Violanta
• Oper in einem Akt von Erich Wolfgang Korngold •
Libretto: Hans Müller-Einingen (1882–1950) •
Musik: Erich Wolfgang Korngold (1897–1957) •
Uraufführung: 28. März 1916, München (Hoftheater) •
Dauer: ca. 1,5 Stunden
Einziger Akt:
Ein Haus in Venedig
Hauptpersonen:
Simone Trovai, Hauptmann der Republik Venedig: Bariton
Violanta, Simone Trovais Gattin: Sopran
Alfonso, Sohn des Königs von Neapel: Tenor
Giovanni Bracca, Maler: Tenor
Bice, Violantas Kammerzofe: Sopran
Barbara, Violantas Amme: Alt
Matteo: Tenor
Kurze Werkeinführung
„Violanta“ ist ein Frühwerk des austroamerikanischen Komponisten, Dirigenten und Pianisten Erich Wolfgang Korngold (1897–1957), der diese Oper im Alter von 17 Jahren schrieb. Korngold galt in Wien als Wunderkind; er erregte schon im Alter von 11 Jahren große Aufmerksamkeit wegen seiner Kompositionskunst.
In den 1920-er und 1930-er Jahren war Korngold neben Richard Strauss der am meisten gespielte Opernkomponist Österreichs und Deutschlands.
Ab 1934, nach insgesamt vier Opern, widmete sich Korngold (bis 1946) vorrangig der Filmmusik-Komposition, setzte dabei in Hollywood neue Maßstäbe, wurde mehrfach für Oscars nominiert und zweimal mit dem begehrten Preis ausgezeichnet, darunter 1939 für den Abenteuerfilm „Robin Hood, König der Vagabunden“ (mit Errol Flynn und Olivia de Havilland).
Das Libretto zu „Violanta“ verfasste der österreichische Schriftsteller, Drehbuchautor und Regisseur Hans Müller-Einingen (1882–1950). Die Handlung spielt im 15. Jahrhundert in Venedig.
Uraufgeführt wurde das Werk mit großem Erfolg am 28. März 1916 im Hoftheater München. Nach dem Zweiten Weltkrieg geriet es, wie vieles andere aus Korngolds kompositorischem Schaffen, vorübergehend in Vergessenheit.
Doch in den vergangenen Jahrzehnten wurde „Violanta“ wiederentdeckt. 1980 entstand auch eine beeindruckende Audio-Gesamtaufnahme des Werks (Münchner Rundfunkorchester unter Marek Janowski, mit Walter Berry, Eva Marton und Siegfried Jerusalem in den Hauptrollen).
Die Handlung
Kurz und gut …
Violantas Gefühle zeigen, wie unsicher die Grenze sein kann zwischen leidenschaftlicher Liebe und Anstiftung zum Mord.
Ein Haus in Venedig
Durch die weit geöffneten Fenster im Haus von Simone Trovai, des Hauptmanns der Republik Venedig, dringt der Lärm des Karnevals. Mägde, Soldaten und Bedienstete erfreuen sich des munteren Treibens. Nur Matteo, ein junger Bursche, steht abseits an einer Wand, in Gedanken versunken. Er denkt an Violanta, die Frau des Hauptmanns, die er von Herzen liebt, und muss deshalb die spöttischen Bemerkungen einiger Soldaten und Mägde über sich ergehen lassen.
Violanta selbst hat allerdings anders im Sinn als einen schwärmerischen Jungen. Sie hat vor kurzem ihre Schwester Nerina verloren. Diese hatte sich nach einer unglücklichen Affäre mit dem Königssohn Alfonso das Leben genommen. Nun sinnt Violanta auf Rache und hat sich in das Karnevalstreiben begeben, um den verhassten Don Alonso endlich ausfindig zu machen.
Violantas Mann, Simone Trovai, leidet ebenfalls an den Folgen von Nerinas Freitod:
„Seit diesem Tod ist Violanta stumm,
Ein Ungeheures presst den Hals ihr zu,
Und im Geheimnis ihres Hasses
Weist sie von sich, was Mann sich nennt.“
Als Simone Trovai von seinem Freund Giovanni erfährt, dass Don Alfonso von Neapel nach Venedig gereist ist, um hier den Karneval zu sehen, macht auch er sich auf die Suche nach dem Königssohn. Er will den Mann finden, „dem ich schon lang ins Antlitz schauen wollte“.
Doch er kommt nicht weit. Denn er begegnet Violanta, die gerade vom Karneval zurückkehrt und ihrem Mann berichtet, dass sie Don Alfonso dort entdeckt habe. Es sei ihr gelungen, den Frauenhelden von den „Mädchen, die ihn umschwärmten“ fortzulocken und ihn mit Hilfe eines verruchten Liedes auf sich aufmerksam zu machen. Alfonso wisse nicht, dass sie Nerinas Schwester sei und werde demnächst hier im Haus eintreffen. Sie werde ihn empfangen – und er, Simone, solle die Gelegenheit nützen und den verhassten Königssohn töten:
„Ja, du wirst ihn töten!
Töt ihn, dass ich Dein Weib wieder bin!“
Zunächst zeigt sich Simone entsetzt, doch schließlich ist er bereit, den Plan seiner Frau in die Tat umzusetzen:
Violanta will Alfonso bezirzen und schließlich nochmals das Lied anstimmen, mit dem sie ihn auf sich aufmerksam gemacht hatte. Das soll für Simone das Zeichen sein, aus seinem Versteck zu treten, um die Tat auszuführen:
„Dicht Aug in Aug werd ich
Gegenüber ihm steh’n,
Ihm um das lachende Antlitz
Nerinas Seufzer peitschen.
Dann; dann, wenn der stolze Verführer
Ein stummes Nichts geworden ist,
Dann ruf ich Dich durch das Lied, dass Du ihn
Mitleidlos
Wie einen Dieb niederschlägst“
Bald leuchtet der volle Mond über der Lagune. Violanta hat sich von Barbara, ihrer alten Amme, das Haar lösen lassen und hört nun den Ruderschlag des Bootes, mit dem sich Don Alfonso dem Haus nähert.
Sofort als der Königssohn Violanta erkennt, offenbart er ihr in schwärmerischsten Tönen seine Bewunderung:
„Wie schön seid ihr, wie herrlich schön!
Wie traumhaft, wie zaub’risch, dieses Antlitz zu sehn!“
Violanta empfängt ihren Gast und bewegt ihn dazu, seinen Mantel und alle Waffen abzulegen. Als der Königssohn dann aber das Lied hören möchte, mit dem Violanta ihn auf sich aufmerksam gemacht hatte, gibt sie sich ihm als Schwester Nerinas und Frau des Hauptmanns von Venedig zu erkennen – und offenbart Alfonso, dass ihn nun der Tod erwarte:
„Bei dem ersten Takt des Liedes, das Ihr begehrt,
Schlägt Euch mein Mann zur Erde nieder!“
Doch Don Alfonso reagiert anders, als Violanta erwartet hatte. Er fürchte den Tod nicht („Sterben wollt’ ich oft, wenn mir mein Leben leer wie Tand erschien. Mir ist der Tod ein alter Spielgenoss’“), doch könne er es nicht ertragen, von jemandem, den er liebe, verachtet zu werden.
Und Alfonso erzählt Violanta von seiner unglücklichen Jugend. Seine Mutter sei bei seiner Geburt gestorben, der König sei ihm nie ein Vater gewesen, in seiner Kindheit habe ihn nie ein „treues Wesen“ umgeben – bis er mit dem „Feuer der Jugend“ in die Welt hinaus gezogen sei, als „Dursternder“, nach Liebe brennend. So sei er, von seinem Schicksal geführt, an Nerinas Lippen gelegen …
Violanta ist von Alfonsos Geschichte tief bewegt. Sie weiß, dass sie nun, als Signal für ihren Mann, das Lied anstimmen sollte. Doch sie verstummt jäh und bittet Alfonso zu gehen und nicht weiter mit ihr zu reden.
Alfonso begreift die Regung in Violantas Herzen, erkennt die aufflammende Liebe in ihrem Blick, und bald gestehen die beiden in größter Leidenschaft ihre Gefühle füreinander.
Und schließlich singt Violanta, von Alfonso dazu ermuntert, doch das gewünschte Lied, bis ihr „im Übermaß ihrer Erregung die Stimme versagt“, denn es erscheint wie gemacht für diese überwältigende Liebe:
„Aus den Gräbern selbst die Toten
Tanzen heut’ aus den Gräbern,
Tanzen Brust an Brust: alles Trübe ist verboten,
Heiß zum Himmel jauchzt die Lust.“
Als ihr Mann aus seinem Versteck tritt und mit dem Dolch in der Hand auf Alfonso los stürzt, versucht ihn Violanta davon abzuhalten. Doch ihre Worte („Töte ihn nicht, Simone! Ich lieb ihn!“) erzürnen den Hauptmann nur noch mehr („Bin ich zu Eurem Hohne da?“).
Er „führt mit seinem Dolch einen wilden Stoß gegen Alfonso“, aber Violanta wirft sich dazwischen „und fängt mit ausgebreiteten Armen den Stoß in ihre Brust auf.“
Im Sterben empfindet Violanta „höchstes Heil“ und die Freiheit „von Schuld … und Lust“.
Während Simone „wortlos erschüttert“ bei ihr kniet und Alfonso sich schluchzend abwendet, zucken die Lichter des Karnevals von Venedig wieder auf.
Hinweise:
Zitate aus dem Libretto lt. CD-Booklet „Violanta“, (CBS Masterworks, 1980)
Titelbild: Annemarie Kremer als Violanta und Michael Kupfer-Radecky als Simone in einer Aufführung des Teatro Regio Turin, 2020