23. November 2024

„Nein, länger trag’ ich nicht die Qualen“

Der Freischütz

• Oper in drei Akten von Carl Maria von Weber

Libretto: Johann Friedrich Kind (1768–1843)
Musik: Carl Maria von Weber (1786–1826)
Uraufführung: 18. Juni 1821, Berlin (Schauspielhaus)
Dauer: ca. 2,5 Stunden, eine Pause

Akte:
1. Platz vor einer Waldschenke
2. Der Vorsaal in einem Forsthaus; In einer Waldschlucht
3. Im Wald; Agathes Zimmer; Romantisch schöne Gegend

Hauptpersonen:
Ottokar, böhmischer Fürst: Bariton
Kuno, fürstlicher Erbförster: Bass
Agathe, die Tochter des Erbförsters: Sopran
Ännchen, Agathes Cousine: Sopran
Kaspar, erster Jägerbursche: Bass
Max, zweiter Jägerbursche: Tenor
Ein Eremit: Bass
Kilian, ein reicher Bauer: Bariton
Samiel, der schwarze Jäger: Sprechrolle

Kurze Werkeinführung

„Der Freischütz“ ist die bekannteste Oper des deutschen Komponisten Carl Maria von Weber (1786–1826) und gilt als dessen Meisterwerk. Sie wurde am 18. Juni 1821 am Königlichen Schauspielhaus Berlin mit überwältigendem Erfolg uraufgeführt und steht bis heute auf den Spielplänen der Opernhäuser.

Das Libretto verfasste der deutsche Schriftsteller Johann Friedrich Kind (1768–1843), wobei ihm als Vorlage unter anderem ein „Gespensterbuch“ diente, das 1810 veröffentlicht wurde und den „Freischütz“ als eine von mehreren Spukgeschichten enthielt.

Die Oper spielt in Böhmen, kurz nach dem Ende des Dreißigjährigen Krieges (1618–1648) und thematisiert ein etwas befremdliches Jäger-Brauchtum, nämlich den „Probeschuss“: Max, ein junger Jägerbursche, will Agathe, die Tochter des Erbförsters, heiraten. Um vor ihrem Vater als würdiger Ehemann zu gelten, muss er sich als treffsicherer Schütze erweisen. Doch da drängen sich dunkle Mächte mit ins Spiel …

Die Handlung

Kurz und gut …

Auch wenn seine Treffsicherheit gelitten hat, sollte der Jäger von der Verwendung fragwürdiger Schussbehelfe absehen. Er könnte sonst versehentlich die eigene Braut treffen.

1. Akt: Platz vor einer Waldschenke

Die Dorfbewohner feiern Kilian, einen reichen Bauern, als Sieger des soeben beendeten Preisschießens („Viktoria, der Meister soll leben!“). Max hingegen, ein Jägerbursche, der an sich wegen seiner Treffsicherheit bekannt ist und als der beste Schütze weit und breit gilt, hat nichts getroffen und muss deshalb Hänseleien über sich ergehen lassen.

Nur einer unter den Anwesenden, Kaspar, kennt den Grund für das anhaltende Missgeschick von Max: Die dunklen Zauberkräfte Samiels, des berüchtigten „schwarzen Jägers“, beeinflussen ihn. Und das ganz im Sinne Kaspars, der einen geheimen Racheplan verfolgt, dem Max zum Opfer fallen soll.

Als Kuno, der fürstliche Förster, bei dem Max um die Hand seiner Tochter Agathe angehalten hat, vom Ergebnis des Preisschießens erfährt, mahnt er den glücklosen Jägerburschen: Morgen müsse Max sich bei der Tradition des „Probeschusses“ bewähren. Nur dann dürfe er Agathe heiraten und erwarten, dass ihm die Erbförsterei übertragen werde. Gleichzeitig spricht Kuno Max, den er wie einen Sohn schätzt, Mut zu. Er solle Gott vertrauen, dann werde alles gut …

Max aber hat dieses Vertrauen schon verloren. Die Dorfbewohner sind in die Waldschenke gegangen, er bleibt allein zurück – verzweifelt wegen seiner anhaltenden Unfähigkeit, etwas zu treffen – und erinnert sich an glücklichere Zeiten …

Nein, länger trag’ ich nicht die Qualen,
Die Angst, die jede Hoffnung raubt!
Für welche Schuld muss ich bezahlen?
Was weiht dem falschen Glück mein Haupt?

Durch die Wälder, durch die Auen
Zog ich leichten Sinns dahin;
Alles, was ich konnt’ erschauen,
War des sichern Rohrs Gewinn […]

Hat denn der Himmel mich verlassen?
Die Vorsicht ganz ihr Aug’ gewandt?
Soll das Verderben mich erfassen?
Verfiel ich in des Zufalls Hand?

Zuspruch erhält der verzweifelte Max nun von Kaspar, der ihn in die Waldschenke einlädt, zum Trinken ermuntert („Hier im ird’schen Jammertal“) und dabei andeutet, dass es „geheime Kräfte der Natur“ gebe, die ihm in seiner misslichen Lage helfen könnten.

Max steht dem Jägerburschen zunächst distanziert gegenüber. Denn Agathe hatte ihn schon wiederholt vor diesem finsteren Charakter gewarnt, der früher auch einmal um sie geworben hatte, dann aber zur Kenntnis nehmen musste, dass sie ihr Herz Max geschenkt hat.

Schließlich aber willigt der verzweifelte Max, der Agathe nicht verlieren will, doch ein, sich helfen zu lassen. Er folgt Kaspars Zuruf, auf einen großen Steinadler zu schießen, der sich eigentlich außerhalb der Reichweite der Büchse befindet – und trifft das Tier mühelos.

Kaspar offenbart dem verblüfften Max, dass er eine magische „Freikugel“ verwendet habe. Mit einer solchen Kugel ließe sich beim morgigen Probeschuss jedes Ziel treffen. Allerdings habe Max soeben die letzte verbraucht. Er müsse sich also neue gießen – und das sei um Mitternacht in der Wolfsschlucht möglich. Er, Kaspar, werde seinem Freund gern dabei helfen.

Max will zunächst nichts davon wissen, die „verrufene Schlucht“ zu mitternächtlicher Stunde zu betreten. Doch die Aussicht, Agathe zu verlieren, lässt ihn schließlich umdenken: „Ich komme!“

Kaspar verpflichtet Max zu striktem Schweigen über das geplante Vorhaben – und frohlockt innerlich. Denn er selbst hatte seine Seele Samiel verschrieben – und dafür die magischen Freikugeln erhalten. Wenn er dem dunklen Jäger nun bis Mitternacht ein anderes Opfer bringen kann, so wäre er selbst gerettet. Und die Rache dafür, dass Agathe Max ihm vorgezogen hatte, wäre gelungen …

2. Akt: Der Vorsaal in einem Forsthaus

In Kunos Forsthaus ist Ännchen, Agathes Cousine, damit beschäftigt, ein Porträt des Urgroßvaters wieder aufzuhängen. Es war genau um sieben Uhr von der Wand gefallen und hatte Agathe dabei blutig geschlagen. Vor allem aber bemüht sich Ännchen darum, Agathes Gemüt, das von trüben Vorahnungen belastet ist, wieder aufzuheitern – was ihr mit einem heiteren Lied („Kommt ein schlanker Bursch gegangen“) zunächst auch gelingt.

Bald aber wird Agathe wieder von ihrer Angst überwältigt. Und ihre düsteren Ahnungen bestätigen sich, als Max nach Hause kommt: Er wirkt verstört, hat statt der erwarteten Siegertrophäe lediglich ein paar Adlerfedern mitgebracht und will trotz eines nahenden Gewitters wieder zurück in den Wald. Er habe, so erzählt er Agathe, „in der Dämm’rung einen Sechzehnender geschossen“. Dieser müsse noch „hereingeschafft werden, sonst stehlen ihn des Nachts die Bauern“.

Als Max bemerkt, dass seine Frau verletzt ist und erfährt, dass das herabstürzende Porträt des „wackeren, gottesfürchtigen Urvaters“ sie verwundet hatte, gerade als es sieben Uhr schlug, steigert sich seine Unruhe. Genau zu diesem Zeitpunkt hatte er mit der Freikugel den Steinadler geschossen …

Dennoch – und allen Mahnungen Agathes („Nichts fühlt mein Herz als Beben, nimm meiner Warnung acht!“) zum Trotz treibt es ihn fort – zur Wolfsschlucht.

In einer Waldschlucht

Es ist kurz vor Mitternacht. In der „furchtbaren Waldschlucht“ bereitet Kaspar das Gießen der Freikugeln vor. Geisterchöre erklingen („Milch des Mondes fiel aufs Kraut“), und schließlich ruft er Samiel, den schwarzen Jäger, herbei („Samiel! Samiel! Erschein!“).

Kaspars Plan: Sobald Max die Freikugeln gegossen hat, wird seine Seele Samiel untertan sein. Sechs der neu gegossenen magischen Kugeln werden jedes gewünschte Ziel treffen, der siebte Schuss aber soll Agathe töten – und damit sowohl Max, als auch ihren Vater Kuno „der Verzweiflung weih’n“. Samiel ist mit diesem Plan, der Kaspar aus seinem Dienst entlassen soll, einverstanden: „Es sei!“

Nun erscheint Max auf einer Felsenspitze und beugt sich zur Schlucht hinab:

Ha! – Furchtbar gähnt
Der düstre Abgrund, welch ein Grau’n!
Das Auge wähnt
In einen Höllenpfuhl zu schau’n …

Wie zur Warnung erscheint Max ein Bild seiner verstorbenen Mutter, dann schaut er auch die verzweifelte Agathe, die sich einen Wasserfall hinab stürzen will. Doch trotz dieser eindringlichen Visionen schließt Max sich Kaspar an und beginnt, von wilden Tieren, Geistern der Nacht, Gewitter und Sturm begleitet, mit dem Gießen der Freikugeln.

Nachdem sechs gegossen sind und Kaspar die siebte Kugel Samiel weiht, erscheint der Schwarze Jäger und greift nach Max.

In diesem Augenblick schlägt die Turmuhr eins, und plötzlich herrscht Stille. Samiel ist verschwunden, die beiden Jägerburschen liegen zunächst wie tot am Boden. Schließlich richtet sich Max unter Zuckungen auf …

3. Akt: Im Wald

Im Wald bereitet sich Max auf den Probeschuss vor. Er hat vier der sieben Freikugeln erhalten und probiert drei davon unter größtem Staunen der ihn begleitenden Jäger erfolgreich aus – in der Hoffnung, von Kaspar noch weitere magische Kugeln zu erhalten. Doch der denkt nicht daran, seine an Max abzutreten und verschießt sie.

Somit bleibt für den Probeschuss nur noch die siebte Kugel – jene, die, von den Zauberkräften des schwarzen Jägers geführt, Agathe treffen soll …

Agathes Zimmer

In ihrem Zimmer hat Agathe bereits das Hochzeitskleid angezogen. Sie sucht Halt im Gebet, denn sie hatte geträumt, eine weiße Taube zu sein … auf die Max geschossen hat („Und ob die Wolke sie verhülle“).

Ännchen versucht Agathe zu beruhigen. Sie erzählt ihr eine andere Traumgeschichte („Einst träumte meiner sel’gen Base“), in der sich „ein Ungeheuer mit Augen wie Feuer“ letztlich als „Nero, der Kettenhund“ entpuppt.

Aber weder diese launige Geschichte, noch das Lied der Brautjungfern („Wir winden dir den Jungfernkranz“) können Agathe beruhigen – umso weniger, als in der Nacht das Bild des Urgroßvaters noch einmal von der Wand gefallen war. Und gleich folgt der nächste Schock: Als sie die Schachtel öffnet, in der sich eigentlich ihr Brautkranz befinden sollte, entdeckt Agathe eine schwarze Totenkrone. Ännchen vermutet, dass „die halbblinde Botenfrau“ wohl etwas verwechselt habe, aber Agathe interpretiert das Missgeschick als einen „Wink von oben“. Sie weist die Ännchen und die Mädchen an, einen neuen Kranz zu winden – und zwar aus den geweihten weißen Rosen, die sie kürzlich von einem Eremiten bekommen hatte.

Romantisch schöne Gegend

Ottokar, der Landesfürst, hat sich mit seinem Gefolge in einer romantisch schönen Gegend eingefunden, um dem Probeschuss beizuwohnen, den der Kandidat für Kunos Erbförsterei abzulegen hat. Ein Jägerchor ertönt („Was gleicht wohl auf Erden dem Jägervergnügen“), Kaspar ist auf einen Baum geklettert, um die Ereignisse aus einem Versteck heraus zu beobachten.

Ottokar kommt mit dem Erbförster Kuno überein, dass Max, um in seiner Konzentration nicht abgelenkt zu werden, den Probeschuss schon ablegen soll, bevor Agathe und die Brautjungfern eintreffen, und er bestimmt eine weiße Taube als Ziel.

Also legt Max mit der letzten verbliebenen Freikugel an. Aber genau dort, wo die Taube sitzt, tritt Agathe auf das Gelände tritt und stößt einen Schrei aus: „Schiess nicht! Ich bin die Taube!“

Während Max schießt, fliegt die Taube zu Baum, auf dem Kaspar sitzt – Agathe stürzt zu Boden, aber auch Kaspar fällt getroffen herab. Gleichzeitig erscheint der Eremit auf dem Gelände.

Die Befürchtung der Menge („Er traf die eigne Braut!“) erweist sich als falsch: Agathe richtet sich benommen wieder auf, während Kaspar unter heftigen Zuckungen, begleitet von Samiel und Flüche ausstoßend, stirbt. Die Anwesenheit des Eremiten hatte die Freikugel noch einmal umgelenkt.

Fürst Ottokar verfügt, dass Kaspars Leiche in die Wolfsschlucht gestürzt werden soll, und die Menge frohlockt:

Er war von je ein Bösewicht!
Ihn traf des Himmels Strafgericht!

Nachdem der Fürst Aufklärung über die Ereignisse um diesen Probeschuss verlangt, gesteht Max, in seiner Verzweiflung gemeinsam mit Kaspar Freikugeln gegossen zu haben. Zum Entsetzen der anderen will Ottokar ihn daraufhin in den Kerker werfen lassen, doch der weise Eremit setzt sich für den Jägerburschen ein:

Leicht kann des Frommen Herz auch wanken
Und überschreiten Recht und Pflicht,
Wenn Lieb’ und Furcht der Tugend Schranken,
Verzweiflung alle Dämme bricht.

Schließlich siegt die Vernunft: Fürst Ottokar folgt dem Rat des Eremiten, den alten Brauch des Probeschusses abzuschaffen und Max ein Jahr der Bewährung zu gönnen: Würde er sich in dieser Zeit nichts zu schulden kommen lassen, wird er Agathe heiraten dürfen …

Und alle preisen Gott für den „Schutz der Unschuld“ in gemeinsamem Gebetschor:

Lasst uns die Blicke erheben,
Und fest auf die Lenkung des Ewigen bau’n,
Fest der Milde des Vaters vertrau’n!
Wer rein ist von Herz und schuldlos im Leben,
Darf kindlich der Milde des Vaters vertrau’n!