Elektra
• Oper in einem Aufzug von Richard Strauss •
Libretto: Hugo von Hofmannsthal (1874–1929) •
Musik: Richard Strauss (1864–1949) •
Uraufführung: 25. Januar 1909, Dresden (Königliches Opernhaus)
Dauer: ca. 2 Stunden
Bild:
Der Innenhof des Palastes von Mykene
Hauptpersonen:
Klytämnestra, die Witwe Agamemnons: Mezzosopran
Elektra, Klytämnestras Tochter: Sopran
Chrysotemis, Elektras Tochter: Sopran
Aegisth, Klytämnestras neuer Gemahl: Tenor
Orest, Elektras Bruder: Bariton
Kurze Werkeinführung
Richard Strauss’ Meisterwerk „Elektra“ schöpft aus der griechischen Mythologie: Agamemnon, der Herrscher von Mykene und der Führer der Griechen im Trojanischen Krieg, ist nach seiner Rückkehr von seiner Frau Klytämnestra und ihrem Geliebten Aegisth im Bad seines eigenen Palastes ermordet worden.
Elektra, die Tochter Agamemnons und Klytämnestras, hat ihren jüngeren Bruder Orest nach dieser Tat außer Landes in Sicherheit gebracht und hofft nun, dass er eines Tages den Mord an seinem Vater rächen wird. Sie selbst konnte die abscheuliche Tat ihrer Mutter nie vergessen und wartet auf den Tag der Vergeltung …
Als Textdichter von „Elektra“ war für Richard Strauss erstmals der österreichische Dramatiker Hugo von Hofmannsthal (1874–1929) tätig. Die Zusammenarbeit zwischen den beiden Künstlern gilt als eine der erfolgreichsten in der Operngeschichte. Aus ihr gingen später noch bedeutende Werke wie „Der Rosenkavalier“ und „Arabella“ hervor.
Als literarische Grundlage diente Hugo von Hofmannsthal das Theaterstück „Elektra“ des griechischen Tragödiendichters Sophokles (ca. 500 v. Chr.).
Richard Strauss hatte zunächst Bedenken, nach seiner 1905 uraufgeführten „Salome“ erneut einen so düsteren Stoff zu vertonen, aber Hofmannsthal konnte alle Vorbehalte des Komponisten zerschlagen, und schließlich gelang Strauss mit seiner „Elektra“, wie er selbst schrieb, „sogar noch eine Steigerung in der Geschlossenheit des Aufbaus“ gegenüber der „Salome“.
Die Uraufführung in Dresden war zwar kein sensationeller, aber doch ein achtbarer Erfolg, und über die Jahre etablierte sich „Elektra“ als eines der größten Meisterwerke von Richard Strauss auf allen großen Opernbühnen der Welt. Es wird bis heute häufig gespielt und ist auf zahlreichen Bild- und Tonaufnahmen in hoher künstlerischer Qualität dokumentiert.
Die Handlung
Kurz und gut
Wer lange nur nach Rache sinnt, kann unter der Last des Glücks zusammenbrechen, wenn sie dereinst vollzogen ist. Allerdings sind die Ereignisse, die Elektras ekstatischem Ende vorangehen, auch nicht von den besten Eltern.
Der Innenhof des Palastes von Mykene
Die meisten Mägde des Palastes von Mykene haben sich damit arrangiert, dass Klytämnestra nun gemeinsam mit Aegisth herrscht. Dafür, dass Elektra immer noch den Tod ihres Vaters beklagt, haben sie nur Spott übrig. Lediglich eine der Mägde erkennt, wie sehr Klytämnestras Tochter leidet und steht zu ihr: „Ist sie nicht ein Königskind und duldet solche Schmach! Ich will die Füsse ihr salben und mit meinem Haar sie trocknen.“
Bald danach gedenkt Elektra – allein, wie schon so oft – der Ermordung ihres Vaters:
Agamemnon! Agamemnon!
Wo bist du, Vater? Hast du nicht die Kraft,
dein Angesicht herauf zu mir zu schleppen?
Es ist die Stunde, unsre Stunde ist’s!
Die Stunde, wo sie dich geschlachtet haben,
dein Weib und der mit ihr in einem Bette,
in deinem königlichen Bette schläft.
Sie schlugen dich im Bade tot, dein Blut
rann über deine Augen, und das Bad
dampfte von deinem Blut, da nahm er dich,
der Feige, bei den Schultern, zerrte dich
hinaus aus dem Gemach, den Kopf voraus,
die Beine schleifend hinterher: dein Auge,
das starre, offne, sah herein ins Haus.
Der Gedanke an die Stunde der Vergeltung, in der ihr Bruder Orest den Mord an Agamemnon rächen würde, hält Elektra aufrecht.
Da erscheint Chrysothemis, ihre Schwester. Elektras finstere Rachegedanken sind ihr fremd, sie fühlt sich durch deren starre, hasserfüllte Haltung selbst wie „mit Eisenklammern an den Boden geschmiedet“. Denn ihre Mutter erlaube ihr bis heute nicht, ein eigenes Leben zu führen, den Palast zu verlassen, es herrsche überall die Angst, und daran sei Elektra schuld. Und nun, warnt Chrysothemis ihre Schwester, habe Klytämnestra vor, Elektra in einen Turm zu werfen, wo sie kein Sonnen- und kein Mondlicht mehr sehen werde.
Elektra will daraufhin mit ihrer Mutter „reden wie noch nie“.
Klytämnestra fürchtet ihre Tochter und leidet unter Albträumen. Als sie Elektra fragt, ob sie denn kein Mittel gegen ihre Träume kenne („Ich habe keine guten Nächte“), weiß diese sofort Rat: Sobald der Mord an Agamemnon gerächt sei, wenn „das rechte Blutopfer unter’m Beile fällt, dann träumst du nicht länger!“
Und Elektra lässt keinen Zweifel daran, dass das Beil bald fallen werde, geführt durch einen Mann – ihren Bruder Orest.
Klytämnestra tut diese Drohung ab, indem sie sich auf ein Gerücht beruft. Sie habe gehört, dass Orest über die Jahre schwachsinnig geworden sei und nun „nicht Mensch und Tier zu unterscheiden“ wisse.
Das zunehmend hasserfüllte Gespräch der beiden wird zuletzt durch eine Vertraute Klytämnestras unterbrochen, die eine Schreckensnachricht bringt: Orest sei tot!
Elektra ist entsetzt – und muss nun auch noch miterleben, dass ihre Mutter sich über die Nachricht vom Ableben ihres Sohnes freut …
Obwohl ihr auch Chrysothemis bestätigt, was sich schon überall herumgesprochen hat, dass Orest „gestorben dort in fremdem Land“ sei, „von seinen Pferden erschlagen und geschleift“, will sie nicht so recht an den Tod ihres Bruders glauben. Dennoch entschließt sich Elektra, die geplante Tat selbst auszuführen – noch in dieser Nacht. Das Beil, mit dem ihr Vater erschlagen worden sei, habe sie für Orest aufbewahrt; nun werde sie es selbst benutzen, und Chrysothemis solle ihr dabei behilflich sein.
Doch die zart besaitete Schwester schreckt vor einer solchen Tat zurück („Ich kann nicht!“). Also entschließt sich Elektra, sie allein auszuführen.
In dem Moment erscheint ein Fremder am Hof, um den Tod Orests zu melden. Im Gespräch mit der verbitterten Elektra („Ich bin das hündisch ergossene Blut des Königs Agamemnon!“) erkennt er bald, wen er vor sich hat – und gibt sich ihr zu erkennen: Der Fremde ist Orest; die Nachricht von seinem Tod war nur eine Finte gewesen.
Elektras Bruder ist bereit, den Mord am Vater zu rächen und macht sich sofort auf in den Palast, um die Tat auszuführen. „In entsetzlicher Spannung“ bleibt Elektra wartend zurück. Da wird ihr bewusst, dass keine Zeit geblieben war, um Orest das Beil zu geben. („Ich habe ihm das Beil nicht geben können. Es sind keine Götter im Himmel!“)
Doch ihr „furchtbares Warten“ findet bald ein Ende. Der gellende Schrei Klytämnestras ertönt. Orest hat sie mit einem im Palast versteckten Schwert getötet. Der nun aufgeschreckte Aegisth, dem Elektra selbst noch im Palast den Weg zu Orest weist, stirbt ebenfalls unter seiner Hand. Aegisths verzweifelte Hilferufe sind ungehört verhallt.
Unter den Dienern Dienerinnen des Palastes spricht sich rasch herum, was geschehen ist, und schon tönen „Orest“-Chöre durch die Räume.
Chrysothemis vermeldet ihrer Schwester erfreut den Sieg des Bruders. Elektra gesellt sich nun – wie entrückt – unter die anderen. „Sie hat den Kopf zurückgeworfen wie eine Mänade. Sie wirft die Kniee, sie reckt die Arme aus, es ist ein namenloser Tanz, in welchem sie nach vorwärts schreitet.“
Chrosothemis beobachtet sorgenvoll das eigentümliche Verhalten ihrer Schwester.
„Elektra!“ ruft sie. Doch die starrt nur auf sie hin und herrscht sie an:
Schweig, und tanze. Alle müssen herbei! hier schliesst euch an!
Ich trage die Last des Glückes, und ich tanze vor euch her.
Wer glücklich ist wie wir, dem ziemt nur eins:
schweigen und tanzen!
„Sie tut noch einige Schritte des angespanntesten Triumphes“, dann bricht Elektra tot zusammen.
Verzweifelt ruft Chrysothemis nach Orest.
(Zitate aus dem Libretto)