Vicco von Bülows grandiose Filmkomödie „Pappa ante portas“
• Nachdem Heinrich Lohse, 59-jähriger Einkaufsdirektor der „Deutschen Röhren AG“, in den Vorruhestand versetzt worden ist, entschließt er sich, seine beruflichen Erfahrungen in die Führung des Haushaltes einzubringen. Eine herausfordernde Situation für seine Frau Renate, die tagsüber bisher ein recht angenehmes Leben geführt hatte … und nun erschreckt aufschreit, als unerwartet plötzlich ein Mann, den sie zu spät als den ihren erkennt, im Wohnzimmer steht.
„Ich wohne hier“, sagt er entschuldigend.
„Aber doch nicht jetzt, um diese Zeit!“
Rund um dieses Szenario entwickelte Vicco von Bülow (1923–2011), bekannt als Loriot, in seinem Spielfilm „Pappa ante portas“ ein humoristisches Meisterwerk, dessen Qualität auch nach Jahrzehnten besticht.
Dabei ist nie so wirklich klar, ob die zunächst kurios und überspitzt wirkenden Charaktere und Situationen lustig oder einfach nur entsetzlich lebensnah sind. Denn Loriot hat in seiner langen Karriere als Karikaturist, Schauspieler, Drehbuchautor, Regisseur, Bühnen- und Kostümbilder sowie Moderator regelmäßig vermeintlich leicht zu konsumierende Komödienkost serviert, die aber, kaum geschluckt, unauslöschliche Nachwirkungen entfaltet. In der Erkenntnis, dass der Mensch, vor allem der deutsche Mensch, genau so tickt wie die Figuren seiner Sketche und Filme, entpuppt sich der feinsinnige Humor des Meisters immer wieder als attraktives, aber nur hauchzartes Mäntelchen für nackte, schmerzhafte Wahrheiten.
Den Spielfilm „Pappa ante portas“ – eine Anspielung auf das geflügelte Wort „Hannibal ante portas“ („Hannibal vor den Toren“) – drehte Loriot im Alter von 67 Jahren. Er schrieb (in zehnmonatiger Arbeit) das Drehbuch, führte Regie und übernahm neben der Hauptrolle auch drei kleinere Nebenrollen. An seiner Seite – wie zuvor schon in zahlreichen TV-Sketches – ist die vielfach ausgezeichnete deutsche Schauspielerin Evelyn Hamann (1942–2007) zu sehen. Den Sohn, Dieter Lohse, spielt Gerrit Schmitt-Foß, inzwischen einer der gefragtesten deutschen Synchronsprecher (Leonardo di Caprio, Jim Parsons u. a.)
„Pappa ante portas“ war im Jahr seines Erscheinens (1991) der erfolgreichste deutsche Kinofilm, wurde mit der „Goldenen Leinwand“ ausgezeichnet und gilt heute als großer Klassiker seines Genres. Zahlreiche Zitate aus dem Film sind zu geflügelten Worten geworden („Frauen haben auch ihr Gutes.“ … „Mein Name ist Lohse. Ich kaufe hier ein.“ … „Das ist mein erster Ruhestand. Ich übe noch.“ etc.) – auch das gehört zu den Nachwirkungen von Loriots stets perfekt getimten und auf den Punkt gebrachten „feinen Beobachtungen“.
Doch diese stießen nicht immer auf Gegenliebe. Wiederholt hatte Loriot – sowohl während seiner Tätigkeit als Kolumnist und Karikaturist, als auch nach seinen Fernsehsendungen – mit erbosten Reaktionen, Protesten, harscher und kleinkarierter Kritik oder einfach mit Verständnislosigkeit zu kämpfen. Auch seine Spielfilmarbeit blieben davon nicht verschont. So beschrieb der „Spiegel“ 1991 „Pappa ante Portas“ als „ein Rudel zahnloser Witzchen, ein Rinnsal seniler Sketche in einer ungelenken Story“. Und weiter: „Dieser realitätsferne, altdeutsche Spießer Lohse ist nicht komisch, er ist bloß dumm und lächerlich.“
Selbsterkenntnis kann auch als Zumutung empfunden werden …
Neben den beiden Spielfilmen („Ödipussi“, 1988 und „Pappa ante portas“) sind inzwischen übrigens auch Loriots gesamte Fernseharbeit sowie seine Opern-Inszenierungen und musikbezogenen Werke („Loriot und die Musik“) als Gesamtausgabe erhältlich.
Für alles aus der „Wuppertaler Herrenboutique“ gilt die Pauschal-Empfehlung: Absolut sehenswert!
(1991, 94 Minuten)
„Das Wichtigste ist, dass man … Gerade wenn man jung ist, da ist der Körper … Das ist ganz natürlich … Also, das Körperliche, meine ich. Männer sind … Und Frauen auch. Überleg dir das mal. Gerade weil ich es gut mit dir meine. Haben wir uns verstanden?“ – „Hmm.“ – „Schön, dass du mal ganz offen über alles gesprochen hast. … Frauen haben auch ihr Gutes.“
(Heinrich Lohse klärt seinen Sohn Dieter auf; Zitat aus Loriots „Pappa ante portas“)