Marc Forsters Romanverfilmung „Drachenläufer“
• Amir (Zekeria Ebrahimi) und Hassan (Ahmad Khan Mahmidzada) wachsen in den 1970-er Jahren in Kabul, der Hauptstadt Afghanistans auf. Die beiden jungen Freunde gehören unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen an.
Amir ist der Sohn eines Patschunen, eines angesehenen iranischen Volkes. Sein Vater Baba (Homayoun Ershadi) ist ein aufrechter Charakter, dem Anstand, Mut und Ehre im Blut liegen, der aber von dogmatischen religiösen Regeln wenig hält. Seinen Sohn Amir liebt er, doch er kennt dessen Schwächen nur zu gut. Zu sanft und feige erscheint er ihm, zu wenig männlich.
Amir liebt es, Geschichten zu schreiben, und Hassan genießt es, wenn er sie vorgelesen bekommt. Die beiden Jungen verbindet eine tiefe Freundschaft, und sie genießen ihre Kindheit in gutbürgerlichen Verhältnissen.
Allerdings gehört Hassan einer diskriminierten ethnischen Gruppe an, den Hazara, für die das Lesen und Schreiben keine Selbstverständlichkeit ist. Gemeinsam mit Ali (Nabi Tanha), der für ihn als Vater sorgt und für Baba als Diener arbeitet, wohnt Hassan in Amirs Haus.
Ein Höhepunkt im Leben der beiden Jungen ist der traditionelle Wettkampf mit Papierdrachen, und Hassan ist ein wahrer Meister dieser Kunst. Doch der Tag, der den beiden den ersehnten Sieg in diesem Kampf bringt, endet tragisch: Als Hassan auf der Suche nach einem Drachen allein durch die Gassen Kabuls läuft, wird er von Assef (Elham Ehsas), einem größeren Jungen und seinen Freunden aufgehalten, gedemütigt, zusammengeschlagen und brutal vergewaltigt.
Amir, der Hassan nachgelaufen war, beobachtet die fürchterliche Szene, ist aber zu feige, um für seinen Freund zu kämpfen. Er bleibt versteckt und tut später so, als ob er keine Ahnung davon hätte, weshalb sein Freund blutend und gekränkt nach Hause kommt.
Dabei ahnt er, dass Hassan seine Feigheit durchschaut haben könnte. Und tatsächlich hatte dieser, von seinen Peinigern zu Boden gedrückt, Amir in seinem Versteck gesehen, aber seine Freundschaft deshalb nicht in Frage gestellt.
Nach einiger Zeit hat Hassan den Vorfall überwunden, nicht aber Amir. Die Gegenwart seines Freundes, der treu und unerschüttert an ihm hängt, wird für Amir unerträglich, und schließlich unterstellt er ihm, seine Armbanduhr gestohlen zu haben. Ali quittiert daraufhin seinen Dienst bei Baba und verlässt mit Hassan das Haus. Amir wird seinen Freund nie mehr wiedersehen.
Als 1979 die Sowjets in Afghanistan einfallen, gelingt es Amirs Vater, mit seinem Sohn zunächst nach Pakistan zu fliehen und dann weiter in die USA. Amir (Khalid Abdalla) studiert in Kalifornien und kann sich seinen Traum erfüllen, Schriftsteller zu werden. Er heiratet Soraya (Atossa Leoni), die ebenfalls aus Afghanistan geflohene Tochter eines Generals, doch im Jahr 2000 holen ihn die Ereignisse seiner Kindheit ein.
Von Rahim Khan (Shaun Toub), einem Freund seines inzwischen verstorbenen Vaters, der in Afghanistan zurückgeblieben war, erfährt Amir, dass Baba in Wahrheit auch Hassans Vater gewesen sei. Hassan und seine Frau hätten ihren Mut gegenüber der islamistischen Terrorgruppe Taliban, die in Afghanistan 1996 an die Macht gekommen war, mit dem Leben bezahlt. Doch Sohrab, der Sohn der beiden, lebe noch.
Unter großen Gefahren reist Amir zurück in seine Heimat und findet heraus, dass Sohrab von einflussreichen Taliban aus einem Waisenhaus gekauft wurde und nun als „Baccha Baazi“, also für „Knabenspiele“ missbraucht wird.
Die letzte Gelegenheit, sich selbst von alter Schuld zu befreien, wird Amir tief greifend verändern …
Der Roman „Drachenläufer“ des afghanisch-amerikanischen Schriftstellers Khaled Hosseini wurde im Jahr 2003 überraschend zum Weltbestseller.
2007 nahm sich der schweizerische Regisseur Marc Forster des Stoffes an und schuf ein optisch beeindruckendes Drama, das die vielschichtige Romanvorlage, in der sich zahlreiche persönliche Schicksale vor dem Hintergrund historischer Ereignisse verflechten, zwar nicht annähernd in allen Details abbildet, sich aber doch als stimmiges, eigenständiges Werk präsentiert.
Unter Forsters Regie wird jede Szene zum Gemälde, basierend auf einem herausragenden Drehbuch, für das der US-amerikanische Schriftsteller und Filmproduzent David Benioff („Game of Thrones“) sorgte, musikalisch begleitet vom spanischen Komponisten Alberto Iglesias, dessen Soundtrack für den Oscar nominiert wurde.
Alles in allem: absolut erlebenswert!
(2007, 122 Minuten)