1. Dezember 2024

„Komm unter meinen Mantel!“

Il tabarro

• Oper in einem Akt von Giacomo Puccini 

Libretto: Giuseppe Adami (1878–1946) 
Musik: Giacomo Puccini (1858–1924) 
Uraufführung: 14. Dezember 1918, New York (Metropolitan Opera)
Dauer: ca. 1 Stunde

Aufzug:
Ein Schleppkahn am Ufer der Seine in Paris

Hauptpersonen:
Michele
, ein alter Schiffer: Bariton
Giorgetta, Micheles junge Frau: Sopran
Luigi, ein Löscharbeiter: Tenor

Kurze Werkeinführung

Nachdem der italienische Komponist Giacomo Puccini seine Oper „La fanciulla del west“ abgeschlossen hatte, kam ihm der Gedanke, einen Zyklus von drei einaktigen Opern zu komponieren. Ein tragisches, ein lyrisches und ein heiteres Stück sollten gemeinsam das „Trittico“ bilden. „Il tabarro (Der Mantel)“ stellte Puccini auf der Grundlage einer Textdichtung des Dramatikers Giuseppe Adami als erstes fertig. 

Die tragische Oper spielt im Jahr 1910 auf einem Schleppkahn, der in Paris auf der Seine ankert. Die Handlung ist, wie häufig bei Puccini, typisch veristisch. Es geht also nicht um große Helden oder idealisierte Handlungen, sondern um das alltägliche Leben und Leiden einfacher Menschen, realistisch und auch sozialkritisch dargestellt.

„Il tabarro“ wurde 1918 in New York erfolgreich uraufgeführt und wird seither meist im Rahmen des von Puccini vorgesehenen Zyklus „Trittico“ gespielt, manchmal auch nur gemeinsam mit der ebenfalls einaktigen Oper „Gianni Schicci“.

Die Handlung

Kurz und gut …

Wenn ihr Ehemann Raucher ist, sollte eine Frau ihrem Liebhaber besser nicht über ein brennendes Streichholz signalisieren, dass die Luft rein ist.

Ein Schleppkahn am Ufer der Seine in Paris

Der Schleppkahn des grauhaarigen Schiffers Michele liegt am Ufer der Seine vor Anker und wird entladen. Die Männer plaudern, scherzen, trinken und freuen sich, in Paris zu sein.

Giorgetta, Micheles junge Frau, bringt ihnen das Essen und wendet sich dann an Luigi. Sie liebt den Löscharbeiter, versucht, so viel Zeit wie möglich mit ihm zu verbringen („Bebend denk’ ich noch an gestern Abend, an die Glut deiner Küsse!“), hat aber große Sorge, dass ihr Mann hinter die heimliche Beziehung kommen könnte („Wir sind tot, wenn er uns entdeckt“).

Die beiden wollen sich auch an diesem Abend treffen – später, wenn Michele schläft, und vereinbaren ein brennendes Streichholz als Signal. Sobald Luigi in der Nacht dieses Zeichen sehe, könne er an Bord kommen. 

Giorgetta fiebert diesem Augenblick bereits entgegen:

Ja! … Ein brennendes Zündholz!
O wie zittert‘ an meinem ausgestreckten Arm
das kleine Flämmchen!
Ich vermeinte ein Sternlein anzuzünden,
unserer Liebe Stern,
doch der soll niemals erbleichen!

Zunächst aber muss sie ihren Mann beruhigen, der schlaflos und in Melancholie versunken an das vergangene Jahr denkt – an die Zeit, als ihr verstorbenes Kind noch gelebt hatte. Giorgetta will an dieses tragische Ereignis nicht erinnert werden, aber Micheles Gedanken hängen der glücklichen Zeit nach.

Waren’s doch Abende wie dieser.
Wenn die Brise kühl war,
dann hüllt’ ich beide euch in meinen Mantel,
um euch zärtlich zu schützen,
fühlte auf meinen Schultern
eure blonden Häupter,
fühlte eure Münder
so nah dem eigenen Munde.
Und dann war ich so glücklich,
ah, so maßlos glücklich!
Nun ist es nicht mehr da,
und meine grauen Haare,
sie scheinen mir ein Hohn auf deine Jugend!

Giorgetta rät ihrem Mann zu Bett zu gehen („Beruh’ge dich, Michele. Ich bin müde, todmüde … komm!“). Doch der spürt nur zu deutlich, dass es seine Frau ihm nicht mehr in Liebe zugetan ist („Ah, sei wieder, sei wieder so wie damals“) und bleibt sinnend an Deck, während sich Giorgetta zurück zieht, ohne weiter auf die Sehnsucht ihres Mannes einzugehen.

Als Michele kurz danach ein Streichholz für seine Pfeife anzündet, glaubt der ganz in der Nähe schon wartende Luigi das vereinbarte Zeichen zu sehen und springt auf den Schleppkahn.

Michele bemerkt den Schatten in der Nacht, stellt Luigi wütend und zwingt ihm das Geständnis ab, dass Giorgetta der Grund für seinen nächtlichen Besuch ist. Als sich damit alle seine Befürchtungen bestätigen, erwürgt Michele den Liebhaber seiner Frau. Dessen Leiche wickelt er in den gleichen Mantel, mit dem er einst Frau und Kind gewärmt hatte.

Da kommt Giorgetta an Deck. Sie hat etwas gehört und wendet sich vorsichtig an ihren Mann: „Mich quält der Gedanke, dir wehgetan zu haben.“ Sie wolle Michele jetzt so nah wie möglich sein.

Ja, weiss ich doch, dass einst du zu mir sagtest:
„Wir tragen wohl alle ‘nen Mantel,
der verhüllt manchmal Freuden,
aber manchmal auch Leiden.“

„… und manchmal ein Verbrechen“, ergänzt Michele und lädt seine Frau ein: „Komm unter meinen Mantel, ja, komm!“

Als Giorgetta den Mantel öffnet, rollt ihr Luigis Leichnam vor die Füße. Während sie verzweifelt aufschreit, packt sie Michele „und biegt sie auf das Antlitz des toten Buhlen nieder“.

 

(Zitate aus dem Libretto; Übersetzung nach Opera Guide)