20. April 2024

„Dienen ist mir Glück und Ehre!“

Fierrabras

• Heroisch-romantische Oper in drei Akten von Franz Schubert

Libretto: Joseph Kupelwieser (1791–1866)
Musik: Franz Schubert (1797–1828)
Uraufführung: 9. Februar 1897, Karlsruhe (Hoftheater)
Dauer: ca. 2,5 Stunden, eine Pause

Akte:
1. Im königlichen Schloss; im Garten des Schlosses
2. Felsige Gegend jenseits der französischen Grenze; das Schloss des Maurenfürsten
3. Im königlichen Schloss; das Schloss des Maurenfürsten

Hauptpersonen:
König Karl, König der Franken: Bass
Emma,
Karls Tochter: Sopran
Eginhard, ein Ritter Karls: Tenor
Roland, fränkischer Heerführer: Bariton
Boland, Fürst der Mauren: Bass
Fierrabras, Bolands Sohn: Tenor
Florinda, Bolands Tochter: Sopran
Maragond, Florindas Vertraute: Sopran
Brutamonte, Maurischer Anführer: Bass

Kurze Werkeinführung

„Fierrabras“ (philologisch korrekt: „Fierabras“) ist das einzige Bühnenwerk von Franz Schubert (1797–1828), das bis heute seinen Platz in den Spielplänen großer Opernhäuser behaupten konnte. Es entstand in der Zeit der Frühromantik, deren Opern – bis auf wenige Ausnahmen – überwiegend von herausragenden italienischen Komponisten (Rossini, Donizetti, Bellini) geprägt waren.

Allerdings konnte Schubert die Uraufführung seines „Fierrabras“, den er 1823 komponiert hatte, nicht mehr selbst erleben. Eigentlich war diese für das Jahr 1824 geplant gewesen, aber nachdem zuvor Webers heroisch-romantische Oper „Euryanthe“ beim Publikum durchgefallen war, wollte kein Theaterdirektor das Risiko eingehen, ein weiteres deutsches Werkes dieses Genres auf seinen Spielplan zu setzen. Schubert wurde für sein Werk nicht bezahlt und „Fierrabras“ schließlich erst Jahrzehnte nach seinem Tod uraufgeführt – zunächst stark gekürzt, erst im 20. Jahrhundert auch vollständig.

Die Handlung der Oper spielt im 9. Jahrhundert, zur Zeit Karls des Großen. Als König beherrschte dieser das „fränkische Reich“, das sich – als bedeutendster Nachfolgestaat des „weströmischen Reichs“ (476 untergegangen) – unter anderem über das heutige Frankreich, Deutschland und Österreich erstreckte. 800 wurde ihm die Kaiserwürde verliehen – als erstem westeuropäischen Herrscher seit der Antike.

„Fierrabras“ thematisiert unter anderem die Liebesbeziehung von Emma, der Tochter Karls des Großen, zu einem Ritter namens Eginhard. Fierrabras, der Titelheld, ist Sohn des Maurenfürsten Boland und liebt Emma ebenfalls.

Im Hintergrund der Beziehungs- und Bündniskonflikte, die es für die Protagonisten zu lösen gilt, stehen die politischen Ziele Karls des Großen. Dieser führte im Zuge seiner Bemühungen um die Christianisierung aller Lande unter anderem einen Feldzug gegen die nordspanischen Mauren (778).

Das Libretto zu Schuberts Oper verfasste der österreichische Theaterdichter Joseph Kupelwieser (1791–1866). Als Vorlage diente ihm das mittelalterliche „Fierabras“-Epos aus Frankreich, das aus dem Sagenkreis rund um Karl den Großen stammt. Es erzählt von einem heidnischen Recken, Fierabras, der von einem christlichen Ritter besiegt und zum Christentum bekehrt wird.

Die Handlung

Kurz und gut

Auch die engagiertesten Glaubenskriege werden bisweilen von Romanzen zwischen Freund und Feind unterlaufen. Davon weiß sogar Karl der Große Arien zu singen.

1. Akt: Im königlichen Schloss

Emma, die Tochter Karls, liebt Eginhard, den armen Sohn eines Edelmannes, der aber nicht in der Gunst des Königs steht. Die beiden müssen ihre Liebe deshalb geheim halten. Im Frauengemach des königlichen Schlosses macht sich die Sorge vor Unheil und Tod breit, denn König Karl ist in die Schlacht gegen die Mauren gezogen.

Da erscheint Ritter Eginhard und bringt Emma die Kunde von der Rückkehr ihres Vaters aus dem Krieg. Beide sind entschlossen, ihre Liebe künftig nicht mehr „in der Nacht“, also heimlich zu leben:

O mög’ auf froher Hoffnung Schwingen
Bald unser Glück der Nacht entflieh’n.

König Karl, der mit den fränkischen Rittern im Kampf gegen die Mauren erfolgreich war, hält feierlich Einzug; das Volk huldigt ihm. Roland, der Heerführer der Franken, führt die Gefangenen vor. Unter ihnen befindet sich, mit ungebrochenem Stolz auf Karl blickend, Fierrabras, der Sohn des Maurenfürsten.

König Karl weiß zunächst nicht, wen er vor sich hat. Als Roland ihm dann von dem ritterlichen Zweikampf berichtet, in dem er Fierrabras besiegt habe und von der Heldenhaftigkeit seines Gegenübers, entschließt sich Karl, diesen Gefangenen frei zu lassen:

Nimm deine Freiheit! Bist du ein Held,
Wirst du sie nicht missbrauchen. 

König Karl hat vor, einige Gesandte, darunter Eginhard, zum Fürsten der Mauren zu senden: Würden diese sich dem Frankenreich – und damit dem christlichen Glauben – unterwerfen, dann könne künftig Frieden herrschen.

Karl weist seine Tochter an, Roland den Siegerkranz zu überreichen. Als sie dem „hohen Helden“ entgegentritt, erblickt sie Fierrabras – und sofort glüht die Liebe in ihm auf. Denn Emma war ihm schon vor vier Jahren in Rom aufgefallen, und schon damals war ihm klar geworden, dass ihr sein „ganzes Herz gehört“.

Fierrabras vertraut Roland seine Gefühle für Emma an. Zwischen den beiden Helden, die einander ebenfalls schon damals in Rom getroffen hatten, hat im Krieg aus gegenseitiger Achtung eine Männerfreundschaft entwickelt.

Roland zeigt sich erstaunt darüber, dass Fierrabras Emma liebt, denn vor vier Jahren hatte er eine andere attraktive Frau an seiner Seite gesehen. Fierrabras klärt ihn nun auf, dass dies Florinda, seine Schwester, gewesen sei. Sogleich erkundigt sich Roland nach ihrem Wohlergehen und erfährt zu seiner Freude, dass Florinda seine „liebeglühenden Blicke“ erwidert habe. Für sich selbst sieht Fierrabras allerdings keine erfüllende Zukunft, sondern, im Gegenteil, „ein trübes Geschick“. „Nie nenn’ ich Emma, die Holde, mein“, ist er überzeugt.

Im Garten des Schlosses

Eginhard befürchtet, dass er in der gefährlichen Friedensmission, die ihn im Auftrag des Königs noch einmal zu den Mauren führen soll, den Tod finden könnte. Er singt seiner geliebten Emma im Garten des Schlosses zum Abschied ein trauriges Ständchen. Sie tritt ihm entgegen und schenkt ihm Hoffnung. Wenn Eginhard „im Siegesglanz“ heimkehre, würde ihr Vater ihn endlich als Helden anerkennen, der ihrer würdig sei …

Fierrabras wird Zeuge dieses vertrauten Gesprächs zwischen den beiden. Er muss erkennen, dass Emma ihr Herz bereits heimlich verschenkt hat. Als Eginhard ihn bemerkt und gegen ihn sein Schwert zieht, schlägt es ihm Fierrabras mit einem schnellen Streich aus der Hand. Es ist klar für ihn, dass König Karl die Liebe der beiden nicht gut heißt und dass es an ihm liegen würde, Eginhard „zu verderben“.

Doch Fierrabras zeigt sich großmütig, lässt seinen Widersacher fliehen und geleitet Emma zum Frauengemach. An der Pforte allerdings stellt sich ihm plötzlich König Karl mit seinem Gefolge in den Weg. Er kommt zum Schluss, dass Fierrabras seine Tochter hatte entführen wollen, wartet nähere Erklärungen erst gar nicht ab und gibt Befehl, den „Barbar“ in den Kerker zu werfen.

Roland bittet den König für seinen Freund um Gnade. Es habe ihn wohl „die Leidenschaft verblendet“, doch seine Liebe sei gewiss „rein wie Gold“. Karl aber bleibt dabei: Fierrabras soll nicht frei sein, ehe die Friedensmission erfolgreich beendet ist.

Am nächsten Morgen brechen Eginhard, Roland und die anderen Ritter mit weißer Fahne zu den Mauren auf. Emma sieht ihrem Geliebten voller Sorge nach. Fierrabras hat das Geheimnis der Beziehung zwischen Emma und Eginhard für sich behalten.

2. Akt: Felsige Gegend jenseits der französischen Grenze

König Karls Ritter haben die Grenze ihrer Heimat in Richtung der Mauren mit weißen Fahnen überschritten. Eginhard erfährt nun von Roland, dass Fierrabras „in Ketten schmachtet“, weil er es gewagt habe, sich an Emma heranzumachen. Eginhard ist erschüttert, denn ihm ist sofort klar, dass Fierrabras schuldlos ist und ihn gedeckt haben muss.

Roland hofft darauf, bei den Mauren die geliebte Florinda wiederzusehen. Indes bleibt Eginhard in Gedanken versunken zurück und überlegt, wie er Fierrabras, den „tiefgekränkten Freund“, am besten retten könne. Da tauchen, angeführt von Brutamonte, maurische Krieger auf. Ein heftiger Kampf entbrennt, schließlich wird Eginhard gefangen genommen. Mit seinem Hornruf konnte er die fränkischen Ritter noch auf den Angriff des Feindes aufmerksam machen, doch Roland und die anderen können ihn nicht mehr finden.

Das Schloss des Maurenfürsten

Florinda, die Tochter des Maurenfürsten Boland, will sich von ihrem Vater und der Heimat lossagen, um Roland, den sie schon so lange liebt, endlich zu suchen und zu finden. Maragond, Florindas Vertraute, rät dringend von diesem Vorhaben ab; schon der Gedanke daran sei gefährlich. Doch sie kann gegen Florindas Entschlossenheit nichts ausrichten:

Weit über Glanz und Erdenschimmer
Ragt meiner Wünsche hohes Ziel,
Und jedem Glück entsagt’ ich immer,
Lohnt mich der Liebe süß’ Gefühl.  

Als ihr Vater das Gemach betritt und Florinda nach dem Grund ihrer offensichtlichen Nachdenklichkeit befragt, gibt sie vor, dass sie das ungewisse Schicksal ihres Bruders Fierrabras beunruhige.

In diesem Moment führen Brutamonte und seine Krieger ihren Gefangenen vor. Sofort befragt Fürst Boland Eginhard nach dem Schicksal seines Sohnes. Der Ritter gesteht unumwunden, dass Fierrabras unschuldig in Ketten liege, weil jemand ihn „verraten“ habe. Und von der Schuld gequält, dass Bolands Sohn seinetwegen gefangen ist, fügt Eginhard auch gleich hinzu, dass er selbst dieser Verräter gewesen sei. Der Maurenfürst lässt ihn daraufhin in den Kerker werfen, er soll zum Tod verurteilt werden.

Kurz danach ziehen Roland und die anderen fränkischen Ritter feierlich ein. Auf ihrem Weg ist es ihnen gelungen, die Mauren von ihren friedlichen Absichten zu überzeugen und sie dem christlichen Glauben zuzuführen. Beglückt erblickt Florinda ihren Geliebten; sie hofft auf ein Ende der Kämpfe. Der Fürst indes tritt Roland mit großer Skepsis gegenüber: „Du sprichst vom Frieden, wenn mein Sohn unschuldig in Ketten schmachtet?“

„Unschuldig?“ fragt Roland überrascht – und erfährt nun von Eginhards Geständnis. Fierrabras sitzt also tatsächlich zu Unrecht im Gefängnis – „fürchterliche Kunde!“

Fürst Boland aber lässt sich von der offensichtlichen Überraschung dieses feindlichen Ritters nicht beeindrucken. Zudem noch erfahren zu müssen, dass auch sein Sohn inzwischen den christlichen Glauben angenommen hat, ist zu viel für ihn. Friede kommt nicht mehr in Frage. Boland lässt die fränkischen Ritter ergreifen, entschlossen, sie zum Tode zu verurteilen.

Florinda fleht ihren Vater um Erbarmen für die Gefangenen an – doch vergeblich. Roland und die seinen werden abgeführt. Sie aber ist entschlossen, ihren Geliebten zu retten.

Einer spontanen Idee folgend („Der Himmel gab mir den Gedanken ein“) eilt sie zu Eginhard, findet das Gefängnis unbewacht, und bittet ihn, sich so rasch wie möglich auf den Weg zurück zu König Karl zu machen. Fierrabras müsse entlastet und befreit werden: „Verliere keinen Augenblick, geh zu König Karl, bekenne dein Verbrechen, befrei den Bruder, er eile schnell herbei!“

Nun schleicht sich Florinda zu Roland und drängt ihn und seine Getreuen zur Flucht, nachdem beide einander ihre Liebe gestanden haben. Doch der Ausbruchsversuch misslingt. Maurische Krieger stürmen heran und werfen die fränkischen Ritter zurück in den Gefängnisturm. Fürst Boland wird klar, dass sein „verruchtes Kind“ den Feinden geholfen hat.

Entsetzen und Verzweiflung verbreiten sich am Hof des Maurenfürsten …

3. Akt: Im königlichen Schloss

In König Karls Schloss hofft Emma, Eginhard werde sich bewähren und erfolgreich von den Mauren zurückkehren. Ihr Vater fordert sie dazu auf, ihm „getreu alles zu berichten“, was an jenem Abend zwischen ihr und Fierrabras vorgefallen sei. Denn das einzige, was dieser im Verhör gestanden habe, sei, dass er sie liebe.

Emma wirft sich Karl daraufhin flehend zu Füßen – und sie beichtet ihrem Vater alles. Fierrabras sei unschuldig – nein, nicht ihn liebe sie, sondern Eginhard.

Ihr Vater schleudert sie daraufhin „mit einer Gebärde tiefsten Abscheus von sich“ und weist seine Soldaten sofort an, den Gefangenen freizulassen.

Als nun Eginhard am Hofe Karls eintrifft, zieht der König sofort sein Schwert, um den Verführer seiner Tochter zu töten. Emma stürzt sich verzweifelt dazwischen, und Eginhard hat Gelegenheit zu berichten, dass die Friedensmission gescheitert sei. Boland, der Maurenfürst, könne nur besänftigt und die Ritter nur gerettet werden, wenn Fierrabras sich unverzüglich auf den Weg zu seinem Vater mache.

Karl weist Fierrabras an, sofort „die mutigsten Streiter“ auszuwählen und mit ihnen aufzubrechen. Und so machen sich die Ritter auf. Eginhard ist unter ihnen. Er hofft, wenigstens durch den Tod in einer Schlacht in ehrenvoller Erinnerung zu bleiben, Emma stimmt in sein Klagelied ein, doch Fierrabras mahnt die beiden, sich nicht „vom Wahne betrüben“ zu lassen: „Vertrauet auf des Schicksals Lauf!“

Das Schloss des Maurenfürsten

Im Schloss des Maurenfürsten beklagt Florinda das Schicksal ihres Geliebten. Als sie durch ihr Fenster sieht, dass für die fränkischen Ritter bereits der Scheiterhaufen errichtet wird, überwältigt sie die Verzweiflung. Sie ist entschlossen, gemeinsam mit Roland zu sterben. Ihre letzte Hoffnung ist es, doch noch das Mitleid ihres Vaters zu wecken:

Ich eile schnell hinab,
Des Vaters Herz zu rühren,
Eh’ sie zum Flammengrab
Den Freund, den teuren, führen.

Doch Florindas Hoffnung erfüllt sich nicht. In wilder Entschlossenheit will Boland seine Tochter gemeinsam mit den feindlichen Rittern verbrennen lassen:

Hast du Verrat geübt,
Hast du den Feind geliebt,
So höre mein Gebot:
Dich eine mit ihm der Tod. 

Schon soll die Hinrichtung vollstreckt werden, als das König Karls Heer mit Roland und Eginhard eintrifft. Ein heftiger Kampf entbrennt, in dem die Mauren unterliegen. Fierrabras kann gerade noch verhindern, dass sein Vater durch einen Schwertstreich Eginhards getötet wird.

Als Boland seinen „teuren Sohn“ wieder vor sich sieht und sich seine Vermutung, er sei „durch des Feindes Hinterlist“ getötet worden, als haltlos erweist, ist er bereit, Karl, „dem besten König“, die Hand zu reichen. Frieden.

Dem Glück von Roland und Florinda steht damit nichts mehr im Weg. Seine Tochter Emma will Karl nun Fierrabras vermählt wissen; das Liebesglück mit ihr soll ihm „erlitt’nen Schmerz versüßen“.

Doch Fierrabras verzichtet. Er weiß, dass Emmas Herz für Eginhard schlägt:

Emmas Liebe ist nicht mein!
Ihr Herz hat längst gefunden,
Mit dem sie treu verbunden,
Dem tapfern Eginhard gehören meine Rechte.

König Karl ist mit der Wahl seiner Tochter nun einverstanden. Der Mut und die Treue Eginhards haben ihn überzeugt.

Aber was soll Fierrabras erhalten? „Du, mein Held, wo ist ein Lohn, der deiner würdig wäre?“, fragt Karl. Und Bolands Sohn entgegnet stolz: „Dem großen Karl zu dienen, ist mir Glück und Ehre!“

Der Jubelchor der nun im Christentum vereinten Franken und Mauren schallt durch die Lande:

In Nebel zerronnen
Sind Schrecken und Pein,
Das Glück ward gewonnen
Durch Treue allein.

 

(Zitate aus dem Libretto zur Oper)