24. April 2024

Die „Majestät“ wird anerkannt

Die Fledermaus

• Eine Operette in drei Aufzügen von Johann Strauß

Libretto: Karl Haffner (1804–1876) und Richard Genée (1823–1895)
Musik: Johann Strauß (1829–1899)
Uraufführung: 5. April 1874, Wien (Theater an der Wien)
Dauer: ca. 2,5 Stunden

Aufzüge:
1. Zimmer im Hause Eisensteins
2. Salon und Garten der Villa Orlofsky
3. Kanzlei des Gefängnisdirektors Frank

Hauptpersonen:
Gabriel von Eisenstein, Rentier: Tenor
Rosalinde, Eisensteins Frau: Sopran
Frank, Gefängnisdirektor: Bariton
Prinz Orlofsky: Mezzosopran
Alfred, Gesangslehrer: Tenor
Dr. Blind, Advokat: Tenor
Dr. Falke, Notar: Bariton
Adele, Kammermädchen: Sopran

Kurze Werkeinführung

„Die Fledermaus“ ist nicht nur die bedeutendste Operette des österreichisch-deutschen Komponisten und „Walzerkönigs“ Johann Strauß (1825–1899; zur Unterscheidung von seinem gleichnamigen Vater [1804–1849], der ebenfalls Kapellmeister und Komponist war, als „Johann Strauß [Sohn]“ bezeichnet), sondern sie gilt auch als die „Königin der Operetten“ sowie als Höhepunkt der „Goldenen Wiener Operettenära“ (ca. 1860–1900). „Die Fledermaus“ (voller Name: „Die Rache einer Fledermaus“) zählt zu den wenigen Operetten, die bis heute regelmäßig auch an großen Opernhäusern gespielt werden, vorzugsweise zum Jahreswechsel.

Dem Libretto der Oper liegt die Komödie „Das Gefängnis“ des deutschen Dichters, Schauspielers und Theaterdirektors Roderich Benedix (1811–1873) zugrunde. Der österreichische Librettist und Komponist Richard Genée (1823–1895) erweiterte diesen Stoff, der zunächst auch schon von Karl Haffner (1804–1876), einem deutschen Dramatiker, bearbeitet worden war, zu einem idealen Operettentext. Und dieser inspirierte Johann Strauß dermaßen, dass der „Die Fledermaus“ in kürzester Zeit fertig komponiert hatte – angeblich innerhalb von nur sechs Wochen.

Die Operette spielt in einem Badeort nahe einer großen Stadt im zeitlichen Rahmen ihrer Uraufführung (1874) und ist seitdem ein anhaltender Publikumserfolg.

Gottfried Kraus schreibt in seinem Begleittext zu einer (großartigen) Aufführung der Wiener Staatsoper vom 31. Dezember 1980 (Regie: Otto Schenk), die als Film auf DVD erhältlich ist: „Die handfeste Posse mit ihren an sich banalen Charakteren und Situationen erhält durch die Musik etwas Schwebendes, leichtes, Irreales, in dem sich die Wirklichkeit aufzulösen scheint.“ – „Glücklich ist, wer vergisst, was doch nicht zu ändern ist“ – diese Textzeile aus der Fledermaus könne „als Quintessenz einer vielleicht sehr österreichischen Lebensphilosophie verstanden werden.“

Die Handlung

Kurz und gut

Champagner führt zu lustorientierten charakterlichen Verformungen, die sogar einem gelangweilten russischen Prinzen den ersehnten Kick geben.

1. Aufzug: Zimmer im Hause Eisensteins

Adele, das Kammermädchen im Hause Eisensteins, erfährt aus einem Brief ihrer Schwester, dass Orlofsky, ein junger, reicher russischer Prinz, an diesem Abend zu einem „Grand Souper“ einlädt. Sie will sich auf diesem Fest amüsieren und bittet Ihre „Gnädigste“, Rosalinde Eisenstein, ihr ausnahmsweise frei zu geben. Ihre arme Tante sei erkrankt, sie wolle sie besuchen.

Indes ertönt lautstark Gesang – oder „Gewinsel“, wie Adele befindet: Alfred, ein Gesangslehrer, ist auf der Suche nach Rosalinde, die er von früher kennt. Die von ihm heiß Begehrte solle nun, wie er sich wünscht, sein „Verlagen stillen“.

Rosalinde erkennt die Tenor-Stimme ihres alten Verehrers sofort. Aber sie will der Versuchung, mit Alfred allein zu sein, nicht nachgeben – umso weniger, als ihr Mann, Gabriel von Eisenstein, in nächster Zeit nicht zu Hause sein wird. Der soll nämlich bald eine Arreststrafe antreten – wegen Beleidigung einer Amtsperson. Also verwehrt Rosalinde ihrem Kammermädchen zunächst den Besuch ihrer „kranken Tante“.

Doch Alfred ist als Verehrer hartnäckig und lässt sich nicht abwimmeln. Als ihn Rosalinde mit dem Ausruf: „Himmel, wenn mein Mann erschiene!“ fortschicken will, besteht er darauf, später in der Nacht wiederkommen zu dürfen – denn dann würde diesbezüglich keine Gefahr mehr bestehen, schließlich müsse Gabriel ja „brummen“.

Dieser betritt bald danach wütend das Haus, begleitet von Dr. Blind, seinem Anwalt. Durch dessen Unfähigkeit war seine Strafe noch verschärft worden. Er wird für acht Tage ins Gefängnis müssen. Rosalinde kann ihren Mann nicht aufheitern. Dies gelingt erst einem Freund, der nun im Hause Eisenstein auftaucht: Dr. Falke, ein Notar, berichtet Gabriel von dem bevorstehenden Fest in der Villa Orlofskys. Der russische Prinz würde hier im Ort sagenhafte Summen verschwenden, sich mit hübschen Frauen umgeben und habe ihn ermächtigt, „einige junge Lebemänner“ zu seinem Fest einzuladen. Gabriel solle doch noch eine rauschende Nacht in Orlofskys Villa verbringen, er werde ihn als „Marquis Renard“ einführen, ehe er sich dann am Morgen beim Gefängnisdirektor melden könne.

Dieser Gedanke gefällt Eisenstein außerordentlich. Er erinnert sich an ein anderes Kostümfest, bei dem er seinem Freund Falke, der damals als Fledermaus maskiert gewesen war, einen unvergesslichen Streich gespielt hatte. Sofort wirft er sich in Schale – zur größten Verwunderung seiner Frau, die er im Glauben lässt, er bereite sich mit Frack und Zylinder auf die „geschlossene Gesellschaft“ im Gefängnis vor.

Bald nehmen die Ehegatten „traurig“ voneinander Abschied – Gabriel von Eisenstein in der Vorfreude auf seine Rolle als „Marquis Renard“, und Rosalinde im Gedanken, ihrem alten Verehrer in dieser Nacht eine Chance zu geben. Also gewährt sie ihrem Kammermädchen Adele doch den ersehnten Urlaub und empfängt kurz danach Alfred.

Dieser fackelt nicht lange, macht es sich im Haus gemütlich, schlüpft sogar in Eisensteins Schlafrock und stimmt ein Trinklied an:

Trinke, Liebchen, trinke schnell,
Trinken macht die Augen hell.
Sind die schönen Äuglein klar,
Siehst du alles licht und wahr …

Doch Rosalindes Techtelmechtel mit Alfred wird jäh unterbrochen: Frank, der Gefängnisdirektor erscheint, um Eisenstein, den er nicht persönlich kennt, abzuholen. Als er an der Seite von Frau Eisenstein den Mann im Schlafrock erblickt, sieht Alfred, um Rosalinde zu schützen, keinen anderen Ausweg, als sich als deren Gemahl auszugeben – und sich schließlich abführen zu lassen …

2. Aufzug: Salon und Garten der Villa Orlofsky

Das Fest im Gartensalon des russischen Prinzen hat begonnen. Dr. Falke verspricht dem jungen Orlofsky, den sein sattes Leben zu Tode langweilt, dass er an diesem Abend noch viel zu lachen haben würde.

Da erscheint auch schon Adele – elegant gekleidet, da sie sich Rosalindes Garderobe ausgeborgt hat. Falke stellt sie Orlofsky als Olga vor, eine junge Künstlerin.

Als kurz danach auch „Marquis Renard“ eintritt – Eisenstein –, hegt er natürlich sofort den Verdacht, Olga sei in Wirklichkeit sein Stubenmädel, doch Adele weist diese Vermutung keck zurück.

Und noch zwei besondere Gäste finden sich ein: Ein Mann, der als „Chevalier Chagrin“ in die Gesellschaft aufgenommen wird (und niemand anderer ist als Gefängnisdirektor Frank), sowie eine geheimnisvolle ungarische Gräfin – Rosalinde, dermaßen geschickt maskiert, dass auch ihr Mann sie nicht erkennt.

Adele, Gabriel Eisenstein, Frank und Rosalinde treffen auf Orlofskys Fest in Wirklichkeit nur deshalb zusammen, weil Falke das geschickt arrangiert hat. Er hatte in Wirklichkeit den Brief geschrieben, von dem Adele glaubt, ihre Schwester habe ihn geschrieben. Und er hatte letztlich auch Rosalinde eingeladen – mit dem Hinweis, sie werde auf diesem Fest ihren Ehemann treffen, der sich, statt im Gefängnis zu schmachten, hier eine vergnügte Nacht gönne.

All das ist Teil eines Planes: Frank war seinerzeit nach einem Kostümball kräftig blamiert worden: Eisenstein hatte ihn an einem Aschermittwoch früh morgens betrunken in seinem Fledermauskostüm ausgesetzt, so dass er am hellen Tag unter dem Gespött der Schulkinder nach Hause gehen und fortan den Spitznamen „Fledermaus“ ertragen musste.

Jetzt aber nimmt – gleichzeitig zur Erheiterung Orlofskys – die Rache der Fledermaus Fahrt auf …

Eisenstein ist von der „ungarischen Gräfin“ fasziniert und beginnt als „Marquis Renard“ die schöne Unbekannte zu umgarnen. Rosalinde spielt mit, und es gelingt ihr im Verlauf des Techtelmechtels, ihrem Mann seine Taschenuhr zu entwenden. Später soll sie als Beweisstück für seine Untreue dienen:

Statt zu schmachten im Arreste
Amüsiert er sich aufs Beste,
Denkt ans Küssen statt ans Büßen;
Warte nur, du Bösewicht,
Du entgehst der Strafe nicht!

Vom Champagner schon ziemlich angeheitert, erzählt Eisenstein den Gästen dann die Geschichte von der „Fledermaus“ – in der Gewissheit, dass ihn selbst ein solcher Streich nicht treffen könne. Er sei stets auf der Hut …

In ausgelassener Stimmung („Die Majestät wird anerkannt … Es lebe Champagner der Erste!) verfliegt die Nacht, Orlofsky amüsiert sich köstlich – und schließlich schlägt die Turmuhr sechs. Also müssen sich „Marquis Renard“ und „Chevalier Chagrin“ – Gabriel Eisenstein und Gefängnisdirektor Frank –, die sich inzwischen dicke Freunde geworden sind, aber nichts von der eigentlichen Identität ihres Gegenübers wissen, aufmachen in Richtung Gefängnis.

3. Aufzug: Kanzlei des Gefängnisdirektors Frank

Gefängnisdirektor Frank hat – ziemlich betrunken – seine Kanzlei betreten, wo der – noch stärker betrunkene – Zellenschließer Frosch Bericht über die Vorfälle der vergangenen Nacht zu erstatten versucht.

Kurz danach erscheint – gemeinsam mit ihrer Schwester – Adele. Sie gesteht Frank, dem vermeintlichen Chevalier, ihre wahre Identität. Sie sei nur ein Stubenmädchen, aber sie habe großes Talent für die Bühne. Er könne ihr doch helfen und sie ausbilden lassen. Franks Frage, ob sie denn ausreichend Talent habe, beantwortet Adele mit einem neckischen Lied:

Spiel ich die Unschuld vom Lande,
Natürlich im kurzen Gewande,
So hüpf’ ich ganz neckisch umher,
Als ob ich ein Eichkatzerl wär’.
Und kommt ein saub’rer junger Mann,
So blinzle ich lächelnd ihn an,
Durch die Finger zwar nur
Als Kind der Natur,
Und zupf an meinem Schürzenband,
So fängt man Spatzen auf dem Land.

Kurz darauf betritt Eisenstein Franks Kanzlei, um seine Arreststrafe anzutreten. Nun führt kein Weg mehr daran vorbei, dass die beiden Freunde einander ihre wahren Identitäten preisgeben: „Chevalier Chagrin“ gesteht, dass er gar kein Chevalier, sondern Direktor des Gefängnisses ist, und „Marquis Renard“ gibt sich als Eisenstein zu erkennen.

Das aber hat Folgen. Denn als Frank berichtet, dass bereits jemand inhaftiert sei, der sich als Gabriel Eisenstein ausgegeben habe, dämmert es diesem, dass da wohl jemand seine Abwesenheit für ein Rendezvous mit seiner Frau benutzt habe …

Nachdem ihm klar geworden ist, dass es sich bei dem Inhaftierten um Alfred handelt und nun auch Rosalinde unerwartet in Franks Kanzlei auftaucht, greift Eisenstein zu einem Trick: Er schlüpft in die Robe des Dr. Blind und beginnt die beiden als „Advokat“ zu verhören, um zu erfahren, was in der Nacht alles geschehen ist.

Doch es dauert nicht lange, und Eisenstein ist wegen seiner unbeherrschten Eifersucht durchschaut. Als Rosalinde ihm dann noch die Uhr vorweist, die sie dem heftig mit ihr – der „ungarischen Gräfin“ – flirtenden „Marquis Renard“ abgenommen hatte, wird Eisenstein ziemlich kleinlaut.

Schließlich treffen auch Orlofsky, Dr. Falke und die Festgesellschaft in Franks Büro ein. Den russischen Prinzen haben die Ereignisse aufs Höchste amüsiert. Und der bloßgestellte Eisenstein begreift, dass die ganze Inszenierung ihm gegolten hat. Seinem Freund Falke, der „Fledermaus“ von einst, ist die Rache gelungen.

Aber natürlich wird Rosalinde ihrem „treuen Gabriel“, wie Eisenstein sich selbst augenzwinkernd bezeichnet, vergeben, denn nur der „Champagner hat’s verschuldet“, der „König aller Weine“ sei für die charakterlichen Verformungen verantwortlich.

Als klare Gewinnerin geht aus all den Turbulenzen Adele hervor: Denn Orlofsky ist auch Kunstmäzen, und der russische Prinz verspricht nun, sie zu fördern. Sie habe bei seinem Fest großes Talent bewiesen, und das lasse er sich nicht entgehen …

Hinweis: Alle Zitate stammen aus dem Original-Libretto.