12. Dezember 2024

Smart Meter und Doofmann

… oder: Mein vergeblicher Kampf um den Stromverbrauchs-Überblick 

Sprachlich war ich bestens vorbereitet. Spätestens seit die Beatles ihre Romanze mit einem Parkuhr-Fräulein vertont haben („Lovely Rita, meter maid“), weiß man ja auch im deutschsprachigen Raum, dass der Meter ein Zähler ist. Und „smart“, also schlau, sind heute Telefone, Uhren oder Mercedes-Winzlinge. Warum sollte es also nicht auch ein Stromzähler sein?

Nicht einmal Verschwörungs-Befürchtungen, die die totale Überwachung des Haushalts postulierten, konnten meine Freude über den „Smart Meter“ trüben, der im Zählerschrank unseres Hauses installiert werden sollte. Denn das intelligente Wunderding sollte schließlich nicht nur den alten Stromzähler ersetzen, der jährlich – wie antiquiert! – mit physischen Augen abgelesen werden musste, damit der Stromlieferant wusste, wie hoch die Rechnung sein darf. Es sollte auch eine genaue Kontrolle darüber ermöglichen, wo im Haushalt Stromfresser lauern und wie gespart werden kann. Online, jederzeit. Wow!

Die Installation verlief reibungslos und wortkarg. Meine laienhafte und noch ganz auf die analoge Zeit ausgerichtete Frage, mit welchem Zählerstand denn das Smart-Zeitalter für mich beginne, wischte der junge Techniker, nachdem er mit dem Umbau fertig war, mit demonstrativem Unmut vom Tisch. Das wisse er nicht und könne er nicht ablesen. Ob ich denn lieber wieder den alten Zähler installiert haben wolle?

Mangels echter Alternative entschloss ich mich, meinem renommierten Energieversorger zu vertrauen und mir von kommunikativen Unzulänglichkeiten die Freude am Smart Meter nicht trüben zu lassen.

In den folgenden Wochen versuchte ich vergeblich herauszufinden, wie viel Strom unser Haushalt in welchem Zeitraum verbraucht. Eine Fehlermeldung auf der Webseite meines Energienetz–Betreibers mahnte mich zur Geduld. Die Verbindung zum Smart Meter in unserem Haushalt sei noch nicht stabil. 

Schließlich – immerhin war seit der Installation mehr als ein halbes Jahr ins Land gezogen – bezweifelte ich, dass diese sensible Verbindung jemals von selbst tragfähig werden würde und wandte mich an den Kundendienst. Man versprach Abhilfe, und einige Zeit später kam die Nachricht, dass nun alles funktioniere. 

Allerdings zeigte die Webseite weiterhin nur die altvertraute Fehlermeldung. 

Die zweite schriftliche Intervention war erfolgreicher. Etwa acht Monate nach der Installation wurden tatsächlich erstmals aktuelle Verbrauchsdaten angezeigt. Noch nichts, was brauchbare Vergleiche oder Rückschlüsse auf andauernde Stromfresser im Haushalt zugelassen hätte, aber immerhin. 

Motiviert von diesem Online-Erweckungs-Erlebnis, auf der Webseite endlich mehr als nur Fehlermeldungen vorzufinden, wollte ich vom Kundendienst nun wissen, ob und wann auch detailliertere Auswertungen des Smart Meters verfügbar sein würden.

Die erhellende Antwort lautete: „Vielen Dank für Ihre Nachricht. Ab dem Datum, ab den [sic!] Ihr Smart Meter auch smart ist, können Sie die Daten abrufen. Sie können Ihre Verbrauchsstatistik im Serviceportal einsehen, sowie den Konfigurationstyp (IMS, IME oder DSZ) Ihres Smart Meters ändern.“

Zehn Monate nach Installation des Geräts weiß ich nun also, dass ein Smart Meter auch nicht smart sein kann und dass ich meinen Wissensdurst womöglich via IMS, IME und DSZ befriedigen kann.

Ich ahne natürlich, dass mir die Nachricht meines Energienetzbetreibers zwischen den Zeilen verdeutlichen sollte, dass ich ein ziemlicher Doofmann bin. Oder, smarter und digital treffsicher ausgedrückt, ein PIBCAD („Problem is between chair and display“).

Nach den Lektionen in Geduld übe ich nun die Gelassenheit.