25. April 2024

„Die Statue der Freiheit ist noch nicht gegossen“

Dantons Tod

• Oper in zwei Teilen (sechs Bildern) von Gottfried von Einem

Libretto: Gottfried von Einem (1918–1996) und Boris Blacher (1903–1975)
Musik: Gottfried von Einem (1918–1996)
Uraufführung: 6. August 1947, Salzburg (Salzburger Festspiele)
Dauer: ca. 2,5 Stunden

Teile:
1. Dantons Zimmer; Eine Gasse in Paris; Camilles Zimmer
2. Ein Gefängnis; Saal des Revolutionstribunals; Revolutionsplatz mit Guillotine

Hauptpersonen:
Georges Danton,
Deputierter: Bariton
Camille Desmoulins, Deputierter: Tenor
Hérault de Séchelles, Deputierter: Tenor
Robespierre, Mitglied des Wohlfahrtsausschusses: Tenor
St. Just, Mitglied des Wohlfahrtsausschusses: Bass
Hermann, Präsident des Revolutionstribunals: Bariton
Simon, Soufleur: Bass
Julie, Gattin Dantons: Mezzosopran
Lucile, Gattin Desmoulins: Sopran

Kurze Werkeinführung

„Dantons Tod“ war die erste Oper des österreichischen Komponisten Gottfried von Einem (1918–1996). Ihre Uraufführung fand am 6. August 1947 im Rahmen der Salzburger Festspiele statt und verhalf dem Komponisten zum internationalen Durchbruch.

Die Textdichtung zu seiner „Oper in zwei Teilen“ verfasste von Einem gemeinsam mit dem deutsch-baltischen Komponisten und Librettisten Boris Blacher (1903–1975). Als literarische Grundlage diente den beiden das gleichnamige Drama von Georg Büchner (1813–1837), das zentrale Ereignisse der Französischen Revolution (1789–1799) zum Inhalt hatte.

Der historische George Danton war, wie auch der berühmt-berüchtigte Maximilien de Robespierre, ein Führer der Jakobiner, einer politischen Partei, die im Frankreich des ausklingenden 18. Jahrhunderts für radikale gesellschaftliche Änderungen eintrat, die Einführung der Republik forderte und die Revolution entscheidend prägte.

Spätestens im Juni 1793 entwickelte sich aus der Revolution jedoch eine Schreckensherrschaft. Verdächtige Personen, die als Revolutionsgegner galten, wurden verfolgt und getötet. Vermutlich starben durch diesen Terror, den zuletzt vor allem Robespierre zu verantworten hatte, 30.000 bis 40.000 Menschen.

Gottfried von Einems Oper „Dantons Tod“ spielt im Jahr 1794 in Paris. Sie gehört – wie Umberto Giordanos „Andrea Chenier“ – zu den wichtigsten Bühnenwerken, die die folgenreichen Ereignisse der Französischen Revolution thematisieren.

Die Musik gilt als „gemäßigt modern“, enthält große Chor-Passagen und „erschließt sich auch dem ungeübten Hörer verhältnismäßig leicht“ (Wikipedia).

„Dantons Tod“ steht bis heute immer wieder auf den Spielplänen der Opernhäuser.

Die Handlung

Kurz und gut

Dantons Tod erinnert an die dunkelsten Seiten der Französischen Revolution – und an die alte Erfahrung, dass politische Freunde zu den gefährlichsten Feinden gehören.

1. Dantons Zimmer
Maximilien de Robespierre, ein politischer Weggefährte George Dantons, hat im Zuge der Französischen Revolution die Macht an sich gerissen und führt eine Schreckensherrschaft, bei der tatsächliche und auch nur vermeintliche Gegner der Französischen Revolution der Guillotine überantwortet werden. Danton sieht diese Entwicklung mit Missfallen. Er könnte gegen den Extremisten vorgehen, sieht die Zeit dafür aber noch nicht gekommen und lebt zurückgezogen mit seiner Frau Julie. In seinem Zimmer sieht er vergnügt den Damen am Spieltisch zu.

Camille Desmoulins, ein treuer, alter Freund und politischer Mitstreiter Dantons, berichtet, dass auf Befehl Robespierres wieder einmal unschuldige Menschen hingerichtet worden seien. Man müsse etwas gegen diese Willkür unternehmen. Danton solle Robespierre zur Rede stellen.

Doch Danton weiß, wie gefährlich die Lage ist und mahnt zur Vorsicht:

Zwischen Tür und Angel will ich euch prophezeien:
Die Statue der Freiheit ist noch nicht gegossen,
Der Ofen glüht,
Wir alle können uns die Finger dabei verbrennen!

Eine Gasse in Paris

In einer dunklen Pariser Gasse sind sich Simon und seine Frau in die Haare gekommen.

Hier hat das vom Revolutionsgedanken fanatisierte, gewaltbereite Volk einen jungen Mann als Opfer auserkoren. Er soll an einer Laterne aufgehängt werden, denn „er schneuzt sich die Nase nicht mit den Fingern“. Dass der Mann ein Taschentuch verwendet, verrät ihn nach Meinung des Volkes als Aristokraten.

Der junge Mann kann sich zwar retten, doch dann erscheint Robespierre und fordert einmal mehr eindringlich dazu auf, alle Volksfeinde zu vernichten.

Danton, dem das Vorgehen seines früheren politischen Mitstreiters längst ein Dorn im Auge ist, äußert sich nun kritisch gegenüber Robespierre. In einem persönlichen Gespräch stellt er seine „Tugendhaftigkeit“ in Frage. Doch seine Hoffnung, Robespierre zum Umdenken und zur Abkehr von seiner Terror-Herrschaft bewegen zu können, erfüllt sich nicht.

Kurz danach trifft Robespierre auf St. Just, einen jungen, fanatischen Hitzkopf, der – wie er selbst – ein Mitglied des sogenannten Wohlfahrtsausschusses ist. Dieser rät ihm entschlossen, nicht nur Danton als gefährlichen Gegner der Guillotine zuzuführen, sondern gleich auch dessen Freunde Hérault de Séchelles sowie Camille Desmoulins. Robespierre folgt dem Rat von St. Justes.

Camilles Zimmer

Georges Danton besucht seinen Freund Camille. Er erfährt, dass der Wohlfahrtsausschuss seine Verhaftung verfügt hat („Sie wollen meinen Kopf!“), will aber trotz der für ihn nun lebensbedrohlichen Lage weder flüchten, noch sich verstecken. Er ist dazu entschlossen, sich seinen Gegnern zu stellen.

2. Ein Gefängnis

George Danton und Camille Desmoulins sind verhaftet und ins Gefängnis gebracht worden. Besonders Camille leidet unter der Situation und muss erkennen, dass seine frühere Freundschaft mit Robespierre keinerlei Wert mehr hat.

Auf dem Platz vor dem Gefängnis versammelt sich das Volk. George Danton ist als politischer Führer bekannt. Jetzt soll er plötzlich ein Gegner der Revolution sein? Viele Menschen ergreifen entschlossen für ihn Partei, doch die Menge erweist sich als wankelmütig: Schließlich wirkt Robespierre überzeugender für sie.

Camilles Frau Lucile kann die Sorge um ihren Mann nicht bewältigen. Außer sich erscheint sie vor dem Gefängnis. George Danton versucht vergeblich, sie zu beruhigen.

Saal des Revolutionstribunals

Die Gefangenen werden vor das öffentliche Revolutionstribunal geführt, dessen Ausrichtung von Robespierre beherrscht wird. Hermann, der Präsident des Tribunals, beschuldigt Danton, sich mit den Feinden der Revolution verbündet zu haben.

Dieser wehrt sich vehement gegen solche haltlosen Anschuldigungen, und es gelingt ihm auch, das Volk mit seiner flammenden Verteidigungsrede für sich zu gewinnen – gipfelnd im Vorwurf, Robespierre und St. Just, die „Raben des Wohlfahrtsausschusses“, würden ihrerseits Hochverrat verüben.

Letztlich aber, nachdem St. Just die Angeklagten mit gezielten Lügen schwer belastet hat, unterliegen Danton und seine Anhänger den fanatisierten Jakobinern: Sie werden in den Kerker geschleppt, zum Tod durch die Guillotine verurteilt.

Revolutionsplatz mit Guillotine

Auf dem Revolutionsplatz herrscht ausgelassene Stimmung. Singend erwartet das Volk die Hinrichtung Dantons und seiner Freunde.

Diese stimmen auf dem Schafott die Marseillaise an, die französische Nationalhymne.

Die Hinrichtung ist schnell vorüber, das Volk klatscht Beifall, „Heil“-Gebrüll ertönt, die Henker verlassen die Stätte.

Später betritt Camilles Frau Lucile den leeren Revolutionsplatz mit der Guillotine und singt, nicht mehr bei Sinnen, das „Schnitterlied“:

Es ist ein Schnitter, der heißt Tod,
Hat Gewalt vom höchsten Gott,
Heut wetzt er das Messer,
Es schneid’t schon viel besser
Bald wird er drein schneiden,
Wir müssen’s nur leiden.
Hüte dich, schön’s Blümelein!

(Zitate aus dem Libretto)