Macbeth
• Oper in vier Akten von Giuseppe Verdi •
Libretto: Francesco Maria Piave (1810–1876) und Andrea Maffai (1798–1855) •
Musik: Giuseppe Verdi (1813–1901) •
Uraufführung: 14. März 1847, Florenz (Teatro della Pergola)
Dauer: ca. 3 Stunden, eine Pause
Akte:
1. Ein Wald; Macbeths Schloss
2. Macbeths Schloss; Ein Park in der Nähe des Schlosses
3. Eine Höhle
4. Die Grenze zwischen Schottland und England; Macbeths Schloss
Hauptpersonen:
Macbeth, General in König Duncans Armee: Bariton
Lady Macbeth, Macbeths Gattin: Sopran
Dame der Lady Macbeth: Mezzosopran
Banquo, General in Duncans Armee: Bass
Macduff, ein schottischer Adeliger: Tenor
Malcolm, Duncans Sohn: Tenor
Arzt: Bass
Diener Macbeths: Bass
Sicario: Bass
Arnoldo, Herold: Bass
Kurze Werkeinführung
Die Oper Macbeth entstand in Giuseppe Verdis „Galeerenzeit“, also in Jahren intensiven, ununterbrochenen Komponierens. 1846 wandte sich der große italienische Komponist erstmals einem Shakespeare-Drama zu, wobei er zwei Librettisten beschäftigte: Neben Francesco Maria Piave (1810–1876), der für insgesamt zehn Verdi-Opern den Text verfasste, zog Verdi zusätzlich auch den italienischen Dichter und Übersetzer Andrea Maffai (1798–1855) heran.
Uraufgeführt wurde „Macbeth“ im März 1847 in Florenz. Obwohl die Oper ihren Zuhörern einiges abverlangte, weil Verdi stilistisch neue Wege ging und seine Musik auf ein neues Niveau dramatischer Kraft hob, war das Werk beim Publikum auf Anhieb ein Erfolg und wurde bald an allen großen Opernhäusern gegeben. Es zählt bis heute zu den am häufigsten gespielten Werken Verdis.
Knapp 20 Jahre nach der Uraufführung von „Macbeth“ schrieb Verdi eine neu bearbeitete Fassung für die Oper Paris. Ursprünglich wollte er dabei vor allem nur Ballettmusik einbauen, weil in Frankreich Ballettszenen üblicherweise in jeder Oper erwartet wurden. Doch im Zuge der Überarbeitung war Verdi mit mehreren Stücken nicht mehr zufrieden, fand sie „schwach oder charakterlos“ und komponierte diese Teile neu. Die überarbeitete Fassung wurde 1865 am Théàtre Lyrique uraufgeführt.
„Macbeth“ spielt – unter Miteinbeziehung einer mystischen Welt schicksalsgestaltender Hexenwesen – um die Mitte des 11. Jahrhunderts in Schottland und thematisiert den Anfang und das Ende des schottischen Königs Macbeth (1005–1057), der von 1040 bis 1054 regierte. Die Oper beginnt am Ende einer siegreichen Schlacht, als Macbeth und Banquo als Heerführer des alten Königs Duncan einigen Hexen begegnen, die ihnen eine glorreiche Zukunft weissagen.
Die Handlung
Kurz und gut …
Die Prophezeiungen erfahrener Hexen sollten, so vielversprechend sie auch klingen mögen, nicht ohne sorgfältige Berücksichtigung möglicher Fallstricke interpretiert werden.
1. Akt: Im Wald
Macbeth und Banquo haben König Duncans Armee gerade durch eine erfolgreiche Schlacht geführt. Nun begegnen sie im Wald einer Gruppe von Hexen, und es wird ihnen die Zukunft geweissagt. Macbeth erschauert, als er erfährt, dass er zunächst „Than von Cawdor“ und später selbst König von Schottland werden solle. Banquo prophezeien die Hexen, er werde „geringer sein als Macbeth und doch größer“: Er würde „Vater von Königen“ werden.
Zunächst kann Macbeth an die „dunklen Worte“ dieser Weissagung nicht glauben. Doch schon erscheinen Boten, die ihm Nachricht übermitteln, dass der alte Than zum Tode verurteilt worden sei. Er, Macbeth, sei vom König zum neuen Than von Cawdor ernannt worden.
Wird sich einst auch die Weissagung erfüllen, die ihm den Thron verheißt?
Der Gedanke, König von Schottland zu sein, reizt Macbeth. Aber er ist entschlossen, niemals „mit räuberischer Hand nach der Krone zu greifen“, die ihm das Schicksal offensichtlich bieten will. Doch Banquo ist nicht entgangen, wie sehr die Aussicht auf den Thron Macbeth mit Stolz erfüllt. Er fürchtet die Folgen der Prophezeiung:
Oft sagt uns der Teufel
Wahrheiten, um uns zu betrügen,
und überlässt uns Verdammte
dann dem Abgrund, den er vor uns aufriss.
Die Hexen wissen, dass Macbeth eines Tages wieder zu ihnen kommen wird. In der „Hexennacht“ soll über sein Los entschieden werden.
In Macbeths Schoss
In ihrem Schloss erfährt Lady Macbeth bald danach aus einem Brief ihres Mannes von den Ereignissen und von der Weissagung der Hexen. Ihr Mann als König – welch Gedanke! Sie ist sofort entschlossen, ihn in seinem Ehrgeiz zu bestärken, und als sie die Nachricht erhält, König Duncan werde zur Übernachtung erwartet, sieht sie den passenden Zeitpunkt gekommen, zur Erfüllung der Prophezeiung aktiv etwas beizutragen:
Der Weg zur Macht ist voll
von Verbrechen, und wehe dem,
der unentschlossen ist und zurückschreckt!
Der König trifft mit seinem Gefolge in Begleitung von Macbeth in dessen Burg ein. Ohne Umschweife redet Lady Macbeth ihrem Mann zu, Duncan noch in dieser Nacht zu ermorden. Die Gelegenheit sei günstig …
Nachdem der König sich in seine Gemächer zurückgezogen hat, ringt sich Macbeth tatsächlich zu der Tat durch und ersticht ihn im Schlaf mit seinem Dolch.
Sofort plagen ihn Gewissensbisse, Ängste überwältigen ihn, der „grauenhafte Anblick“ geht ihm nicht mehr aus dem Sinn.
Lady Macbeth beklagt die fehlende Kühnheit ihres Mannes. Sie rät ihm, nochmals zurückzukehren in die Kammer, um Duncans Diener mit dem Blut des Dolchs zu beschmieren. So könne jeder Verdacht abgelenkt werden. Als Macbeth, zitternd und unfähig zu klarem Denken, ablehnt, ergreift sie die Initiative und kommt bald wieder zurück, um ihrem Mann den Erfolg des Plans zu melden:
Schau, auch meine Hände sind schmutzig;
ein wenig Wasser, und sie sind sauber!
So wird auch die Tat vergessen sein …
Am kommenden Morgen entdeckt Macduff, ein schottischer Adeliger, das Verbrechen und ruft alle Schlossbewohner herbei. Entsetzen verbreitet sich, und ein Chor der Bestürzung erklingt:
Hölle, öffne deinen Schlund und
verschlinge die ganze Schöpfung!
Schleudere deine Blitze auf den abscheulichen,
unbekannten Mörder, Himmel!
Großer Gott, der du in die Herzen siehst,
hilf uns, wir vertrauen auf dich allein;
bei dir suchen wir Licht und Rat,
um den Schleier der Finsternis zu zerreissen!
Dein gewaltiger und schneller Zorn
treffe den Frevler, du unerbittlicher Richter!
Und drücke das Mal auf seine Stirn,
das du dem ersten Mörder aufgedrückt hast!
2. Akt: In Macbeths Schloss
Macbeth ist nun König von Schottland, aber immer noch macht er sich – zum Leidwesen seiner Frau („Perché mi sfuggi“) – Gedanken über die Weissagungen der Hexen. Zwar gilt öffentlich mittlerweile Malcolm, Duncans Sohn, als Mörder seines Vaters, da er nach den Ereignissen – für alle überraschend – nach England geflohen war. Aber wie steht es um die Prophezeiung, die Banquo erhalten hatte? „Er werde Vater von Königen … Sollen seine Söhne herrschen? Wurde Duncan nur ihretwillen umgebracht?“
Macbeth kommt zum Schluss, es müsse weiteres Blut fließen, um seine eigene Macht zu sichern. Und Lady Macbeth, selbst immer noch ein wenig skrupelloser als ihr Mann, stimmt zu: Banquo und sein Sohn Fleance sollen raschestmöglich beseitigt werden:
Das Licht schwindet, die Sonne,
die den weiten Himmel durchwandert, erlischt!
Ersehnte Nacht, verbirg hilfreich
die schuldige Hand, wenn sie zustößt!
Noch ein Verbrechen! Es muss sein!
Das Todeswerk muss vollendet werden.
Den Gestorbenen liegt nichts am Herrschen;
für sie ein Requiem und die Ewigkeit!
O Wollust der Macht!
Szepter, endlich bist du mein!
Jedes irdische Verlangen
verstummt und wird durch dich gestillt.
Bald fällt tot zu Boden,
wem die Krone verheissen wurde!
Ein Park in der Nähe des Schlosses
Das Herrscherpaar hat eine Mörderbande beauftragt, die ihren Opfern nun im Wald auflauert.
Banquo wird von düsteren Vorahnungen geplagt:
Wie die Finsternis immer schwärzer
vom Himmel herabstürzt!
In einer solchen Nacht wurde Duncan,
mein Herr, ermordet.
Tausend quälende Bilder
verkünden mir Unglück
und beherrschen meine Sinne
mit Spuk und Schrecken.
Bald danach ist Banquo tot. Seinem Sohn konnte er noch zurufen, zu fliehen – und tatsächlich gelingt es Fleance, der Mörderbande zu entkommen.
In Macbeths Schloss
König Macbeth und seine Frau geben ein Bankett für die Edlen des Landes. Während die Lady zu ausgelassenem Weingenuss einlädt, erscheint einer der Mörder – noch blutverschmiert – an einer Seitentür und berichtet dem König, dass Banquo tot, seinem Sohn aber die Flucht gelungen sei. Macbeth gibt ihm ein Zeichen zu verschwinden und wendet sich seinen Gästen zu – heuchlerisch die Abwesenheit Banquos beklagend, der doch zu den würdigsten Männern des Reiches gehöre …
Nun aber geschieht das völlig Unerwartete: Nur für Macbeth sichtbar, taucht der Geist des Ermordeten auf und nimmt auf Banquos Stuhl Platz. Der König ist außer sich, spricht auf den Ermordeten ein – „Sag nicht, sag nicht, dass ich es tat!“ – und erschreckt mit seinen vermeintlich wirren Reden alle Gäste, die schon aufstehen und gehen wollen.
Lady Macbeth drängt sie zu bleiben, spricht von einem „Anfall“ ihres Mannes, der schon vorbei sei, und stimmt wieder ihr Trinklied an:
Füllen wir die Kelche
mit erlesenem Wein!
Es sprieße die Freude
und schwinde der Kummer!
Es weiche von uns
Hass und Empörung,
hier herrsche voll Übermut
die Liebe allein!
Doch abermals erscheint Macbeth der Geist des Toten – und verwirrt ihn vollends.
Das Bankett wird abgebrochen. Die Königin beklagt die „Feigheit“ ihres Mannes, die ihn Gespenster sehen lasse; Macduff will „fort aus diesem Land“, das von „verwünschter Hand“ regiert werde, und im Chor beklagen alle Adeligen, dass Schottland „eine Räuberhöhle“ geworden sei.
3. Akt: Eine Höhle
Macbeth sucht noch einmal die Hexen auf, um zu erfahren, was die Zukunft für ihn bereit hält. In ihrer Höhle rufen sie unter magischen Beschwörungen drei Geistgestalten herbei.
Die erste warnt den König vor Macduff und bestätigt ihn damit in seinen Vermutungen, dass von diesem Adeligen Gefahr droht.
Die zweite versichert Macbeth, dass keiner, „der von einer Frau geboren wurde“, ihm je schaden könne.
Die dritte Geistgestalt prophezeit dem König schließlich, er werde so lange ruhmreich und unbesiegbar sein, „bis der Wald von Birnam lebendig wird und gegen dich zieht“ – was Macbeth allerdings wenig kümmert, denn noch nie habe ein Wald sich durch Zauberkraft bewegt. Hingegen beunruhigt ihn nach wie vor die Frage, ob ihm von Banquos Nachkommen Gefahr drohe, und er zwingt die Hexen deshalb zu einer weiteren Vision.
Doch was er jetzt zu sehen und zu hören bekommt, erschüttert Macbeth bis ins Mark: Acht Könige erscheinen – und in einem geheimnisvollen Spiegelglas werden noch weitere sichtbar. Als ihm die Hexen bestätigen, dass diese Visionen Wirklichkeit würden, dass in Zukunft Banquos Geschlecht herrschen werde, fällt Macbeth in Ohnmacht und muss von den Luftgeistern wieder erweckt werden.
Als er erwacht, findet der König seine Frau neben sich und berichtet von den Prophezeiungen. Die beiden entschließen sich, Macduffs Familie und Banquos Sohn zu beseitigen:
Stunde des Todes und der Rache,
donnere und halle durch die ganze Welt,
so wie der Mordgedanke das Herz
bis ins Innerste erschütterte und betäubte!
Stunde des Todes, komm rasch näher!
Das Schicksal hat unwiderruflich entschieden:
Eine Untat muss das Werk vollenden,
da es mit Blut begann!
4. Akt: Die Grenze zwischen Schottland und England
Macbeth führt seit vielen Jahren eine Schreckensherrschaft. An der englischen Grenze versammeln sich schottische Flüchtlinge. Und ihnen ist Macduff, die Ermordung seiner Kinder und seiner Frau beklagend.
Doch es regt sich Widerstand: Malcolm, der Sohn des alten Königs Duncan, hat in England ein Heer zusammengestellt und führt es nun gegen Macbeth. Er befiehlt seinen Soldaten, Zweige aus dem Wald von Birnam als Tarnung vor sich herzutragen und wünscht Macduff, dass ihn die Rache trösten möge, die Macbeth nun treffen werde.
Macbeths Schloss
Indessen kämpft Lady Macbeth in ihrem Schloss mit schweren gesundheitlichen Problemen. Die Untaten der Vergangenheit lasten auf ihr. Ratlos beobachten ihre Kammerfrau und ein Arzt, wie die Königin schlafwandelt. Es scheint, als wolle sie sich rein waschen, und ungewollt enthüllt sie ihre Verwicklung in die Bluttaten der Vergangenheit. Bald danach stirbt sie.
Macbeth weiß, dass Malcolm mit seinen Truppen heran rückt. Duncans Sohn ist führ ihn nur ein „Verräter“ („Perfidi … Pietà, rispetto, amore“), der mit den Engländern ein Bündnis geschlossen hat. Noch ist der König im Hinblick auf die Prophezeiung der Hexen, dass „keiner, den eine Frau gebar“ ihm schaden könne, zuversichtlich, den Angriff seiner Feinde nicht fürchten zu müssen. Mitleid, Achtung und Liebe haben auch im Alter keinen Platz in seinem Herzen. Selbst die Nachricht vom Tod seiner Frau lässt Macbeth kalt:
Das Leben … was gilt es schon? …
Die Erzählung eines armen Idioten,
Luft und Schall, ohne Bedeutung!
Als dem König aber zugetragen wird, dass der Wald von Birman – das getarnte Heer – sich auf sein Schloss zubewege, greift er zu den Waffen und gibt für seine Krieger die Parole Aus: „Tod oder Ruhm!“ – „Tod oder Sieg!“
Bald dringen Malcolms Truppen in das königliche Schloss ein. Unter den Kämpfern ist auch Macduff. Er fordert Macbeth zum Duell, entschlossen, den Mord an seinen Kindern endlich zu rächen. Der König rät seinem Gegner zur Flucht – denn keiner, den eine Frau gebar, könne ihn besiegen. Macduff aber offenbart ihm, dass er nicht auf normale Art geboren, sondern „aus dem Mutterleib geschnitten“ worden sei – und streckt Macbeth nieder.
Das Volk und die Kämpfer grüßen nun Malcolm, Duncans Sohn, als ihren rechtmäßigen König. Dieser verspricht, dem Land treu zu dienen:
Vertraue auf mich, Schottland,
der Tyrann ist vernichtet!
Ich will die Freude über diesen Sieg
für uns ewig währen lassen!
(Alle Libretto-Zitate in deutscher Sprache aus: opera-guide.ch)