestritten zu Verdis großen Meisterwerken, die von den Bühnen der Welt nicht mehr wegzudenken sind.

Die Handlung führt uns nach Spanien und Italien. Sie umfasst einen Zeitraum von etwa acht Jahren und spielt während des Österreichischen Erbfolgekriegs (1740–1748). Dieser brach aus, als nach dem Tod Kaiser Karls VI. einige Fürsten territoriale Ansprüche erhoben, und führte zu einem weltweiten Konflikt.

Im Mittelpunkt der Handlung steht Don Alvaro, der – so die Vorgeschichte – eine heikle politische Mission erfüllen will: Er ist in Spanien unterwegs, um den König um Vergebung zu bitten: Alvaros Eltern (seine Mutter ist die letzte Nachfahrin der Inka-Herrscher) hatten sich mit dem Versuch, in Spanien ein eigenständiges Andenreich zu gründen, des Verrats schuldig gemacht.

Don Alvaro hält seine Identität also geheim, als er sich auf seiner Reise in Leonora verliebt, die Tochter des Marchese von Calatrava, eines berühmten Adeligen, dessen Palast in Sevilla allerdings schon deutliche Verfallserscheinungen zeigt. Der Marchese hat keine Freude damit, dass sein Kind sich mit einem halben Indio abgibt – gewiss doch ein Betrüger von zweifelhafter Herkunft! – und er verbietet Leonora den Umgang mit Alvaro.

Die Handlung

Kurz und gut …

Ein versehentlicher Todesschuss, ein elender Krieg, ein von Rachsucht verblendeter Bruder, der im Sterben noch seine Schwester ersticht: Das Schicksal bedient sich vier Akte lang der unlautersten Mittel, um eine junge Frau, die im entscheidenden Moment zur gemeinsamen Flucht allzu lang gezögert hat, für immer von ihrem Geliebten zu trennen.

1. Akt: Ein Palast in Sevilla

Der Marchese von Calatrava wünscht seiner Tochter Leonora eine gute Nacht. Sie ist unruhig, denn sie hat geplant, in den nächsten Stunden mit Alvaro, ihrem Geliebten, zu fliehen. Sie will den väterlichen Palast und ihre Heimat verlassen. Andererseits hängt Leonore an ihrem Vater. Sie liebt ihn, obwohl er ihr diese Beziehung strikt verboten hat.

Curra, Leonoras Kammerzofe, weiß von den Fluchtplänen und rät zur Eile, denn „schon ist Mitternacht vorüber“. Leonora solle nicht zögern. Oder liebe sie ihren Alvaro etwa nicht wirklich? Doch, und wie!, bekräftigt sie („Me pellegrina ed orfana“):

Heimat, Familie, den Vater,
für ihn will ich sie lassen!
Ich Ärmste, o wie schwer sind meine Leiden!
Ach, unter Tränen lös’ ich heut’ all die geliebten Bande.
Ein unerbittlich’ Schicksal
stößt mich hinaus in fremde Lande!

Schon sind Pferde vor dem Palast zu hören, Alvaro erscheint und schließt Leonora in seine Arme, bereit, mit ihr ein neues Leben zu beginnen. Sie aber zögert nun, ist unentschlossen, erbittet einen einzigen weiteren Tag, „um den Vater noch einmal zu sehen“.

Alvaro wird klar, dass Leonora es bereuen würde, ginge sie jetzt mit ihm. Er nimmt von seinem Plan, sie noch während der Flucht zu heiraten („in der Kapelle harrt schon der Priester“), Abstand und lässt ihr die Freiheit. Sie versichert ihm daraufhin ihre Liebe („Du meines Herzens Wonne, auf ewig bin ich dein!“), ihre Bereitschaft, jedes Schicksal auf sich zu nehmen … da schlagen im Palast Türen auf, Schritte sind auf der Treppe zu hören; schnell wird klar klar, dass der Marchese in wenigen Sekunden den Raum betreten wird.

Aber Alvaro ist zu stolz, um sich zu verstecken. Er zieht eine Pistole hervor:

„Verteidigen muss ich dich!“

„Fort mit der Waffe! Gegen meinen Vater willst du?“

Alvaro steckt seine Pistole wider ein. Und schon betritt der Marchese den Raum, überblickt wütend die Szenerie, die sich hier hinter seinem Rücken entwickelt hat, bezeichnet seine Tochter als „wohlfeile Dirne“ und weist seine Diener an, Alvaro, diesen „schändlichen Schuft“, zu ergreifen. Der zieht abermals seine Pistole, entschließt sich aber nach Leonoras verzweifeltem Zuruf („Alvaro, o Gott, halt ein!“), dem Marchese kampflos sein Leben darzubieten:

„Rein wie des Himmels Engel sind,
rein ist dein Kind, ich schwör’ es!
Ich nur bin schuldig. Drum sühn’ ich den Frevel,
den an Euch ich beging, mit meinem Leben.
Seht, ich bin wehrlos!“

Doch als Alvaro seine Pistole auf den Boden wirft, zeigt das Schicksal erstmals seine Macht: Ein Schuss löst sich und trifft den Marchese tödlich. Leonora stürzt zu ihrem Vater, doch der, überzeugt davon, dass sie durch ihre Beziehung mit dem Indio Schande über die Familie gebracht habe, verflucht sie unversöhnlich („Ein Gräuel ist mir dein Anblick noch im Tode“) – und stirbt.

2. Akt: Eine Schenke nahe dem Dorf Hornachuelos

Eineinhalb Jahre nach dem Tod des Marchese: Der tödliche Schuss hatte Alvaro und Leonora getrennt, ihre gemeinsamen Pläne wurden durch das Unglücksereignis zunichte gemacht. Alvaro war, von den Dienern des Marchese schwer verwundet, geflohen, hatte seine Geliebte dann ein Jahr lang gesucht, dabei jedoch erfahren, sie wäre gestorben. Leonora aber war nur bei einer Freundin untergetaucht und versucht nun, die Erinnerungen an ihren Geliebten zu überwinden. Sie vermutet, dass es ihm gelungen sei, mit dem Schiff nach Amerika zu entkommen und dass er sie längst verlassen und vergessen habe. Sie will ihr weiteres Leben im Schutz der Kirche verbringen und ist, als Mann verkleidet, gemeinsam mit dem Maultiertreiber Trabuco unterwegs nach „Madonna degli Angeli“. –

In der Nähe dieses berühmten Klosters, in Hornachuelos, vergnügen sich die Dorfbewohner, Bäuerinnen und Arbeiter in einer Schenke. Unter den Gästen ist auch ein junger Mann, der sich als Student ausgibt. In Wirklichkeit handelt es sich um Don Carlos, Leonoras Bruder. Er will den Tod seines Vaters rächen, weil er – wie dieser – glaubt, Alvaro hätte das Blut der Familie durch seine Beziehung mit Leonore geschändet. Er ist auf der Suche nach dem Verführer seiner Schwester, von deren Schicksal und Plänen Carlos ebenfalls nichts weiß. Beide sollen sie sterben!

Der Dorfvorsteher, der Alcalde, lädt zum gemeinsamen Abendessen und bittet den vermeintlichen Studenten Carlos darum, das Tischgebet zu sprechen. Und just als dieser sich selbst eingesteht, bei seiner Suche erfolglos geblieben zu sein, betritt Leonora die Schenke. Als sie überrascht ihren Bruder an einem Tisch entdeckt, zieht sie sich schnell zurück. Er könnte sie trotz ihrer Verkleidung erkennen.

Instinktiv befragt Carlos den Maultiertreiber Trabuco nach dem „Bürschchen“, das mit ihm gekommen ist, sich jetzt aber so scheu im Hintergrund hält. Trabuco bleibt eine Antwort zunächst erspart, denn in diesem Moment betritt eine Zigeunerin die Schenke und zieht alle Aufmerksamkeit auf sich: Preziosilla („Al suon del tamburo“).

Die Männer wollen wissen, ob sie ihnen die Zukunft prophezeien kann, ob und wie sie ihr Glück finden könnten. Preziosillas Antwort ist eindeutig: „Zieht nach Italien, wo die Fackel des Krieges wieder entbrannt ist. Bald winkt euch der Sieg!“ Sie selbst werde die Männer begleiten.

Die Kriegstreiberei der Zigeunerin ist zwar recht billig („Sei wacker, dann wirst du gar bald Korporal, du Hauptmann, du Oberst und du General!“), fällt aber bei den karriere- und ereignishungrigen Männern unmittelbar auf fruchtbaren Boden: „Wie schön ist’s im Kriege“, stimmen sie im Chor begeistert ein. „Es lebe der Krieg, er lebe hoch!“

„Und was erwartet wohl mich, den Studenten?“ will Carlos von Preziosilla wissen – und streckt ihr seine Hand entgegen, damit sie daraus auch sein Schicksal lese.

„Oh, dir wird’s schlimm ergeh’n“ prophezeit sie ihm – und blickt Carlos dann scharf an: Sie wisse, dass er kein Student sei, doch sie werde seinen Schwindel nicht verraten …

Nun ziehen Pilger vorbei und regen die Gäste in der Schenke dazu an, ebenfalls in sich zu gehen und zu beten. Der allgemeine Gebetschor formuliert den frommen Wunsch, „vor der Hölle Qualen bewahrt“ zu werden, Leonora indes bittet darum, ihrem Bruder Carlos entkommen zu können. Denn dessen Rachsucht ist seit dem Tod des Vaters nicht auf Alvaro beschränkt: „Er bedroht mein Leben, errette mich, mein Gott und Herr!“

Nach dem Gebet nehmen alle wieder ihre Plätze ein, und Carlos bedrängt den Maultiertreiber Trabuco erneut, ihm etwas von dem scheuen jungen Mann zu erzählen, der mit ihm gekommen ist. „Er scheint halb ein Hahn und halb ein Hühnchen“, neckt er – aber Trabuco geht nicht darauf ein und zieht sich in den Stall zu seinen Tieren zurück. Er will seine Ruhe haben.

Auch Carlos neckische Idee, dem jungen, etwas weiblich wirkenden Fremden einen Schnurrbart aufzumalen, wird vereitelt. Der Alkalde verbietet den Streich, alle Reisenden stünden unter seinem Schutz. Carlos solle stattdessen von sich selbst berichten, woher er komme und wohin er wolle. Er tut es – und erzählt die tragische Geschichte von Leonora, Alvaro und dem Marchese von Calatrava. Allerdings gibt er vor, selbst nur am Rande mit diesen Ereignissen zu tun zu haben. Er sei Student, heiße Pereda und werde in Kürze seinen Doktor machen. Er habe die tragische Geschichte der Ereignisse in Calatrava von einem Freund erfahren. Dieser, ein Mann namens Don Vargas, sei Leonoras Bruder und der Sohn des ermordeten Marchese. Er habe Alvaro, den Übeltäter und Verführer seiner Schwester, bis nach Amerika verfolgt.

Der Alkalde dankt dem redseligen Studenten dafür, ihm und den Männern dies alles anvertraut zu haben. Nur Preziosilla ist sicher, dass an Carlos’ Erzählung etwas faul ist: „Das glaub’ wer will, du Schwindler du!“

Leonora zieht sich zurück, geschockt darüber, dass ihre Geschichte in der Schenke öffentlich gemacht worden ist, und setzt ihren Weg fort. Noch in der Nacht gelangt sie zum Kloster.

Ein freier Platz vor dem Kloster Madonna degli Angeli

Leonora ist dankbar dafür, ihren „letzten Zufluchtsort“ erreicht zu haben und bittet die „Mutter Gottes“ um Hilfe, Alvaro nun vergessen zu können („Madre, pietosa Vergine“):

Mutter, Mutter der reinsten Gnaden du,
vergib mir meine Sünden
und reiß aus meinem Herzen
des Undankbaren Bild!
In dieser stillen Einsamkeit
lass meine Schuld mich büßen!

Leonora klopft an die Pforte des Klosters. Ein skeptischer, neugieriger Mönch – Melitone – antwortet ihr. Mit einem Hinweis auf den von allen geschätzten Pater Cleto, der sie geschickt habe, gelingt es der Verkleideten, bei Pater Guardino vorsprechen zu dürfen. Ihm offenbart sie ihre Identität, berichtet, dass ihr Vater nur durch Zufall zu Tode gekommen sei und der eigene Bruder ihr Leben bedrohe. Hier, an diesem Ort, sei ihre „Gnadenpforte“.

Natürlich kann Leonora nicht in dem Kloster unter Männern wohnen, aber sie ist entschlossen, ihr weiteres Leben in der nahegelegenen Einsiedelei zu verbringen.

Nach einigem Zögern stimmt Pater Guardino diesem Plan zu. Er werde ihr Geheimnis hüten und sie selbst „an jedem siebten Tag mit kärglich Brot“ versorgen.

Langsam fühlt sich Leonora von der Last der vergangenen Jahre befreit. Schon am nächsten Morgen bricht sie auf. Guardino vermittelt ihr Gottes Segen und verkündet den Mönchen, dass „die heilige Klause“ von nun an einem Büßenden als Wohnstätte dienen solle. Niemand dürfe sich diesem Ort künftig nähern, kein Blick dürfe ihn „frevelnd entweihen“.

Feierlich geloben die Mönche, der Klause fern zu bleiben. Guardino überreicht Leonora eine Glocke, die sie aber nur läuten dürfe, wenn ihr ernste Gefahr drohe oder „wenn sich nahet die letzte Stunde“.

Nachdem Leonora die Hand des Paters geküsst hat, schreitet sie allein weiter – einem Leben in absoluter Einsamkeit entgegen. („La Vergine degli Angeli“)

3. Akt: Die Umgebung von Velletri, Italien

Wir schreiben nun das Jahr 1744 und befinden uns in der Nähe von Rom. Der Erbfolgekrieg tobt. Spanisch-neapolitanische Truppen kämpfen gegen das österreichische Heer. Unter den Soldaten befinden sich zwei junge spanische Offiziere, die noch nichts davon wissen, dass die Pfade des Schicksals sie vor diesem Krieg schon einmal zusammengeführt hatten: Carlos und Alvaro. Seite an Seite stehen sie gegen einen gemeinsamen Feind.

Es ist Nacht. Alvaro gedenkt seiner verlorenen Liebe, betrachtet Leonoras Bild, das er immer bei sich trägt, und erinnert sich an die fürchterliche Nacht, die ihm „alles Glück entrissen“ habe. Er glaubt, seine Geliebte sei am Abend des tragischen Vorfalls ums Leben gekommen („Oh, tu che in seno agli angeli“):

Du stiegst empor zur Seligkeit
aus diesem Tal der Leiden
und in der Engel weißem Kleid
teilst du des Himmels Freuden
O blick auf mich hernieder,
Geliebte, denke mein,
lass mich in meinem Jammer
nicht ganz verloren sein!

Da dringen laute Rufe aus einem Gebäude ganz in der Nähe und reißen Alvaro aus seinen Gedanken: „Verrat!“ – „Zu Hilfe!“

Er stürzt hinein und vertreibt mit seinem Degen Männer, die einen anderen spanischen Offizier – Carlos – bedrohen, und rettet ihm damit das Leben.

Die beiden kommen einander näher und geloben schließlich „ewige Freundschaft“ („Amici in vita, in morte“). Aber keinem von ihnen wird bewusst, wen er vor sich hat. Denn Carlos gibt sich als „Don Felice de Bornos“ aus, als „Adjutant des Herzogs“, während Alvaro sich unter dem Namen „Don Federico Herreros“ zu den Truppen gemeldet hat, wo er sich wegen seiner Tapferkeit inzwischen einen hervorragenden Ruf erworben hat.

In der folgenden Schlacht erringen die spanisch-neapolitanischen Truppen einen wichtigen Sieg, aber Alvaro wird dabei von einer Kugel in die Brust getroffen und schwer verwundet. Carlos beruhigt seinen Freund: Er würde bestens gepflegt und werde gewiss wieder gesund. Und dann, nach seiner Genesung, werde er den „Orden von Calatrava“ erhalten.

„Nur das nicht!“, entfährt es dem Verwundeten, als er den Namen „Calatrava“ hört, der sich ihm mit so unglückseligen Erinnerungen verbindet. Der Militärarzt, der die Operation vorbereitet, verbietet ihm, weiter zu sprechen. Alvaro aber glaubt, bald sterben zu müssen und besteht darauf, mit seinem Freund für einen Moment allein sein zu dürfen. Dabei ringt er Carlos einen feierlichen Schwur ab und überantwortet ihm einen versiegelten Umschlag: Im Falle seines Todes müsse er diese Papiere, die ein Geheimnis aus seiner Vergangenheit bergen, verbrennen. Carlos verspricht es seinem Freund.

Nachdem Alvaro für die Operation in den Nebenraum verbracht worden ist, wird Carlos nachdenklich. Weshalb hat sein Freund so emotional auf den Namen „Calatrava“ reagiert? Sollte dieser Don Federico Herreros etwa in Wirklichkeit der von ihm gesuchte Mörder seines Vaters sein? Und würden die versiegelten Papiere das beweisen?

Es drängt Carlos dazu, das Vertrauen seines Freundes zu hintergehen und den Umschlag zu öffnen, um Gewissheit zu finden. Doch dann bezähmt er sich und wirft die „Blätter des Schicksals“ von sich („Urna fatale del mio destino“). Die Schmach der Vergangenheit soll ihn nicht noch einmal berühren:

Was ihr auch berget, Blätter des Schicksals, fort.
Bleibt mir ferne, ihr lockt vergebens!
Ich kam, zu sühnen Schmach meines Lebens,
nicht neuer Schande mich selbst zu weih’n!

Und doch nagt an Carlos weiterhin der Zweifel. Was, wenn der Freund doch der wäre, den er so lange vergeblich verfolgt hatte?

Er entschließt sich, zwar die Papiere nicht zu lesen, aber die Tasche seines Freundes zu durchsuchen – und darin findet er das Bildnis seiner Schwester Leonora.

Unvermittelt überwältigen Carlos erneut die Rachegelüste, die ihn schon so viele Jahre getrieben hatten. Als der Militärarzt aus dem Nebenraum die Nachricht bringt, er habe den Verwundeten retten können, frohlockt Carlos: Nun werde er Gelegenheit haben, den Tod seines Vaters zu rächen! Er werde Alvaro – und hoffentlich auch Leonora – „als blut’ge Leiche ganz dem Gott der Hölle weih’n!“ –

Indessen tobt der Krieg. Preziosilla stichelt die spanischen und italienischen Soldaten weiter an („Der Weg zum Paradiese erschließt sich nicht dem Zagen!“); Trabuco, der ehemalige Maultiertreiber, betätigt sich als fahrender Händler; Bettler beklagen ihre Not – alles, alles hätten sie bereits verloren! –, während Soldaten und Marketenderinnen den Wahnsinn des Schlachtens tanzend verherrlichen: „Nur wer lustig, passt ins Feld. Hoch die Narrheit, sie allein regiert die Welt!“

Als Melitone, der Mönch, das zügellose Treiben der verblendeten Masse sieht, versucht er eine Moralpredigt („Alle schwimmt ihr in Lastern und Sünden!“), wird aber verspottet („Verwünschte Kutte!“) und muss froh sein, nur vertrieben und nicht getötet zu werden.

Preziosilla schnappt sich eine Trommel und stimmt das „Rataplan“ an. Die Soldaten umdrängen sie und lassen sich von den Kampf und Krieg verherrlichenden Rhythmen mitreißen.

Nachdem Alvaros Wunde wieder geheilt ist und seine Kräfte zurückgekehrt sind, gibt Carlos sich ihm zu erkennen und fordert ein Duell. Vergeblich beruft Alvaro sich auf ihre Freundschaft, vergeblich erklärt er, dass nicht er, sondern ein schicksalhaftes Verhängnis den Marchese getötet habe und dass Leonora „rein wie ein Engel“ gestorben sei.

Carlos glaubt Alvaro nicht. Denn er wisse, entgegnet er, dass Leonora noch lebe. Er habe erfahren, dass sie sich nach den Ereignissen in Calatrava im Haus einer Freundin versteckt habe. Doch als er sie dort gesucht habe, sei sie bereits „entflohen“ gewesen.

Alvaro frohlockt: Also lebt Leonora noch! Erfüllt von Freude und Seligkeit will er aufbrechen, um sie wieder zu finden. Carlos selbst solle seine Schwester und ihn, den Freund, als Paar verbinden, sein „Stamm und Adel“ sei rein, er sei – wie Carlos – ein Ritter …!

Doch Alvaros unbändige Freude zerbricht an der Entschlossenheit und dem Hass seines Gegenübers. Nur eines will Carlos: Rache! Dabei werde sein Degen nicht nur Alvaro töten, sondern einst auch Leonora treffen!

Das Duell wird unausweichlich: Schon ziehen beide ihre Waffen und kämpfen verbissen, doch sie werden von einer Wache getrennt, ehe jemand den Sieg für sich erringen kann.

Schlagartig wird Alvaro nun das „furchtbare, sinnlose Walten des Schicksals“ bewusst. Er schleudert er seinen Degen von sich und entschließt sich, sein verbleibendes Leben ohne Kampf zu verbringen – in einem Kloster, wo er „Vergessen und Frieden“ finden will.

4. Akt: Das Kloster Madonna degli Angeli

Fünf Jahre sind vergangen. Alvaro lebt als „Bruder Raffaele“ im Kloster Madonna degli Angeli und wird dort als demütiger Pater hoch geschätzt. Nur der bissige Melitone hört es beispielsweise nicht so gern, wenn die Bettler und Bettlerinnen, die er mit Suppe bewirten soll, ihm vorhalten, Raffaele sei „barmherziger und milder“ als er. Aufgebracht jagt er das „Gesindel“ davon.

Pater Guardino rät Melitone zu mehr Demut und auch zu größerer Wertschätzung gegenüber Raffaele. Melitone versichert, er sei mit dem geachteten Bruder ja selbst befreundet – obgleich sich Raffaele mitunter etwas seltsam verhalte. Er habe zum Beispiel sehr gereizt reagiert, als er ihn scherzhaft mit einem „Mulatten“ verglichen habe. Die beiden sind sich einig, dass solche Reaktionen wohl mit Raffaeles früherem weltlichen Leben zu tun haben …

Dieses holt Alvaro auch bald ein: Carlos steht vor den Pforten des Klosters, immer noch von Rachedurst getrieben. Er hat erfahren, dass der, den er verfolgt, sich hier als „Bruder Raffaele“ zurückgezogen hat, tritt ihm gegenüber und fordert den „Mörder des Vaters“ zum Duell („Dein Blut allein kann sühnen nur die Schande meines Hauses“). Zwei Degen habe er mitgebracht, damit nun endlich im Kampf die Entscheidung falle.

Alvaro geht auf die Herausforderung zunächst nicht ein, er habe der Welt entsagt und sühne hier seine Schuld. Carlos aber lässt nicht locker („Deine Kutte hilft dir nicht, auch nicht der Rosenkranz“), nennt Alvaro einen Feigling und schlägt dessen versöhnende Worte und auch die kniend, flehend vorgetragene Bitte um Vergebung in den Wind. Als Carlos ihn dann auch noch ohrfeigt, ihn einen Feigling nennt, den er „der Schande weiht“, kann Alvaro sich doch nicht mehr halten. Er greift zum Degen, bereit zum Duell. –

Leonora hat indes immer noch keinen Seelenfrieden gefunden. Sie liebt Alvaro nach wie vor und fleht um Frieden („Pace, pace, mio Dio“), während sie die Lebensmittel holt, die Guardino für sie hinterlegt hat:

Frieden, mein Heiland, schenke mir Frieden!
Ach, diesem Jammer erliegt mein armes Herz!
Tag für Tag die Qualen,
der Liebe bitt’rer Schmerz!

Da ertönt Degenklirren, dann die Stimme des tödlich verwundeten Carlos: „Ich sterbe! Lasst mich beichten! Helft meiner Seele!“

Alvaro weiß, dass ganz in der Nähe der Eremit wohnt und ruft ihn zur Hilfe: „Gebt einem Sterbenden den letzten Trost!“

Zunächst will Leonora sich dem Wunsch verweigern, dann tritt sie doch aus der Klause – und erkennt ihren Geliebten. Mit blutigen Händen steht er vor ihr, wie verzaubert von der vertrauten Stimme, verbietet ihr aber, ihn anzurühren. Gerade habe er ihren Bruder erschlagen, vergeblich habe er versucht, diesen Kampf zu vermeiden.

Wieder trennt die Macht des Schicksals die beiden Liebenden – diesmal mit tödlicher Gewalt: Leonora stürmt zu Carlos – und schreit bald danach auf. Ihr Bruder hat ihr mit letzter Kraft seinen Degen in den Leib gerammt.

Alvaro kann nichts mehr für Leonora tun – er verflucht das grausame Schicksal.

Der inzwischen heran geeilte Pater Guardino rät ihm, die „rasende Wut seines Herzens“ zu bezähmen. Und auch Leonoras letzte Worte spenden dem Verzweifelten Trost: In den lichten Höhen werde sie ihn wiedersehen: „Alvaro, da droben! Leb wohl! Ja, im Himmel!“

„Sie ging zu Gott!“ schließt Guardino – und hofft mit Alvaro, dass im Erdulden irdischen Leides Gnade und Erlösung liegt.

Hola