27. April 2024

Blutrot

Herzog Blaubarts Burg

Oper in einem Akt von Béla Bartók

Libretto: Béla Balázs (1884–1949)
Musik: Béla Bartók (1881–1945)
Uraufführung: 24. Mai 1918, Budapest (Königliches Opernhaus)
Dauer: ca. 1 Stunde

Einziger Akt: Die Burg Herzog Blaubarts

Hauptpersonen:
Herzog Blaubart:
Bariton
Judith: Sopran

Kurze Werkeinführung

„Herzog Blaubarts Burg“ ist die einzige Oper des ungarischen Komponisten Béla Bartók (1881–1945). Er komponierte sie im Jahr 1911 und reichte sie damals für einen Wettbewerb ein; die Partitur wurde jedoch abgelehnt. Daher gelangte das Werk erst einige Jahre später, nachdem Bartók mit anderen Werken als Komponist bereits erfolgreich war, zur Uraufführung – und zwar am 24. Mai 1918 im Königlichen Opernhaus Budapest. 

Die Aufführungsserie war ein großer Erfolg, so dass „Herzog Blaubars Burg“ in den folgenden Jahrzehnten auch von anderen europäischen Opernhäusern gespielt wurde und bis heute auf Spielplänen zu finden ist.

Als Libretto verwendete Bartók einen Text des ungarischen Regisseurs und Autors Béla Balázs (1884–1949). Dieser verarbeitete Elemente eines Märchens aus dem 17. Jahrhundert: Blaubart gestattet seiner Frau, alle Zimmer seiner Burg zu betreten – bis auf eines. In seiner Abwesenheit jedoch öffnet sie auch die Tür zu diesem Zimmer – weil sie schlimme Geschichten über Blaubarts frühere Frauen gehört hat. Sie will wissen, was es mit dem „verbotenen Raum“ auf sich hat …

Das alte Gemäuer, die sieben Zimmer, die Türen und die Schlüssel, die sie aufschließen – diese Requisiten führen durch ein intensives Seelen- und Beziehungsdrama, auf das die Zuschauer von einem Sprecher mit einem Prolog eingestimmt werden …

Die Handlung

Kurz und gut …
Eine liebende Frau, die Licht in die Seelenburg eines offenbar ziemlich blutrünstigen Charakters bringen will, kann dabei scheitern.


Einziger Akt: Herzog Blaubarts Burg

Alt ist die Burg, alt die Sage,
Die davon meldet,
Die ihr nun hört.

Während der letzten Worte aus dem Prolog öffnet sich der Vorhang zu Herzog Blaubarts Burg …

Judith ist ihrem Geliebten gefolgt – obwohl ihre Verwandten sie vor diesem Mann gewarnt hatten. Blaubarts frühere Frauen seien alle verschwunden. Sie aber hat für diesen Mann sogar ihren Verlobten verlassen.

Nun, vor dem Tor seiner Burg, fragt Herzog Blaubart sie ein letztes Mal, ob sie nicht doch umkehren möchte, noch habe sie die Gelegenheit dazu. Doch Judith ist entschlossen, an seiner Seite zu bleiben – und so betreten die beiden in das düstere Gemäuer, das Blaubarts Seelenräume widerspiegelt.

Judith möchte das dunkle, düstere Innere der Burg mit Licht füllen. Als sie in der riesigen runden Halle sieben schwarze, große Türen erblickt, möchte sie wissen, weshalb sie verschlossen sind. Niemand müsse sehen, was sie verbergen, antwortet Blaubart, gibt Judith dann aber doch den Schlüssel für die erste Tür.

Zu ihrem Entsetzen entdeckt sie eine Folterkammer. Die Wände scheinen zu bluten und Seufzer durch das Gemäuer zu hallen. Schreckliche Instrumente lassen das große Leid erahnen, das Blaubart zu verantworten hat.

Doch Judith überwindet ihre Abneigung. In einem roten Streifen auf dem Boden erblickt sie einen „Lichtbach“ – und bittet Blaubart um den Schlüssel für den zweiten der sieben Räume. 

Hinter dieser Tür schimmert gelbes Licht, und als Judith sie öffnet, wird eine Waffenkammer mit todbringendem, blutverschmierten Kriegsgerät sichtbar. 

In der Burg ist es durch das Öffnen der beiden Türen deutlich heller geworden. Judith möchte nun auch alle anderen Türen aufschließen, aber Herzog Blaubart übergibt ihr zunächst nur drei weitere Schlüssel. Sie solle alles sehen, aber keine Fragen stellen.

Hinter der dritten Tür findet Judith eine Schatzkammer, durchflutet von goldenem Licht, gefüllt mit Juwelen und Gold – und all dieser Reichtum soll nun ihr gehören. Sie wählt einige Kostbarkeiten, darunter eine Krone, für sich aus, entdeckt aber auch auf dem Geschmeide Blutflecken.

Der Raum, der sich mit der vierten Tür öffnet, ist in blaugrünes Licht getaucht. Er führt in den verborgenen Garten der Burg, in dem prächtige Rosen gedeihen. Doch die Rosenstämme und die Erde sind ebenfalls blutgetränkt. Judith will wissen, wer dafür verantwortlich ist, wer diesen Garten bewässert, doch Blaubart antwortet ihr nicht.

Jedoch ist der Herzog erfreut über das Licht, das seine Burg nun mehr und mehr erhellt, und er ermuntert Judith, auch die fünfte Tür zu öffnen. Als sie es tut, wird sie von einer gleißenden Lichtflut geblendet. Sie bestaunt das weite Land ihres Mannes, die Berge, Wälder, Flüsse, die sich hier in größter Pracht zeigen – doch bald ist sie abermals irritiert: Eine Wolke scheint blutig-rote Schatten zu werfen.

Dennoch ist Judith entschlossen, auch die letzten beiden Türen zu öffnen. 

Blaubart aber rät ihr dringend davon ab. Noch mehr Licht könne nun nicht mehr in seine Burg gelangen. Sie möge von ihrem Wunsch absehen.

Schließlich aber gibt er Judiths anhaltendem Drängen nach und reicht ihr einen weiteren Schlüssel. Und als sie die sechste Tür öffnet, wird es wieder dunkler in der Burg. Ein tiefes Schluchzen erklingt, ein weißer See wird sichtbar. Was dieser denn bedeute, will sie wissen, und Blaubart gibt ihr zu verstehen, dass es sich um Tränen handle. 

Ein See von Tränen! Judith vermutet, dass die früheren Frauen ihres Mannes sehr gelitten haben müssen. Und obwohl der Herzog sie eindringlich davon abzuhalten versucht, die siebte Tür zu öffnen, besteht Judith darauf, dass er ihr auch den letzten Schlüssel übergibt. Sie bekräftigt, ihn zu lieben – egal, welches Schicksal ihn mit seinen früheren Liebschaften verbinde.

Blaubart küsst Judith innig und beobachtet, wie sie schließlich die letzte Tür öffnet – während die fünfte und die sechste gleichzeitig wieder zugehen und sich das Innere der Burg verfinstert. Nur silbernes Mondlicht fällt noch herein, und die drei früheren Frauen des Herzogs, reich geschmückt mit Kronen und Juwelen, zeigen sich – als Verkörperungen verlebter Tageszeiten, des Morgens, des Mittags und des Abends. 

Judiths Schicksal ist es nun, da die siebte Tür geöffnet ist, den Frauen zu folgen – als „Königin der Nacht“. Blaubart setzt ihr die Krone auf, die sie gewählt hatte, legt ihr einen schweren Mantel um, und bleibt, als sich die Tür wieder schließt, getrennt von Judith in seinem dunklen Gemäuer zurück: „Und immer wird nun Nacht sein … Nacht … Nacht …“

Hinweise:
Alle Zitate aus dem Libretto (Prolog-Fassung nach Wilhelm Ziegler)
Foto: „Herzog Blaubarts Burg“, DECCA Video (Einspielung mit dem London Philharmonic Orchestra unter Sir Georg Solti, 1981)