16. März 2025

U-Bahn-Crash: Einmal Himmel, über Hölle und zurück

Javier Gonzales im Gespräch

Vor 50 Jahren, am 28. Februar 1975 ereignete sich in London der „Moorgate Tube Crash“, eine U-Bahn-Katastrophe, bei der 43 Menschen starben. Das „44. Opfer“, Javier Gonzales, überlebte knapp. Seine Erinnerungen an den Moment, in dem alles vorbei war und sein Leben in eine „Hyperrealität“ kippte, sind immer noch wach. Und es war nicht seine erste Todesnähe-Erfahrung …

Herr Gonzalez, das U-Bahn-Unglück von Moorgate war eine der schlimmsten Katastrophen der britischen Eisenbahngeschichte. 43 Menschen starben damals, 74 wurden verletzt. Sie saßen im ersten Waggon und überlebten mit knapper Not. Sie wurden rund fünf Stunden nach dem Unglück aus einem völlig zerquetschten Wrack gerettet. Während dieser Zeit hatten Sie eine Nahtoderfahrung, eine „Reise in den Himmel, dann in die Hölle und zurück“, wie Sie es beschreiben. Bevor wir dazu kommen, erzählen Sie uns bitte, wie Sie diesen Unfall und die Rettungsmaßnahmen erlebt haben.

GONZALES: Ich war damals Student in London, ich war 21 Jahre alt, und an diesem speziellen Freitag hätte mein Unterricht etwa um 10.30 Uhr morgens begonnen. Ich wollte aber früher los, in die Bibliothek gehen und etwas arbeiten.

Ich verließ also meine Wohnung und fuhr wie üblich mit der U-Bahn. Alles war normal, bis der Zug kurz vor der Endstation, Moorgate, ziemlich schnell fuhr. Er ruckte, bewegte sich zur Seite, und als wir in die Station einfuhren, hielt er nicht an. Er wurde auch nicht langsamer und fuhr am Bahnsteig vorbei, wo einige Leute standen, um mit dem Zug zurückzufahren, denn es war die Endstation. Ich erinnere mich, dass der Zug voll war, aber nicht überfüllt. Ich saß einer Dame gegenüber, las eine Zeitung, und durch einen plötzlichen Ruck sank die Zeitung mit meinen Armen nach unten, ich sah das Gesicht dieser Dame, und in diesem Moment gingen die Lichter aus, es gab einen gewaltigen Krach, Metall und Glas, alles geschah in der Zeitspanne eines Einatmens. Bevor jemand schreien oder etwas sagen konnte war alles vorbei. 

Sie hörten also tatsächlich keine Schreie?

GONZALES: Keinen einzigen Schrei. Es war keine Zeit dafür, denn wir saßen ganz vorne im Zug. Am Ende des Bahnsteigs war eine Sandbank, und dort gab es auch einen altmodischen Metallstopper für den Zug, aber natürlich hat niemand damit gerechnet, dass ein Zug so schnell fahren würde. Er fuhr ungefähr 30 Meilen pro Stunde, also mit etwa 50 km/h, und mit dieser Geschwindigkeit prallte er gegen den Puffer, fuhr über die Sandbank vielleicht fünf Meter weiter, bis er gegen eine Betonwand krachte. Und das war’s. 

Als der Zug gegen die Wand prallte, wurde der erste Waggon gefaltet und etwa auf ein Drittel der Länge zusammengequetscht. Der zweite Waggon schob sich unter den ersten, und der dritte gegen den zweiten. Aber vom vierten Waggon bis zum Ende gab es kaum Schäden, und als die Retter ankamen, dachten sie zunächst, sehr seltsam, ein so kurzen Zug, hier sind nur drei Waggons, also ist vielleicht nur der vordere Teil des Zuges gecrasht. 

Aber dann wurde ihnen klar, dass es keinen Zug mit drei Waggons gibt, alle haben sechs, wo also waren die anderen drei? 

Wer U-Bahnen kennt, weiß, dass die Züge nicht viel niedriger sind als der Tunnel, und so wurde bald klar, dass die ersten Waggons zusammengequetscht und zum Teil übereinander lagen. Vor allem vom ersten war fast nichts mehr übrig.

Und Sie saßen im ersten …

GONZALES: Ja, ich saß im ersten. Und ich erinnere mich, dass es drei Türen gab, ich saß auf dem ersten Sitz hinter der mittleren, und hörte dann Glas und Metall krachen. 

Und in dem Moment blieb für mich alles stehen. Alles endete. 

Auch für die Dame, die mir gegenübersaß. Sie hat, glaube ich, nicht überlebt. 

Erst nach etwa fünf Stunden hörte ich jemanden schreien: „Ist da noch jemand?“

Es herrschte Stille. Ich wusste nicht, wo ich war.

Und Sie wussten später, dass fünf Stunden vergangen waren? 

GONZALES: Das wusste ich, weil ich später die Nachrichten darüber gelesen habe, wie lange es dauerte, bis die Hilfskräfte den letzten Verletzten herausgeholt hatten. Ich war nicht der Letzte, der rauskam, denn es gab noch zwei Leute, die man aus den Trümmern nicht gleich befreien konnte, aber ich war der Letzte, der lebend gefunden wurde. 

Es gab offiziell 43 Tote, und ich denke heute, dass ich sehr nah dran war, die Nummer 44 zu sein. Denn nach diesem Ereignis fragten mich die Ärzte bei jedem EKG, ob ich schon einmal ein Herzversagen erlebt habe, was ich verneinte. Aber vielleicht ja damals, als alles endete. Und als für mich die Reise begann.

Es fühlte sich an, als würde ich körperlich nach oben schweben, und dann sah ich dort ein weißes Licht. Ich wurde davon angezogen, ich wurde angesaugt, wie von einem Magneten angezogen. Ich stieg nach oben und fühlte keine Schwere, keine Zeit, und alles war wunderschön. Alles war … das Wort, das es am besten beschreibt ist: Liebe. Ich erlebte die Essenz von Liebe, und ich stieg immer weiter nach oben. Unter mir konnte ich ein Tal mit einem Fluss sehen. Ich sah ein Tal mit Bäumen und Menschen, und alles das, was immer ich erlebte, war einfach wunderbar. 

Ich wollte mehr sehen, alles sehen, und ich hatte auch das Bedürfnis, allen davon zu erzählen. Es war schlicht unglaublich! Bis heute ist mir das alles detailgenau in Erinnerung. Es kommt mir so vor, als wäre es gestern gewesen, und es war absolut real. Ich erlebte das alles viel realer als das Leben hier.

Eine Art Hyperrealität … 

GONZALES: Hyperrealität, genau, ja, und alles war einfach Liebe. Alle guten, erhebenden Gefühle, die man aus dem Alltagsleben kennt, habe ich in ihrer Gesamtheit empfunden. 

Hatten Sie auch das Gefühl, zu Hause zu sein? 

GONZALES: Nein, das nicht. Ich fühlte mich entspannt, in absolut guter Stimmung. Aber ich hatte mit niemandem Kontakt, ich habe niemanden aus der Nähe gesehen, doch ich kam immer näher an dieses weiße Licht heran. Es war so weiß, als wäre alles schneebedeckt, aber ohne den Nachteil von reflektierendem Licht. Dieses Weiß war warm, attraktiv und angenehm, und ich wollte dort bleiben. 

Aber zugleich wollte ich auch zurück, um allen davon erzählen. 

Als nächstes erlebte ich, dass ich ohne mein Zutun und ohne mein Einverständnis wieder nach unten gedrückt wurde. Ich wurde nicht angesaugt, nicht angezogen, sondern in einen sehr dunklen Bereich gedrückt, wo ich Schreie hören konnte. Ich roch etwas Übles, als ob es irgendetwas wie Schwefel gäbe, und fühlte mich abgestoßen. Es war, wie wenn man ein Kind in den Zoo mitnimmt und es einen fauchenden Löwen sieht. Dem verängstigten Kind wird damit klar, dass es dem nur nicht näher kommen will. So fühlte ich mich. Ich wollte nicht weiter gedrängt werden.

Das war also eine Art Höllenerfahrung? 

GONZALES: Es war eine Höllenerfahrung in dem Sinn, dass ich Dunkelheit und Hitze erlebte, Schreie, wirklich schlimme, furchtbare Empfindungen. Und ich konnte nichts sehen. Aber es war nicht das, was im U-Bahn-Tunnel passierte, denn dort waren inzwischen alle Menschen bereits entweder tot oder gerettet worden – bis auf die beiden, die in den Trümmern feststeckten. 

Es konnten also nicht physische Schreie von Menschen im Tunnel sein, die ich gehört hatte, denn alle Verletzten waren schon abtransportiert. 

Und dann hörte ich diesen Ruf: „Ist da noch jemand?“

Ich weiß nicht, warum, aber ich schrie automatisch zurück: „Ja, ich bin hier!“

Der Mann fragte: „Können Sie sich bewegen?“

Und dann wurde mir klar, dass ich mit dem Gesicht nach unten auf dem Boden lag. Ich versuchte, mich hochzuheben, aber es ging nicht, die Schmerzen waren zu groß. Und ich rief: „Nein, ich kann mich nicht bewegen!“

Und er sagte: „Keine Sorge, bedecken Sie Ihr Gesicht, dann holen wir Sie raus.“

Ich schwebte zwischen Bewusstsein und Bewusstlosigkeit, aber ich erinnere mich an einen Mann neben mir, der mir etwas in die Hand spritzte und dann sagte, ich solle mich an seinen Nacken klammern. Er zog mich dann hoch und gab mich an jemand anderen weiter, und irgendwann wurde ich einem dritten Mann übergeben. Was danach kam, weiß ich nicht mehr. Zuletzt wurde ich auf einer Trage in einen Krankenwagen geschoben, und ich wollte mich umsehen, aber die Rettungskräfte sagten mir, ich solle einfach stillhalten. Ich antwortete, ja, aber ich sei noch nie in einem Krankenwagen gewesen, ich wolle sehen, wie das ist.

Ich war ein 21-jähriger Student und aufgeregt, an das Weitere kann ich mich nicht erinnern.

Erst am nächsten Morgen kam ich wieder zu Bewusstsein. Der Unfall war am Freitagmorgen, irgendwann um acht Uhr früh passiert. Als ich aufwachte, war es Samstagmorgen. Ich lag auf der Intensivstation in einem Londoner Krankenhaus in der Nähe von Moorgate, St Bartholomew‘s. Eine Krankenschwester stand neben mir. Als sie bemerkte, dass ich die Augen öffnete, fragte sie: „Wie geht es Ihnen?“

Ich antwortete: „Ich weiß nicht, wo bin ich?“

Sie sagte: „Auf der Intensivstation im Krankenhaus. Waren Sie im Zug?“

Und ich fragte: „Zug? Welcher Zug?“ 

Zug … bei dem Wort dachte ich an einen oberirdischen Zug. Aber ich hätte mir nie vorstellen können, dass etwas in der U-Bahn geschehen war. Ich fragte also: „Zug?“

„Ja“, sagte sie und zeigte mir eine Zeitung. Da waren Bilder von diesem Unfall gedruckt, von der U-Bahn-Katastrophe, und mein Name stand auf der Titelseite.

Sie hatten also Ihr Gedächtnis verloren? 

GONZALES: Ja. Ich fragte die Schwester, was denn passiert sei. Hatte ich eine Bank ausgeraubt? Langsam erklärte sie es mir, und ich begriff es nicht. 

Ich konnte mich nicht daran erinnern, dass ich in einer U-Bahn gewesen war. Ich konnte mich an nichts erinnern, erst allmählich kam dann alles wieder zurück. 

Auch die Erinnerung an Ihr Nahtoderlebnis? 

GONZALES: Ja, genau!

Kehren wir noch einmal zu dieser höllischen Erfahrung zurück: Es gibt zahlreiche Berichte von Menschen, die auf der Intensivstation im Koma ähnliche Erfahrungen gemacht haben, eben im Zustand eines leidenden physischen Körpers. Gab es für Sie also eine Art Qualitäts- oder Intensitätsunterschied zwischen der Hyperrealität Ihrer himmlischen Erfahrungen und der Höllenerfahrung? 

GONZALES: Für mich gehörte das alles zusammen, es war dieselbe kontinuierliche Erfahrung. Es gab keine Pause, ich bin nicht aus der Erfahrung heraus- und später wieder hineingegangen. Es war alles kontinuierlich, aber es gab keine logische Verbindung. In einem Moment ging es noch nach oben, und ich sah all diese wunderschönen Dinge, erlebte all diese bewegenden, wunderschönen Empfindungen, und im nächsten Moment erlebte ich diese Dunkelheit und wurde nach unten gedrückt. Ich wollte da nicht hingehen. Die Schreie, der Geruch, all das Schreckliche, das wünsche ich einfach niemandem.

Im Krankenhaus sagten sie mir, dass ich mir die Hüfte gebrochen hätte. Dort, wo das Bein aufhört, war ein runder Knochen in tausend Stücke zersplittert, wie wenn Glas zerbricht. Er bestand nur noch aus vielen, vielen kleinen Stücken. Aber alle waren an ihrem Platz. Also führten sie im Krankenhaus eine Operation durch, bei der eine Stahlstange durch mein Bein geführt werden musste, wie ein Spieß. Sie wissen schon, wenn Sie etwas grillen … 

Und ich fühlte, wie mein Knochen von dieser Stahlstange durchbohrt wurde, denn sie hatten mir keine Betäubung geben können. Ich hatte einen massiven Schlag auf den Kopf abbekommen, es war noch nicht klar, welche Folgen das vielleicht haben würde, daher konnten sie mich nicht betäuben. Und weil ich auch ein vertikal gebrochenes Brustbein hatte, konnte ich nicht liegen. Also saß ich in einem Bett, eine Krankenschwester stand neben mir und gab mir ihre Hand. Und ich fing an – armes Mädchen! –, sie zu drücken. Später sagte sie mir, ich hätte ihr fast die Hand gebrochen. Denn es war gelinde gesagt, sehr schmerzhaft. 

Ich konnte 45 Tage lang nicht aufstehen. Ich lag da und Stangengewichte zogen mein Bein von meiner Hüfte weg, aber alles heilte. Man prophezeite mir, dass ich in vielleicht 20 Jahren ein künstliches Hüftgelenk brauchen würde. Aber es ist zum Glück nicht so gekommen, ich hatte keine Probleme mehr, alles ist perfekt verheilt. Ich bin den Rettungskräften und allen beteiligten medizinischen Teams sehr, sehr dankbar.

Und während dieser Zeit kam auch die vollständige Erinnerung an Ihr Nahtoderlebnis? 

GONZALES: Ja, ich erinnere mich an alles, was passiert ist. Aber von Anfang an, als ich der ersten Krankenschwester erzählte, was ich durchlebt hatte, sagten alle: „Der arme Kerl hat sie nicht mehr alle, er ist verrückt geworden.“ 

1975 war der Begriff Nahtoderlebnis wohl noch nicht wirklich bekannt. 

GONZALES: Nein, er war nicht bekannt.

Konnten Sie selbst Ihre Erfahrungen einordnen und dann mit irgend jemandem ausführlicher darüber sprechen? 

GONZALES: In den ersten Tagen habe ich das getan, aber als ich die Gesichter und Kommentare der anderen erlebte, habe ich danach den Mund gehalten. Ich habe viele Jahre lang mit niemandem darüber gesprochen, weil ich es einfach satt hatte, dass die Leute dachten, dieser arme Kerl sei verrückt geworden.

Und wann hat sich das geändert? 

GONZALES: Das weiß ich nicht mehr genau. Mit der Zeit habe ich jedenfalls auch von anderen Menschen gehört, die ähnliche Erfahrungen gemacht hatten. Das motivierte mich, auch über meine zu sprechen, und schließlich habe ich sogar ein Buch geschrieben, in dem ich allerdings nicht nur über diese, sondern auch über viele andere Erlebnisse davor und danach berichte.

Was war Ihr Ziel mit diesem Buch? Was hat Sie veranlasst, es zu schreiben?

GONZALES: Das waren Freunde. Ich hatte ihnen von meinen Erlebnissen erzählt, und sie meinten: „Das alles ist wirklich außergewöhnlich interessant, warum schreibst du kein Buch?“ Sie drängten mich jahrelang dazu, bis ich schließlich zustimmte: „Okay, ich mache es. Ich schreibe ein Buch über die Erfahrungen in einem überaus ungewöhnlichen Leben.“

Spirituelle Erfahrungen? 

GONZALES: Sowohl spirituelle als auch physische.

Als der Begriff Nahtoderfahrung schon bekannter war, habe ich irgendwo gelesen, dass viele Nahtoderfahrene auch nach diesem Ereignis außergewöhnliche Erlebnisse haben und bis zuletzt  ein eher seltsames Leben führen. Sie erleben gute und schlechte Dinge im Extrem, es geht aufwärts und abwärts wie bei einem Yoyo oder einem Gummiball. So ging es mir jedenfalls, und so geht es mir bis heute. Also habe ich das Buch über all diese Ereignisse geschrieben.

Begonnen habe ich mit einem Erlebnis, das ich im Alter von etwa 10 Jahren hatte, in Südamerika, an einem ausgetrockneten Fluss. 

Es gibt in Südamerika Berge wie in Österreich oder in der Schweiz, aber manche Flüsse führen nur einen Monat oder vielleicht ein paar Wochen lang Wasser und sind dann wieder über Jahre trocken. 

Ich war mit einem Freund, der auch etwa zehn Jahre alt war, einem Nachbarskind, an der Mündung dieses Flusses, direkt am Meer. Es gab dort große Felsen, und wir kannten diesen Platz. Wir waren dort schon öfter auf Felsen gesessen, um zu angeln, alles war gut. Aber an diesem Morgen fischten wir schon über eine Stunde lang und fingen nichts.

Also dachten wir, okay, los geht’s, wir packen unsere Sachen zusammen und gehen wieder nach Hause. Als machten wir uns auf, und etwa fünf Minuten später, wir waren nur noch etwa 200 Meter von unserem Ziel entfernt, hörten wir plötzlich lautes Grollen und Gepolter und wussten: Das ist wirklich ungewöhnlich! 

Tatsächlich hatte der Fluss beschlossen, mit großen Steinmengen, Wasser und Schlamm talwärts zu donnern …

Irgendwo hat es also heftig geregnet …

GONZALES: Ja, oben in den Bergen. Und plötzlich schoss der Fluss heran, und wir entdeckten, dass die Felsen, auf denen wir gestanden waren, innerhalb von fünf Minuten komplett verschwunden waren. Also dachten wir: Besser, wir erzählen niemandem davon!

Das war das erste Erlebnis knapp am Tod vorbei. Aber etwa sechs Jahre später gab es ein weiteres.

Ich war damals mit einer Gruppe von Freunden in einem Tal unterwegs, es waren insgesamt vielleicht 20 Leute, und die Täler in Südamerika sind sehr eng. Wir waren an einem Fluss unterwegs, aber ich entschloss mich gemeinsam mit zwei anderen, ein bisschen mehr Sport zu machen und einen Berg zu besteigen. Wir wollten da einfach hoch. Wir waren nicht geübt, machten das nicht regelmäßig, aber waren voller Tatendrang, es zog uns einfach hinauf. Und als wir schon eine größere Höhe erreicht hatten, hörten wir so etwas wie eine Explosion. Also schauten wir nach unten – nichts! Wir schauten im Tal nach beiden Richtungen, nirgendwo war etwas zu sehen! 

Und dann blickte ich nach oben – und sah, wie Felsbrocken vom Gipfel des Berges herunterkamen. Dort hatte die Explosion stattgefunden, oben auf dem Berg hatte es eine Sprengung zum Bau eines Tunnels gegeben, und nun kollerten Felsbrocken zu uns herunter. Manche klein, manche sehr groß. Wir sahen sie hüpfen. 

Ich rechnete irgendwie im Kopf nach, und mir war klar, dass wir zu wenig Zeit hatten, um uns unten in Sicherheit zu bringen, wir konnten auch nicht nach links oder rechts ausweichen. Was also sollen wir tun? 

Ein paar Meter entfernt gab es einen riesigen Felsen, und wir wollten dahinter Schutz suchen. Der erste von uns legte sich flach hin, der zweite oben drauf, und ich lag ganz oben und konnte sehen, wie die Steine hüpften. Und dann sah ich einen Felsbrocken, der genau so groß war wie der, hinter dem wir Schutz gefunden hatten, und dieser Brocken hüpfte direkt auf uns zu. Also rief ich meinen Freunden die schlechte Nachricht zu: „Ich glaube, der wird uns treffen.“ Glücklicherweise lag ich falsch, und ich konnte sehen, wie der riesige Stein nur etwa 40 Zentimeter über meinen Kopf hinweg hüpfte.

Drei Tage lang konnte keiner von uns sprechen. Wir waren geschockt, gelähmt, unfähig dazu, 

etwas zu erzählen.

Wo genau war das? In Brasilien? 

GONZALES: Das war in Peru …

… in Peru also …

GONZALES: … und wie bei dem ersten Erlebnis haben wir niemandem etwas davon erzählt. Sonst hätten wir wohl keine Erlaubnis mehr bekommen, künftig noch etwas zu unternehmen. 

Wenn Sie also auf Ihre Erfahrungen zurückblicken, hatten Sie vor einem dieser Unfälle irgendwelche Vorahnungen? 

GONZALES: Nein, ich hatte keinen dieser Unfälle vorausgeahnt. Aber nach dem Moorgate-Crash begannen sich wirklich ungewöhnliche Erfahrungen zu häufen. 

Welche Erfahrungen waren das? 

GONZALES: Ich werde Ihnen ein paar Beispiele nennen:

Ich aß mit einem Mädchen zu Mittag, das war in Brasilien, und plötzlich fragte ich sie: „Warum weinst du?“ Und sie antwortete: „Aber ich weine doch nicht.“ Und im gleichen Moment klingelte ihr Telefon, sie entschuldigte sich und ging, um abzuheben. Ihre Mutter hatte angerufen. Zwei Minuten später kam sie weinend zurück und fragte: „Woher wusstest du, dass ich weinen würde?“ – „Ich wusste es nicht, ich habe es einfach gesagt.“

Ähnliches ist mir ein paar Mal passiert, in Brasilien, in England und auch anderswo. Ich frage:„Warum gehst du nicht ans Telefon, wenn jemand anruft?“ – „Aber mein Telefon klingelt ja gar nicht!“ Und im gleichen Augenblick fängt es tatsächlich an zu klingeln. 

Einmal bin ich mit meiner Frau spazieren gegangen, und wir kamen am Haus eines befreundeten Paares vorbei. Meine Frau wollte wissen, ob die beiden wohl zu Hause sind. Und ich antwortete spontan: „Nein, sie sind nicht zu Hause, sie sind in Windsor.“ Ich habe keine Ahnung, warum ich darauf kam, aber später fanden wir heraus, dass sie tatsächlich in Windsor waren.

Und für Sie besteht da ein Zusammenhang mit Ihrem Nahtoderlebnis? 

GONZALES: Ja, denn vor Moorgate habe ich solche Dinge nicht erlebt, erst danach. 

Inwieweit haben Sie sich körperlich von Ihren Verletzungen erholt? Wie hat sich Ihr Gesundheitszustand bis jetzt entwickelt? 

GONZALES: Sagen wir so: Ohne klare Tendenz. Es gab, schlechte, noch schlimmere, und außergewöhnlich gute Extreme – aber keine Erklärung dafür.

Ich erzähle Ihnen ein Beispiel: 15 oder 20 Jahre nach Moorgate war ich in einer brasilianischen Stadt namens Florianopolis unterwegs zu einer Fabrik, die vielleicht zwei Stunden entfernt war.

Noch bevor ich die andere Stadt erreichte, hatte ich Schmerzen in der Wade, hinten am Bein. Ich dachte zunächst, das wird schon wieder verschwinden, und als ich die andere Stadt erreichte, ging ich direkt in eine Apotheke. Ich verlangte nach Tabletten gegen die Schmerzen in meinem Bein. Sie gaben mir welche, und abends ging ich schlafen. Aber mitten in der Nacht wachte ich wieder auf und konnte mich kaum bewegen. Ich konnte mich kaum anziehen. Und ich dachte, okay, ich sage den Termin ab! 

Ich bin also ins Auto gestiegen. Glücklicherweise war der linke Fuß betroffen, und ich konnte zum Fahren meinen rechten benutzen. Ich beschleunigte das Auto, wollte bis Florianopolis nicht mehr anhalten und direkt ins Krankenhaus fahren. Und genau das habe ich getan.

Dort habe ich das Auto stehen lassen, bin ins Krankenhaus, und es wurde mir gesagt, ich hätte ein Blutgerinnsel im Bein. Aber im anderen Bein sei ebenfalls ein Blutgerinnsel! 

Also eine Venenthrombose …

GONZALES: Ja, eine tiefe Venenthrombose. Also haben sie mich stationär im Krankenhaus behalten.

Ich musste mit den Leuten von meiner Reiseversicherung in Dänemark sprechen, um bezüglich des Krankenhausaufenthalts alles zu regeln. Und die Versicherungsgesellschaft hat meine Frau in England erreicht und sie nach Florianopolis geflogen. Sie besuchte mich dann jeden Tag.

Und eines Morgens telefonierten wir miteinander, und sie sagte: „Okay, ich gehe jetzt. Ich bin in zehn Minuten bei dir!“ 

Als sie im Krankenhaus ankam, ging sie direkt zu meinem Zimmer, aber sie fand es verschlossen.

Also fragte sie die Krankenschwester nach dem Grund, und sie sagte: „Ah, Sie sind es! Kommen Sie, bitte setzen Sie sich!“ 

Meine Frau wollte wissen, wo ich bin, und erfuhr, dass in diesem Moment alles getan werde, um mich zu retten. Denn es sei jetzt auch ein Blutgerinnsel in meiner Lunge aufgetaucht. 

Ich hatte natürlich starke Atemnot.

Und glücklicherweise – ja, ich hatte wieder einmal unglaubliches Glück! – war ich ja bereits im Krankenhaus, es brauchte kaum zwei Minuten von meinem Zimmer bis zur Intensivstation. Und ja, die Ärzte haben alles getan, um mich zu retten, denn es ist nicht leicht, so etwas zu überleben, nicht einmal bei bester Gesundheit. Betroffene haben dann Schwierigkeiten, sich zu bewegen, zu sprechen usw. Aber ich habe es überlebt. Und wir haben dann den Rückflug nach England vorbereitet. Und als es losgehen sollte … habe ich mir auch noch eine Lungenentzündung eingefangen. Ich musste also noch einmal ins Krankenhaus und wieder alles absagen. Aber ich bin dann irgendwann doch wieder gesund geworden. Seit dem ersten Vorfall waren zwei oder zweieinhalb Monate vergangen …

Zuvor, als ich auf die Intensivstation gebracht worden war, erzählte man mir, was passiert sei und wie wahrscheinlich es sei, dass ich sterben würde. Damals begann ich zu beten, weil ich eben wusste, dass ich wieder auf dem Weg „hinauf“ war. 

Und ich bat meinen „Chef“, mich jetzt bitte doch noch nicht zu sich zu nehmen. Denn ich hatte eine Mutter, die, damals war sie 96 Jahre alt, allein in Peru lebte. Sie stammte aus Chile, aber sie lebte in Peru. Sie hatte dort keine Verwandten, keine Freunde, denn – das Schicksal einer 96-Jährigen – es waren alle, die sie kannte, bereits gestorben, und sie war auf mich angewiesen. Ich erledigte alle Zahlungen, stand mit dem Altenheim und den Nonnen dort in Kontakt und so weiter. Und ich sagte zu meinem „Chef“: „Bitte, nimm mich noch nicht mit. Ich sollte sie noch begleiten.“

Drei Tage später beschloss ich, im Altenheim anzurufen. Ich sprach mit einer der Nonnen, erzählte ihr, was mir passiert war und fragte, wie es meiner Mutter gehe. Sie antwortete, es gehe ihr gut, ihr Zustand sei unverändert, sie rede nicht viel und habe mit diesem und jenem ihre Probleme. Sie liege im Bett. Aber vor drei Tagen habe sich etwas sehr Seltsames ereignet, sie habe Besuch bekommen.

Ein Besucher?, dachte ich. Das war wirklich merkwürdig. Sie kennt ja niemanden.

Also sagte ich im Scherz zu der Nonne: „Ich weiß. Wahrscheinlich wollte ihre Mutter sie besuchen!“ Und sie sagte: „Nein, nein, nein, das war nicht ihre Mutter.“

Dann erzählte sie mir, dass an jenem Tag eine andere Krankenschwester im Altenheim nach ihrer Kollegin gesucht und gedacht habe, sie sei im Zimmer bei meiner Mutter. 

Sie hat im Zimmer eine Frau gesehen, mit einem weißen Schleier, aus dem seitlich Haare hervortraten. Also ging sie auf sie zu, um mit ihr zu sprechen, weil sie immer noch dachte, es sei die gesuchte Krankenschwester, bis ihr plötzlich bewusst wurde, dass es sich um eine Erscheinung handelte. Offenbar war die Besucherin kein Mensch.

Die Schwester bekam daraufhin Angst und rannte weg. Und das alles ereignete sich genau zu der Tageszeit, als ich zum „Chef“ gebetet und ihn ersucht hatte, mich noch nicht zu sich zu nehmen. So etwas passiert also auch!

Im Jahr 2024 hatten Sie dann eine zweite Nahtoderfahrung …

GONZALES: Ja. Und zwar, weil die Neurologen wegen des massiven Schlags, den ich beim U-Bahn-Unglück in Moorgate auf den Kopf bekam, mein Gehirn nach möglichen Problemen untersuchen. Und 2024 entdeckten sie einen Tumor.

Wir kennen die genaue Ursache dieses Tumors nicht. Wir wissen auch nicht, was er verursacht. Aber Tatsache ist, dass ich starke Schmerzen im Kopf habe und verschiedene Behandlungsmethoden versuchte.

Eines Morgens war ich mit meiner Frau zu Hause beim Frühstück. Und ich sagte zu ihr: „Bitte pass auf, ich bin nicht stabil.“

Ich hielt mich am Stuhl fest und fiel hin. Es war sehr schmerzhaft, und ich bat sie, mich zu meinem Bett zu bringen. Ich musste fast hoch kriechen und lehnte mich an die Wand. Sie half mir, bis ich auf meinem Bett lag. Mir war schlecht. Ich fühlte mich nicht richtig krank, aber so, als würde es mir den Kopf verdrehen. Ich hatte das Gefühl, ohnmächtig zu werden. 

Und plötzlich ging es wieder hinauf! Und dann sah ich abermals das weiße Licht. Ich sah Wolken, alles in Weiß. Und mir war klar: Das kenne ich! Das habe ich schon einmal erlebt!

Also wandte ich mich direkt an meinen „Chef“, das Bild mit meiner Frau im Kopf, als wir in der Küche frühstückten. Ich wusste, dass sie große Angst hatte, dass ich sterben würde. Und ich sagte zum Chef: „Tut mir leid, ich kann jetzt nicht gehen. Ich kann meine Frau nicht alleine lassen. Kann ich bitte bleiben, bis sie gegangen ist?“ 

Und innerhalb von 20 Minuten war ich wieder auf den Beinen, fast so, als wäre nichts passiert.

Etwa sieben bis zehn Tage nach diesem Ereignis wurde dann bei meiner Frau zum fünften Mal ein Krebstumor diagnostiziert. Und ich dachte sofort: O je, ich glaube, ich habe ein schlechtes Geschäft gemacht, als ich darum bat, dass sie zuerst gehen darf. Es ist ja ungewöhnlich, fünf Krebserkrankungen zu überleben … Tatsächlich wartet sie immer noch auf eine Operation.

Aber es gab noch ein wichtiges Detail in meinem Erlebnis: Als ich das weiße Licht erblickte und unter die Wolken aufstieg, hatte ich Stimmen gehört, die direkt an mich gerichtet waren. Sie sagten: „Es ist Zeit zu gehen. Du musst mit uns kommen.“ Daraufhin habe ich sehr schnell den Wunsch geäußert, noch nicht gehen zu müssen …

Es war eine kurze Erfahrung, keine umfangreiche, sie dauerte nur ein paar Minuten.

Und es gab keine Erklärung für die Ereignisse. Ich ging wieder zu meinem Arzt und berichtete alles. Man ist wirklich schon daran gewöhnt, mich in solchen Situationen zu sehen.

Zur Geschichte, die in Brasilien spielte, mit der tiefen Venenthrombose, dem Blutgerinnsel in der Lunge und der Lungenentzündung, muss ich noch etwas ergänzen: Als ich schließlich nach England zurückkam, den Ärzten alles berichtete, und als sie die Befunde sahen, meinten sie: „Gut, das sieht alles sehr ernst aus, wir respektieren unsere Kollegen in Brasilien, die Ergebnisse hier, die Bilder und alles, aber wir möchten doch unsere eigenen Tests durchführen.“ 

Also wurden alle Scans und Tests in England noch einmal durchgeführt, und nachdem die Ergebnisse vorlagen, sagte der behandelnde Arzt: „Ich muss natürlich glauben, dass alles, was sie in Brasilien dokumentiert haben, in Ordnung war.“ Es gehe mir soweit gut, obwohl nicht einmal zwei Monate vergangen waren, das sei ungewöhnlich, aber es gebe eine Sache, die die Kollegen in Brasilien leider übersehen hätten …

Und der Arzt erklärte mir, dass man einen Krebstumor in meiner Bauchspeicheldrüse entdeckt habe. Er zeigte mir das Bild, und ich begriff, dass es eine ähnliche Situation wie bei Steve Jobs von Apple war, der auch einen Tumor in der Bauchspeicheldrüse hatte, fast an der gleichen Stelle wie ich. Und ich hatte nicht einmal den Bruchteil des Geldes, das ihm für eine Behandlung zur Verfügung stand. Er hatte schließlich gehen müssen – und ich wollte noch bleiben.

2013 begann ich mit einer Behandlung – und ich bin immer noch hier.

Mit welcher Behandlung haben Sie begonnen? Worum handelte es sich genau? 

GONZALES: Damals war es eine experimentelle Behandlung. Zunächst bekam ich ein Antikoagulans, damals ein neues Medikament. Und ich nehme es heute noch wegen der Blutgerinnsel.

Bis heute gibt es dafür kein Gegenmittel. Das bedeutet für mich, dass ich sehr vorsichtig sein muss, dass ich zum Beispiel nicht hinfalle oder mir den Kopf stoße. Denn wenn ich anfange zu bluten, kann ich es nicht mehr stoppen. Ich würde einfach verbluten. Das ist mir sehr bewusst.

Und für den Pankreastumor bekam ich Injektionen, um das Wachstum des Tumors in der Bauchspeicheldrüse einzufrieren. 

Ich wurde auch von einem Chirurgen untersucht, der mir aber auf Grund meiner Gesamtsituation empfahl, nicht zu operieren. Denn mit dem Tumor in der Bauchspeicheldrüse müssten auch Teile von Leber und Milz entfernt werden, und er hätte auch noch andere Eingriffe vornehmen müssen. Er machte mir klar, das Wahrscheinlichste, was passieren würde, wäre, dass ich während der Operation sterbe. Und sollte ich überleben, wäre meine Lebensqualität so schlecht, dass ich nicht mehr am Leben sein wollte.

Ein paar Jahre später traf ich diesen Chirurgen wieder, und er kam abermals zum selben Schluss:  „Nein, keine Operation für Sie!“

Und das Problem besteht immer noch?

GONZALES: Ja, immer noch. Der Tumor ist immer noch da und ist zum Glück nicht gewachsen. Er bereitet mir immer noch Schmerzen, verursacht immer noch Probleme für den Körper, für die Verdauung. Die Schmerzen haben sich ausgebreitet. Ich habe einen weiteren Tumor in der Nebenniere, aber ich bin nicht in einer unheilbaren Situation.

Es sind jetzt mehr Medikamente nötig, mehr Pflege. Aber im Wesentlichen geht es weiterhin immer auf und ab …

Sie haben von Ihrem „Chef“ gesprochen. Haben die Nahtoderfahrungen oder Ihre Erfahrungen im Allgemeinen Ihre Religiosität verändert, vertieft?

GONZALES: Ja. In den zumindest ersten fünf Jahren nach dem U-Bahn-Unglück in Moorgate habe ich mich von der Religion abgewandt. Nicht, weil ich mich verlassen fühlte, aber ich hatte nicht genug Lebenserfahrung, ich war zu jung und habe nicht verstanden, was passierte. Später habe ich angefangen, das Geschehene zu verarbeiten, und mir wurde klar, dass manches davon nichts mit den Ärzten oder Medikamenten zu tun hatte, sondern auf eine andere Macht zurückzuführen ist. Und mit der Hilfe meiner Frau begann ich, die Gegebenheiten zu verstehen.

Sie selbst hat einige schlimme Erfahrungen gemacht, hatte fünf Krebserkrankungen. Und sie verlor ihren Vater, als wir von Südamerika über die USA zurück nach London reisten. Wir hatten damals gerade erfahren, dass er gestorben war.

Ihr Vater war Schweizer gewesen und fast 90 Jahre alt geworden, er hatte einen sehr starken Verstand gehabt. Von all seinen Kindern war ihm meine Frau am nächsten gestanden. Als wir uns von ihm verabschiedet hatten, hatte sie scherzhaft gesagt: „Papa, Papa, wenn du tot bist und in den Himmel kommst, schickst du mir dann ein Zeichen, dass du dort bist?“ 

Er hatte gelacht: „Ha, ha, ha. Ja, das werde ich. Ich werde dich anrufen.“ 

Wir setzten also diese Reise fort, kamen in London an, mit einem Nachtflug, flogen nach Hause und gingen abends direkt ins Bett.

Und gegen ein Uhr morgens klingelte das Telefon. Damals war es kein Handy, sondern ein echtes Telefon, das im anderen Zimmer stand. Also stand ich auf und ging ans Telefon.

„Hallo?“ – Niemand. „Hallo?“ – Niemand. Ich legte auf, ging wieder ins Bett, und meine Frau sagte: „Wer war es?“ – „Dein Vater.“ – „Was?“ Das wäre ein ganz besonderer Zufall, wenn er es wirklich sei, müsse er noch mal anrufen, meinte sie.

In der folgenden Nacht, ungefähr zur gleichen Zeit, klingelte das Telefon erneut. Es gab niemanden, der genau wusste, wo wir waren, dass wir unterwegs waren, und es gab niemanden, der uns um 1 oder 2 Uhr morgens anrufen würde. Aber wieder klingelte das Telefon, ich antwortete – nichts –, und ging schließlich wieder ins Bett. „Wer war es?“ – „Schon wieder dein Vater!“, sagte ich.

So war es! Und in England gibt es dieses System: Wenn Sie einen Anruf verpassen oder wissen möchten, wer angerufen hat, dann wählen Sie eine Nummer, ich glaube, es ist 1522, und Sie gelangen zu einer Aufzeichnung, die Ihnen mitteilt, welchen Anruf von welcher Rufnummer Sie zu einem bestimmten Zeitpunkt erhalten haben. 

An den beiden Tagen, an denen ich diese Nummer angerufen habe, war ein Anruf aufgezeichnet – von einer unbekannten Nummer. Zweimal! 

Haben Sie noch Angst vor dem Tod? 

GONZALES: Nein, nein! Seit dem Erlebnis in Moorgate habe ich keine Angst vor dem Tod mehr. Davor schon, ich hatte zum Beispiel Angst vor der Steinlawine. Aber von da an war es vorbei. 

Nein, ich habe keine Angst, denn ich habe über diese Dinge nachgedacht und bin zu dem Schluss gekommen, dass der Tod oder das Tot-Sein nur ein anderer Seinszustand ist. Ich kann schlafen oder wach oder tot sein. Während der Nahtoderfahrung war ich also im Zustand des Tot-Seins. 

Mir ist natürlich klar, dass diese Haltung den üblichen Ansichten, die in Konversationen geäußert werden, widerspricht. Wenn mir jemand sagt, er habe ein Kind, vielleicht einen Sohn, der an einem bestimmten Tag geboren und an einem anderen Tag gestorben sei, dann geht er davon aus, dass dieses Kind nur von seinem Geburtstag bis zu seinem Todestag existiert hat. 

Für mich ist das nicht so. Ich könnte zunächst behaupten, dass Sie nicht an Ihrem Geburtstag geboren sind, weil Sie bereits davor im Mutterleib existiert haben. Man existiert also schon vor dem Geburtsdatum. Und, weiter gedacht, habe ich aufgrund meiner Erfahrungen eben auch erkannt, dass zwar der Körper stirbt, aber die Seele weiterlebt. 

Ich glaube, als ich meine Nahtoderfahrungen hatte, wurde meine Seele freigelassen. Das Leben geht nach dem körperlichen Tod kontinuierlich weiter!

Ich denke, das ist ein perfekter Schlusssatz. Danke, dass Sie bereit waren, über Ihre bemerkenswerten Erfahrungen zu sprechen. Alles Gute für Sie und Ihre Frau! Vielen Dank für dieses Interview. 

GONZALES: Danke und auch Ihnen alles Gute. Ich hoffe, dass das Gespräch für andere von Nutzen ist!