3. Mai 2024

„Mir ist, ich atme süßen Weiberduft!“

Don Giovanni

• Oper in zwei Akten von Wolfgang Amadeus Mozart

Libretto: Lorenzo da Ponte (1749–1838)
Musik: Wolfgang Amadeus Mozart (1756–1791)
Uraufführung: 29. Oktober 1787, Prag (Gräfliches Nationaltheater)
Dauer: ca. 3 Stunden, eine Pause

Akte:
1. Vorhof und Garten vor dem erleuchteten Palast des Komturs in Sevilla; ein Platz bei Sevilla mit Don Giovannis Schloss im Hintergrund; ein Garten; ein Saal in Giovannis Landschloss; Garten vor Giovannis Schloss
2. Eine einsame Straße in Sevilla; Vorhalle im Haus von Donna Anna; eine Halle auf dem Friedhof; ein Zimmer in Donna Annas Haus; ein Saal in Giovannis Landschloss

Hauptpersonen:
Don Giovanni: Bariton
Leporello, Don Giovannis Diener: Bass
Der Komtur: Bass
Donna Anna, Tochter des Komturs: Sopran
Don Ottavio, Annas Verlobter: Tenor
Donna Elvira, eine vornehme Dame aus Burgos, eine verlassene Geliebte Don Giovannis: Sopran
Masetto, ein Bauer, Zerlinas Bräutigam: Bariton
Zerlina, Masettos Braut: Sopran

Kurze Werkeinführung

„Don Giovanni“ zählt zu Mozarts bedeutendsten Opern und zu den größten Meisterwerken in der Geschichte des Musiktheaters überhaupt. Sie wird bisweilen als die „Oper aller Opern“ bezeichnet.

Im Mittelpunkt der in Sevilla verorteten Handlung steht ein spanischer Frauenheld, ein „lüsterner Wüstling“, dessen Geschichte ab dem 17. Jahrhundert in Form von Gedichten, Schauspielen und Opern immer wieder künstlerisch verarbeitet wurde. Ehe sich Wolfgang Amadeus Mozart (1756–1791) dieses Stoffs annahm, wurde der unmoralische Lebenswandel Don Giovannis (oder Don Juans) bereits sieben Mal als Oper vertont. Aber nur Mozarts 1787 in Prag uraufgeführtes Meisterwerk hielt sich bis heute auf den Spielplänen der Opernhäuser.

Mitverantwortlich für diesen Erfolg ist sicher auch Lorenzo da Ponte (1749–1838), Mozarts genialer Librettist. Ihm wird nachgesagt, selbst ein großer Frauenliebhaber gewesen zu sein. In Venedig hatte da Ponte den legendären Casanova (Giacomo Casanova de Seingalt, 1725–1798) kennengelernt, der ihm möglicherweise zusätzliche Inspirationen für die Arbeit am „Don Giovanni“ lieferte.

Das Thema des Frauenhelden „wurde durch Mozarts und da Pontes Stück zum Archetypus, mit dem sich Persönlichkeiten der europäischen Kulturgeschichte von E. T. A. Hoffmann bis Søren Kierkegaard neu auseinandersetzten“, befindet ein Wikipedia-Autor.

Jedenfalls ist „Don Giovanni oder Der bestrafte Bösewicht“ ein gelungenes musikalisches Meisterwerk mit einer offenbar bis heute ansprechenden Handlung. Der Titel-Charakter ist davon überzeugt, dass Frauen für ihn wichtiger sind, „als das Brot, das ich esse, als die Luft die ich atme“. Demnach hätte es sich kaum vermeiden lassen, dass es Hunderte in ganz Spanien waren, die er, Don Giovanni, erfolgreich erobert hat. Aber nun, zurück in der Heimatstadt Sevilla, wird der gewissensarme Schürzenjäger von seiner bewegten Vergangenheit eingeholt … und Leporello, sein Diener, kommt zunehmend ins Grübeln, ob er seinem skrupellosen Herrn nicht doch endlich die Gefolgschaft verweigern sollte.

Die Handlung

Kurz und gut …

Das traurige Schicksal eines reichen Adeligen sollte uns eine Lehre sein: Der Trieb, der den überzeugten Frauenhelden durch das Leben steuert, führt zum Strafgericht, tief unten in der Hölle.

1. Akt: Vorhof und Garten vor dem erleuchteten Palast des Komturs in Sevilla

Im nächtlichen Sevilla hat Don Giovanni, begleitet wie immer von seinem Diener Leporello, Probleme mit dem aktuellen Ziel seiner triebhaften Bedürfnisse: Donna Anna, selbst glücklich verlobt, will mit dem Unbekannten, der sie gerade körperlich bedrängt, nichts zu tun haben. Zunehmend laut zwingt sie ihn dazu, seine Identität preiszugeben. Der Lärm treibt Annas Vater, den alten Komtur, aus seinem Palast. Er sieht seine Tochter in Gefahr, will sie gegen den Wüstling verteidigen, schließlich kommt es zum Gefecht … und schon sinkt der Komtur tödlich verwundet zu Boden. Seine Hilferufe verhallen ungehört. Don Giovanni kann mit Leporello unerkannt fliehen.

Donna Anna hat indes Ihren Verlobten, Don Ottavio, zur Hilfe geholt. Als sie mit ihm am Ort des Geschehens eintrifft, findet sie entsetzt nur noch die Leiche Ihres Vaters vor. Nach dem ersten Schock fordert sie Ottavio auf, diese Untat zu rächen.

Ein Platz bei Sevilla mit Don Giovannis Schloss im Hintergrund

Der Morgen ist angebrochen, und Don Giovanni hat jeden Gedanken an nächtlichen Ereignisse verdrängt. Er verbietet Leporello, über den toten Komtur ein Wort zu verlieren und erinnert seinen Diener vergnügt daran, dass ihn schon am kommenden Abend eine andere reizende Donna besuchen werde, für die er „glühe“ und die ihn innig liebe.

„Doch still“, unterbricht Giovanni da sich selbst, irritiert durch eine vertraute Wahrnehmung, „mir ist, ich atme süßen Weiberduft!“ Ein weibliches Wesen scheint zu nahen …

Leporello bewundert den „feinen Geruchssinn“ seines Herrn, und beide machen sich sofort auf, um „das Terrain zu sondieren“. Tatsächlich trifft in diesem Moment eine Frau im Schloss ein: Donna Elvira, begleitet von ihrer Zofe.

Doch diese Begegnung soll Don Giovanni nicht wirklich gelegen kommen.

Zunächst erkennt er die Schöne nicht, will sie schon trösten, weil sie doch, wie er vermutet, sicher von ihrem Geliebten verlassen worden sei und nun neuen Halt suche. Aber bald ist klar: Elvira ist nur gekommen, weil sie ihn, Don Giovanni, als „ehrlosen Wicht und meineidigen Frevler“ zur Rede stellen will. Sie ist wütend, weil er sie, eine rosarote Zukunft malend, als „Gattin“ bezeichnet, verführt und dann, nach nur drei Tagen, verlassen hatte. Ein Treuebruch ohnegleichen, der gerächt sein will!

Don Giovanni verschlagen Elviras wütende Vorhaltungen die Sprache. Ihm fällt keine überzeugende Ausrede ein. „Gewisse Gründe“ hätten ihn „zu seinem Handeln gezwungen“, stammelt er, aber dieser „Ehrenmann“ – Giovanni weist auf seinen Diener – der könne ihr alles genau erzählen … Sagt es und stiehlt sich davon.

Leporello kommt der unangenehmen Aufgabe, das Verhalten seines Herren zu erklären, mit Hilfe eines Büchleins nach. In diesem hat er alle Eroberungen Don Giovannis verzeichnet – eine Auflistung, die doch sicher geeignet sein müsste, Donna Elvira zu trösten. Denn sie beweise, dass sie nicht das erste Opfer des umtriebigen Don Giovanni gewesen sei, und wohl auch nicht sein letztes sein werde („Madamina, il catalogo è questo“):

Schöne Donna! Dies genaue Register,
Es enthält seine Liebesaffären;
Der Verfasser des Werks bin ich selber;
Wenn’s gefällig, so geh’n wir es durch.
In Italien sechshundertundvierzig,
Und in Deutschland zweihundertunddreissig,
Hundert in Frankreich und neunzig in Persien,
Aber in Spanien schon tausend und drei.
Hier ein schlichtes Bauernmädchen,
Dort die Schönste aus dem Städtchen,
Kammerzofen, Baronessen,
Hochgeborene Prinzessen,
Mädchen sind’s von jedem Stande,
Jeder Gattung und Gestalt,
Schön und hässlich, jung und alt!
Bei Blondinen preist er vor allem
Holde Anmut und sanftes Wesen,
Bei Brünetten feste Treue,
Bei den Blassen süßes Schmachten.
Volle sucht er für den Winter,
Für den Sommer schlanke Kinder.
Große liebt er gravitätisch,
Ernst und vornehm, majestätisch.
Doch die Kleine, die sei possierlich,
Die sei manierlich, sei fein und zierlich.
Dass dies Büchlein Stoff erhalte,
Schwärmt er manchmal auch selbst für Alte.
Doch wofür er immer glühte,
Ist der Jugend erste Blüte …

Donna Elvira sackt fassungslos zusammen und bleibt dann klagend allein zurück.

Ein Garten

Indes finden sich Don Giovanni und Leporello in einem Garten ein. Inmitten singender und tanzender Bäuerinnen und Bauern bereitet sich Zerlina hier vergnügt auf ihre Hochzeit mit Masetto vor. Allerdings hat das hübsche Mädchen auch Giovannis Aufmerksamkeit erregt. Es drängt ihn daher, Zerlina allein zu sprechen, und er beauftragt Leporello mit einem Ablenkungsmanöver. Er möge doch gleich die ganze bäuerliche Gesellschaft auf sein Schloss führen, sie dort unterhalten und „reichlich mit Schokolade, Kaffee, Wein und feinen Speisen“ versorgen.

Leporello, selbst kleineren Flirts nicht abgeneigt, kommt dieser Auftrag durchaus gelegen. Allerdings weigert sich Masetto zunächst, seine Verlobte mit Don Giovanni allein zu lassen. Schließlich aber gibt er dem Drängen „seiner Exzellenz“ nach, denn Giovanni versichert, das „Zerlinchen“ als Kavalier zu beschützen und mit ihr demnächst auch beim Schloss einzutreffen. Seinen Wunsch, Masetto möge jetzt aber schleunigst aus dem Garten verschwinden, verleiht er mit einem Griff zum Degen Nachdruck.

Dann, endlich mit dem Ziel seiner Begierden allein, kommt Don Giovanni unmittelbar zur Sache: Sie, Zerlina, ein so „reizendes Kind“, ein so „liebes, goldiges Gesichtchen, zuckersüsses Mündchen“, dürfe doch nicht wirklich die „Beute eines plumpen Bauern“ werden. So etwas könne er als Kavalier nicht dulden. Er sei fest entschlossen, sie in sein Schloss führen – und zwar als seine Frau!

Zerlina fühlt sich geschmeichelt, einem Mann von so hohem Stand zu gefallen, aber sie hat Bedenken. Schließlich habe sich doch schon herumgesprochen, dass „ihr vornehmen Herren es mit uns Mädeln nicht immer ganz ehrlich meinen!“ – „Das ist Verleumdung“, entgegnet Don Giovanni empört, „nur vom Pöbel erfunden. Dem Adligen blicket die Ehre aus den Augen.“ Und es gelte, die Zeit zu nützen! „Ohne Aufschub“ wolle er sie nun als seine Auserwählte in sein Schloss führen.

Don Giovannis Werben und die Aussicht auf ein Leben an seiner Seite zeigen Wirkung. Flüchtig denkt Zerlina zwar noch an Masettos Schicksal, an die Enttäuschung, die sie ihm bereiten würde, ringt sich schließlich aber durch, dem edlen Herrn zu folgen: „Wohlan!“

Doch in ihrer rasch beschlossenen Seligkeit („Là cì darem la mano“ – „Reich mir die Hand, mein Leben“) kommen die beiden nicht weit. Donna Elvira hat Giovannis freches Werben mit angehört und stellt sich ihm entschlossen in den Weg:

Schändlicher, keinen Schritt mehr!
Der Himmel führt mich her, dich zu entlarven.
Noch ist es Zeit, diese arme Betrogene
Zu entreissen deinen frevelnden Händen.

Wütend offenbart Donna Elvira dem jungen Mädchen, dass Don Giovannis Werben pure Heuchelei und seine Worte nichts als Lügen seien; sie selbst habe das leidvoll erfahren.

Zerlina ist verunsichert. Giovanni versucht noch, sie durch neue Geschichten – Donna Elvira habe ihn „bis zum Wahnsinn“ geliebt, und er ihr nur seines „weichen Herzens“ wegen den Verliebten vorgespielt – an sich zu binden. Doch es gelingt ihm nicht. Zerlina flieht mit Elvira aus seiner Gegenwart.

Just als Don Giovanni nun sein Schicksal beklagt – „Heut’ will mir nichts gelingen“ –, treten auch noch Donna Anna und ihr Verlobter, Don Ottavio, auf den Plan, was ihn gehörig in Schrecken versetzt. Sollte ihnen zwischenzeitig etwa klar geworden sein, dass er es war, der den Komtur getötet hat?

Aber Don Giovanni kann aufatmen. Anna ihn in der vergangenen Nacht nicht erkannt. Sie schluchzt, immer noch den Tod ihres Vaters vor Augen, und wendet sich freundschaftlich an ihn, um Rat und Beistand bittend, auf dass der Übeltäter überführt werden könne. Giovanni fällt natürlich sofort in die Rolle des Kavaliers und Helfers:

O befehlt nur, edle Donna!
All’ mein Gut, diese Hand, diesen Degen,
Ja, mein Leben bring’ ich Euch mit Freuden zum Opfer!

Doch abermals läuft seine Heuchelei ins Leere. Denn wieder erscheint Donna Elvira im „richtigen“ Moment. Sie überschaut die Situation und wendet sich sofort mit einer unverblümten Warnung an Anna. Don Giovanni sei ein Verräter, er habe „ein falsches Herz“, „ein falsches Auge“, kurz, er sei ein Bösewicht.

Überrascht erleben Anna und Ottavio, wie dieses „edle Frauenbild“, diese glaubwürdige „holde Majestät“, den vermeintlichen Freund – offenbar aus tiefer Überzeugung – in ein neues Licht rückt. Vergeblich beschwört Don Giovanni Elvira, sie möge Fassung zeigen. Würde sie den Streit weiter in der Öffentlichkeit austragen, flüstert er erregt, drohe ihm und ihr Gefahr …

Aber eben diese Szene, der Tonfall in Giovannis Stimme, seine Haltung, sein Gehabe, öffnet Anna die Augen. Während er mit Elvira davoneilt, wird ihr schlagartig klar, dass niemand anderer als er der Gesuchte ist, der ihren Vater getötet hat und ihr die Ehre rauben wollte („Or sai chi l’onore“). Sie will Rache!

Ein Saal in Giovannis Landschloss; Garten vor Giovannis Schloss

Leporello hat indessen im Landschloss seines Herrn die bäuerliche Gesellschaft auftragsgemäß bewirtet und Donna Elvira, die sich immer noch wütend gebärdete, kurzerhand ausgesperrt. Don Giovanni ist hoch zufrieden mit ihm. Er hofft darauf, dass diese Nacht auf eine gelungene Orgie zusteuert. Leporello werde in den nächste Stunden gewiss zehn weitere Namen in sein Büchlein eintragen können …

Im Garten vor dem Landschloss bemüht sich Zerlina um Versöhnung mit Masetto. Sie versichert ihrem eifersüchtigen Verlobten, Don Giovanni habe sie nicht berührt. Masetto könne sie bestrafen, sie werde alles erdulden, wenn er dann nur wieder Frieden mit ihr schließen wolle („Batti, batti o bel Masetto“):

Wie ein Lamm will ich’s ertragen,
Fromm, ergeben, ohne Klagen,
Ohne jeden Widerstand.
Jede Strafe will ich dulden,
Schelten magst du mich und schlagen,
Dank dafür will ich dir sagen
Und noch küssen deine Hand,
Die liebe Hand …

Schließlich ist Masetto zwar besänftigt, aber immer noch unsicher, ob sich zwischen Zerlina und Don Giovanni nicht doch etwas anbahnt. Aus einem Versteck heraus will er beobachten, was weiter passiert.

Als Giovanni Zerlina erblickt, drängt er das Mädchen tatsächlich sofort wieder dazu, sich mit ihm zurückzuziehen, um gemeinsam „glücklich zu sein“: „Komm zur Laube, süße Taube!“ Doch dann findet er sich von Masetto beobachtet und läßt von seinem Vorhaben vorerst ab.

Kurz danach erscheinen drei maskierte Fremde auf dem Fest – es sind Elvira, Anna und Ottavio. Gemeinsam haben sie geplant, den „Frevler“ hier, in aller Öffentlichkeit, zu entlarven. Giovanni erkennt sie nicht und trägt Leporello auf, alle zum Tanz einzuladen. Er wolle sich die beiden Frauen in dieser Nacht schließlich nicht entgehen lassen …

Zunächst aber hat es Don Giovanni nach wie vor auf Zerlina abgesehen. Er beauftragt Leporello, Masetto abzulenken – was diesem nicht wirklich gelingt – und drängt Zerlina schließlich mit Gewalt in den Pavillon … aus dem bald laute Hilferufe ertönen.

Als die drei maskierten Gäste und Masetto der bedrängten Zerlina zu Hilfe eilen und die Tür aufstoßen, improvisiert Don Giovanni, indem er kurzerhand Leporello beschuldigt, Zerlina „beleidigt“ zu haben, und sich selbst als Retter ihrer Ehre präsentiert. Doch vergebens: Elvira, Anna und Ottavio legen nun ihre Masken ab – und klagen Giovanni an: „Bald soll alle Welt mit Grauen Dein verruchtes Herz durchschauen!“

Wie zur Bestätigung zieht am Himmel ein Sturm auf. Don Ottavio will ihn nun zum Zweikampf zwingen und den Tod des Komturs rächen, aber Elvira, die sich in ihren Rachegelüsten plötzlich unsicher geworden ist, hält ihn davon ab. Und so zieht sich Don Giovanni schließlich zurück – als Unhold entlarvt und bedroht „von des Donners Rachestimme“, aber aufrechten Hauptes: „Nie soll mein Mut erliegen, mag die Welt in Trümmer gehen!“

2. Akt: Eine einsame Straße in Sevilla

Leporello hat genug von den Eskapaden Don Giovannis, die, wie jüngst im Pavillon, auch für ihn selbst unangenehm sind. Er teilt seinem Herrn mit, nicht mehr weiter in seinen Diensten stehen zu wollen, ist aber offenbar nicht wirklich entschlossen, seines Wegs zu gehen. Ein paar Goldstücke reichen für einen Stimmungsumschwung. Und Leporellos Bitte, Don Giovanni möge sich künftig bezähmen, was das Betrügen von Frauen anlangt, findet kein Gehör. Seine Philosophie für den Umgang mit dem weiblichen Geschlecht ist ebenso einfach wie selbstgerecht:

Wer nur einer getreu ist,
Begeht ein Unrecht an den andern;
In meinem liebebedürftigen Herzen
Ist Raum genug für alle,
Und nur die Frauen, die das nicht begreifen,
Erklären diese Liebe für Betrug. 

Also wird sofort ein Abenteuer geplant. Don Giovanni hat ein Auge auf Donna Elviras Zofe geworfen. Um leichter an das Mädchen heranzukommen, fordert er Leporello auf, mit ihm die Kleider zu wechseln, denn „bei Leuten niedren Stands haben vornehme Kleider selten viel Kredit“.

Gesagt, getan. Schon schleichen die beiden zum Haus von Donna Elvira, die mich sich selbst hadert, denn trotz aller Erfahrungen ist ihr klar geworden, dass sie Don Giovanni immer noch zugetan ist.

Als sie nun unter ihrem Balkon seine Stimme hört („O komm herab, mein Liebchen!“), ist sie tatsächlich bereit, dem Untreuen, der ihr inbrünstig seine Zuneigung vorheuchelt („Ich schwöre dir auf’s Neue für Tod und Leben Treue“), eine weitere Chance zu geben.

Don Giovanni hat natürlich andere Pläne: Leporello soll Elvira an seiner Stelle in die Arme schließen, ihr mit nachgeahmter Stimme schmeicheln und sich dann mit ihr entfernen – so dass der Weg zu ihrer Zofe frei steht. Leporellos Bedenken, Elvira könnte diesen frechen Betrug bemerken, zerstreut er.

Das Vorhaben gelingt zunächst tatsächlich: Leporello gefällt sich in seiner Rolle des adeligen Herrn, Donna Elvira ist von „Giovannis“ unerwarteter Zuneigung ganz entzückt, während dieser der Zofe den Hof macht („Deh, vieni alla finestra“)

Feinsliebchen, komm an’s Fenster, erhör’ mein Flehen!
O eile, meinem Schmerz Balsam zu spenden.
Kannst meine Liebe du grausam verschmähen,
Dann mag ein rascher Tod mein Leben enden.
Dein honigsüßes Münd’chen hold mir lachte,
Lieblich strahlt mir dein Auge, wie Maiensonne!
Ach, dass in Liebespein ich nicht verschmachte,
Gönne mir einen Blick, du meine Wonne! 

Doch gerade als sich die Zofe am Fenster zeigt, muss Giovanni in Deckung gehen: Masetto zieht gemeinsam mit einigen Bauern auf der Suche nach ihm durch die Straßen. Schließlich entdeckt Masetto Don Giovanni, erkennt ihn in Leporellos Kleidung aber nicht und erzählt dem vermeintlichen Diener von dem Vorhaben, Giovanni zu töten. Diesem gelingt es, die Bauerngruppe zu zerstreuen, indem er sie für die weitere Suche in verschiedene Richtungen schickt. Als er mit Masetto allein ist, fackelt er nicht lange und verprügelt ihn.

Kurz darauf findet Zerlina ihren geschundenen Bräutigam. Sie ist fest entschlossen, ihn mit ihrer Liebe und Zuneigung zu heilen („Vendrai carino“); er solle dafür von seiner Eifersucht lassen.

Vorhalle im Haus von Donna Anna

Leporello sucht inzwischen nach einer günstigen Gelegenheit, Donna Elvira wieder loszuwerden und sich unerkannt zurückzuziehen. Doch daraus wird nichts: Anna und Ottavio tauchen auf. Sie meinen, Don Giovanni an seinen Kleidern erkannt zu haben, und stellen den „Schändlichen“ sofort zur Rede.

In seiner Not bleibt Leporello nichts anderes übrig, als das Verkleidungsspiel zu beenden. Er gibt sich zu erkennen – und hat damit im Nu auch Donna Elvira gegen sich. Sie fühlt sich einmal mehr betrogen und möchte den listigen Diener, wie die anderen, gebührend bestrafen. Doch Leporello gelingt es, zunächst mit Hinhalte-Argumenten – er habe nur die Befehle seines Herrn ausgeführt –, dann mit Hilfe seiner flinken Beine, seine Haut doch noch einmal zu retten.

Don Ottavio ist nun aber entschlossener denn je, den kaltblütigen Don Giovanni zur Rechenschaft zu ziehen („Seinem Richter wird er nicht entrinnen“), während die Frauen ihre tiefe Schmach beklagen.

Eine Halle auf dem Friedhof

Kurz darauf begegnen Leporello und Don Giovanni einander in der Friedhofshalle. Beide sind nach den turbulenten Ereignissen hierher geflüchtet, weil sie an diesem stillen Ort niemand vermuten würde.

Don Giovanni ist, wie immer, auf amouröse Abenteuer fokussiert. Gut gelaunt berichtet er seinem Diener von der jüngsten Begebenheit: Ein ihm fremdes Mädchen, wohl „eines von Leporellos Schätzchen“, habe ihn umarmt und geküsst. Er habe ihren Irrtum, den die getauschte Kleidung provoziert hatte, natürlich „für sich benutzt“, bis das Mädchen ihn erkannt und zu schreien begonnen habe. Amüsiert erinnert sich Don Giovanni an die Episode …

Leporello kann die heitere Stimmung seines Herrn indes nicht nachvollziehen – schon gar nicht an einem ernsten Ort wie diesem.

Da schwingt plötzlich eine drohende Stimme durch die Halle:

„Dein Lachen wird vergeh’n, ehe der Tag graut!“

Don Giovanni und Leporello horchen auf. Kann es tatsächlich sein, dass sie die Stimme des toten Komturs gehört haben, dessen Statue hier errichtet wurde? Erschrocken liest Leporello die Inschrift unter dem Standbild: „Hier warte ich der Rache an jenem Ruchlosen, der mir das Leben raubte!“

Don Giovanni aber lässt sich nicht aus der Ruhe bringen. Ihn amüsiert die Angst seines Dieners, und er beauftragt Leporello, dem Komtur auszurichten, dass er ihn heute Abend zum Essen erwarte.

Schlotternd gehorcht der Verängstigte („O statua gentilissima“), und die Statue des Komturs bestätigt zuletzt durch ein unheimliches Kopfnicken, dass der Einladung Folge geleistet wird.

Ein Zimmer in Donna Annas Haus

Der Tod ihres Vaters und die Erlebnisse mit Don Giovanni haben Donna Anna in eine schwermütige Stimmung versetzt. Als Don Ottavio ihr nun einen Heiratsantrag macht („Alles, was du verloren, kann schon morgen ich treulich dir ersetzen!“), weist sie ihn zurück. Sie sei ihm zwar „treu ergeben“, doch er möge „das Empfinden eines todwunden Herzens“ ehren. Es sei der falsche Zeitpunkt, um an gemeinsames Glück zu denken.

Don Ottavio bleibt nur die Hoffnung, dass Zeit die Schmerzen seiner Verlobten heilen werde …

Ein Saal in Giovannis Landschloss

Am Abend lässt sich Don Giovanni im Speisesaal seines Landschlosses bewirten, als unerwartet Donna Elvira erscheint. Sie ahnt Unheil, und es drängt sie, Giovanni ins Gewissen zu reden. Kniend bittet sie ihn darum, endlich „der Sünde zu entsagen“ – doch vergeblich.

„Bravo!“, quittiert Giovanni unbeeindruckt Elviras Flehen, „und nun lass mich essen. Wenn’s dir beliebt, speise mit mir.“

Empört verläßt Donna Elvira den Saal, und gleich danach hört Giovanni von draußen ihren entsetzten Schrei. Er schickt Leporello nachzusehen, was passiert ist – da ertönt auch dessen panischer Aufschrei, er stürzt zurück in den Speisesaal und berichtet verstört von einem steinernen Gast, der gekommen sei.

Don Giovanni öffnet die Tür – es ist der Komtur: „Du hast zum Nachtmahl mich geladen: ich bin gekommen.“

Während Leporello „halb tot vor Angst und Schrecken“ ist, bewahrt Don Giovanni Haltung. Und der Komtur kommt schnell zur Sache: Auch er wolle Giovanni nun einladen – zu einem Mahl im Reich der Toten. Ob er annehme? Leporello fleht seinen Herrn an, dies ja nicht zu tun, aber stolz antwortet Don Giovanni: „Wer hätte wohl im Leben jemals mich feig geseh’n?“.

Zur Bekräftigung seines Entschlusses reicht er dem Komtur die Hand, und sofort fühlt er Grabeskälte. Der Empfehlung des steinernen Gastes, nun, in der „letzten Stunde“, Reue zu zeigen, folgt Don Giovanni trotzdem nicht: „Nicht kenn’ ich Buß’ und Reue!“

Daraufhin naht, begleitet von heftigem Donnerschlag, das „Strafgericht“ für Don Giovanni, und im Versinken wird ihm erstmals wirklich bange:

Welch’ ungewohntes Angstgefühl
Fesselt und lähmt die Sinne mir,
Gewittersturm umbrauset mich
Und wilde Feuersglut …

Als kurz darauf Anna, Elvira, Zerlina, Ottavio und Masetto erscheinen, um gemeinsam Rache zu nehmen, erfahren Sie von Leporello, dass sie zu spät kommen. Don Giovanni werde bereits gerichtet …

Also stirbt, wer Böses tat.
Ja, dem Sünder wird Vergeltung,
Wenn die letzte Stunde naht! 

(Alle Zitate und alle unter Anführungszeichen gesetzten Textteile stammen aus dem Libretto der Oper; Übersetzung aus: opera-guide.ch)