Zaide
• Singspiel in zwei Akten von Wolfgang Amadeus Mozart •
Libretto: Johann Andreas Schachtner (1731–1795) •
Musik: Wolfgang Amadeus Mozart (1756–1791) •
Uraufführung: 27. Januar 1866, Frankfurt am Main •
Dauer: ca. 2 Stunden
Akte:
1. Akt: Der Palast von Sultan Soliman
2. Akt: Der Palast von Sultan Soliman
Hauptpersonen:
Zaide, eine europäische Sklavin: Sopran
Gomatz, ein europäischer Sklave: Tenor
Soliman, türkischer Sultan: Tenor
Osmin, Sklavenhändler: Bass
Allazim, Lieblingssklave des Sultans: Bariton
Kurze Werkeinführung
„Zaide“ ist ein Singspiel, das Wolfgang Amadeus Mozart (1756–1791) im Alter von 25 Jahren komponierte. Er brach die Arbeit an dem ernsten Werk jedoch ab, weil er mit der Textdichtung des Librettisten Johann Andreas Schachtner (1731–1795) nicht zufrieden war. Zudem hatte Mozart die Erfahrung gemacht, dass das Publikum – wie er seinem Vater schrieb – „lieber komische Stücke sieht“.
Da aus diesem Grund eine Overture für das Werk fehlt und auch für den Schlussteil nur Skizzen vorhanden sind, wurde „Zaide“ erst postum uraufgeführt, nämlich am 27. Januar 1966 in Frankfurt/Main. In den (seltenen) heutigen Aufführungen wird anstelle der Ouverture meist eine Sinfonie aus Mozarts Jugendjahren gespielt; für den Schlussteil werden oft Ergänzungen anderer Künstler herangezogen. Das im Folgenden beschriebene „Happy End“ hat Mozart nicht vertont.
Der Komponist griff das Grundthema des Singspiels „Zaide“ – die Sklaverei in einem Sultanspalast – in seinem zwei Jahre später entstandenen heiteren Werk „Die Entführung aus dem Serail“ noch einmal auf.
Die Handlung
Kurz und gut …
Wenn eine Sklavin dem Sultan ihre Liebe verweigert und sie statt dessen einem anderen Sklaven schenkt und mit ihm flieht, kann es für den mächtigen Herrscher herausfordernd sein, diese Kränkung zu überwinden.
1. Akt: Der Palast von Sultan Soliman
Der junge Gomatz ist von den Türken gefangen und als Sklave in den Palast von Sultan Soliman verbracht worden. Er beklagt sein Schicksal („Unerforschliche Fügung!“), als Schuldloser nun gemeinsam mit „heillosen Verbrechern“ schwerste Arbeiten verrichten zu müssen und schläft schließlich erschöpft ein.
Auch das Mädchen Zaide ist als Sklavin in Solimans Palast gefangen. Sie hat sich in Gomatz, den sie noch nicht kennenlernen konnte, verliebt. Auf Grund „der Zärte seiner Hände“ vermutet Zaide, dass er – wie sie – aus Europa stammt. Sie steckt dem Schlafenden ihr Bild zu und hofft, dass Gomatz im Schlaf Erholung finden wird:
Ruhe sanft, mein holdes Leben,
schlafe, bis dein Glück erwacht;
da, mein Bild will ich dir geben,
schau, wie freundlich es dir lacht:
Ihr süssen Träume, wiegt ihn ein,
und lasset seinem Wunsch am Ende
die wollustreichen Gegenstände
zu reifer Wirklichkeit gedeih’n.
Bald danach erwacht Gomatz und findet beglückt Zaides Bild, das auch in seinem Herzen die Liebe erweckt.
Das neue Bewusstsein, geliebt zu werden, lässt unmittelbar Zuversicht in ihm erstehen. Gomatz überwindet seine Mutlosigkeit und ist entschlossen, Zaide und sich selbst „aus den Händen des Tyrannen zu befreien“.
Doch die Fluchtpläne der beiden drohen zunächst an Allazim, dem Lieblingssklaven und Vertrauten Solimans, zu scheitern.
Dieser weiß, dass Zaide „des Sultans Favoritin“ ist. Gleichzeitig aber hat er größtes Verständnis für den jungen Gomatz, dessen Schicksal als Sklave er zutiefst bedauert – und schließlich ist er bereit, dem Liebespaar zu helfen: Er verschafft den beiden türkische Kleidung und ein Boot für die Flucht aufs Meer.
2. Akt: Der Palast von Sultan Soliman
Sultan Soliman hat die Nachricht von der Flucht seiner Sklaven erhalten. Er zürnt darüber, dass Zaide, die ja wusste, dass er – der Sultan! – sie liebt, sich „von einem Christenhunde, von einem Sklaven“ hat verführen lassen. Er bedauert, dieser „Heuchlerin“, deren „gleisnerische Sittsamkeit“ sein Herz entflammt habe, so ungewöhnliche Freiheiten gewährt zu haben.
Osmin, der Sklavenhändler, versucht den Sultan zu beruhigen. Man werde die Entflohenen bald wieder gefasst haben. Außerdem sei „das Haupt dieser Verräterei leicht zu erraten“: Der ebenfalls abgängige Allazim habe den beiden zur Flucht verholfen.
Der Sultan hofft, dass Osmin Recht behalten wird. Er sinnt nach Rache, will „die verräterische Brut in Stücke hauen“. Indes rechnet der Sklavenhändler damit, die Stelle Allazims als Vertrauter des Sultans einnehmen zu können.
Tatsächlich werden die Flüchtigen bald darauf dem Sultan vorgeführt – und der ist entschlossen, sie nun seine Macht spüren zu lassen. Zaide aber sieht Solimans „grausamer Rache“ gelassen entgegen (Komm’ nur schnell und töt’s uns beide, saug’ der Unschuld warmes Blut!“), und Allazim beklagt die Unfähigkeit des Sultans, andere Menschen als „Brüder“ zu erkennen. Er sei wie alle Mächtigen, die selbst nie ein Leben „im nieder’n Staub“ führen mussten:
Ihr Mächtigen seht ungerührt
auf eure Sklaven nieder,
und weil euch Glück und Anseh’n ziert,
verkennt ihr eure Brüder.
Nur der kennt Mitleid, Huld und Gnad’,
der, eh’ man ihn zum Rang erhoben,
des wandelbaren Schicksals Proben
im niedern Staub gesammelt hat.
Sultan Soliman lässt sich weder von diesen, noch von Zaides Worten beeindrucken. Die Verräter sollen alle sterben!
Dann aber horcht der Herrscher auf Grund einer Andeutung Allazim auf: „Heut’ bringt mich eine gute Tat ums Leben und eine andere gute Tat bracht’ einst mich um die Freiheit.“
Soliman will wissen, was diese „dunklen Worte“ bedeuten, und es stellt sich heraus, dass Allazim vor 15 Jahren erfolgreich gegen Piraten kämpfte, die eine „friedliche türkische Galeere“ gekapert hatten. Diese konnte befreit werden, aber er selbst sei daraufhin in die Gefangenschaft der Piraten geraten.
Damit wird Sultan Soliman klar, dass er Allazim sein Leben verdankt – denn er selbst war seinerzeit auf der Galeere gewesen. Vergeblich habe er bisher zu erfahren versucht, wer ihn einst gerettet hatte. Sofort verzeiht er seinem „edlen Freund“ die Flucht. Aber er lehnt es zunächst ab, auch gegenüber Zaide und Gomatz Gnade walten zu lassen.
Allazim lässt jedoch nicht locker: „O großer Soliman, ich bedarf nicht deiner Dankbarkeit. Gewähre sie lieber diesen jungen Menschen, die noch das Leben vor sich haben. Fünfzehn Jahre habe ich dir gedient, drum nimm mein altes Leben jetzt an ihrer Stelle und lass mich für Zaide und Gomatz sterben.“
Dieser Edelmut stimmt den Sultan letztlich um. Er befiehlt, die beiden Liebenden auf ein Schiff zu bringen, „das in ihre Heimat segelt“.
Allazim hingegen bittet er, im Palast zu bleiben: „Verlass mich nicht. Hilf mir, so edel zu sein wie du. Es befiehlt nicht dein Herr, es bittet dich dein Bruder.“
Hinweise:
Alle Zitate aus dem Libretto lt. „Opera Guide/Opernführer“
Foto © 2020 Yasuko Kageyama/Tetro dell’Opera di Roma/EBU/RAI (aus einer Aufführungsreihe von „Zaide“ im Teatro dell’Opera di Roma, Oktober 2020)