Edward Bergers Anti-Kriegsdrama „Im Westen nichts Neues“
• Frühjahr 1917: Wie seine Freunde ist auch der 17-jährige Paul Bäumer (Felix Kammerer) von patriotischen Parolen fanatisiert und begeistert von der Idee, für das deutsche Kaiserreich in den Krieg zu ziehen. Da er aber noch zu jung für den Kriegsdienst ist, fälscht er eine Einverständniserklärung seiner Eltern – und bekommt bald darauf die heiß ersehnte Uniform ausgehändigt. Den Franzosen soll es an den Kragen gehen!
Pauls Uniform ist nur notdürftig geflickt. Sie gehörte einem gefallenen Soldaten namens Heinrich, dem man sie ausgezogen hat, ehe seine Leiche, wie unzählige andere, in ein Massengrab geworfen wurde. Der sinnlose Grabenkrieg an der Westfront fordert immer mehr und immer jüngere Opfer.
Es dauert nur wenige Stunden, bis Pauls Kriegsbegeisterung verflogen ist. Im Schlamm der Schützengräben, umgeben von schreienden Schwerverwundeten und dem Lärm von Schüssen, Flammenwerfern und Panzern, erlebt er den puren Horror des allgegenwärtigen Todes. Von seinen Freunden stirbt einer nach dem anderen.
In der Realität des Grauens gibt keine Aussicht auf irgendwelche siegreichen Heldentaten. Auch keine Aussicht, das alles zu überleben …
Das Anti-Kriegsdrama „Im Westen nichts Neues“ des österreichisch-schweizerischen Regisseurs Edward Berger wurde mit vier Oscars (und neun Oscar-Nominierungen) ausgezeichnet, erhielt zahlreiche weitere internationale Preise und zählt damit zu den erfolgreichsten deutschen Filmproduktionen der Geschichte.
Es basiert auf dem gleichnamigen Roman des deutschen Schriftstellers Erich Maria Remarque (1898–1970), der im Jahr 1929 erschien und vier Jahre später von den Nationalsozialisten verboten wurde – wegen seiner „verräterischen“ und unheroischen Darstellung des Krieges. Remarque war damals, 1933, bereits in die Schweiz ausgewandert.
Verfilmt wurde das Buch erstmals bereits 1930. Auch der damalige Regisseur, Lewis Milestone (1895–1980) wurde mit einem Oscar für „Im Westen nichts Neues“ ausgezeichnet.
Edward Berger unterstreicht in seiner Neuverfilmung, die im Wesentlichen von besonders eindringlich-bedrückenden Bildern (Oscars für Kamera und Szenenbild) sowie von Felix Kammerers großartiger Schauspielleistung lebt, die Sinnlosigkeit des Ersten Weltkrieges (der natürlich stellvertretend für die Kriege unserer Tage steht), indem er dem Leiden und Sterben der Soldaten auf dem Schlachtfeld die politische Ebene gegenüberstellt: Der deutsche Unterhändler Matthias Erzberger (Daniel Brühl) bemüht sich um einen Waffenstillstand mit den Alliierten. Doch er hat es mit dem siegessicheren französischen Marschall Ferdinand Foch (Thibault de Montalembert) zu tun, der zu keinem Kompromiss bereit ist. Und außerdem ist da der preußische Generalmajor Winterfeldt (Tobias Langhoff), der sich „Kaiser, Gott und Vaterland“ verpflichtet fühlt und seine Soldaten noch bis zur letzten Sekunde in einen aussichtslosen Angriff hetzt, nachdem der Zeitpunkt für einen Waffenstillstand bereits vereinbart wurde.
Während also in noblen Räumen Theorien gesponnen und Eitelkeiten befriedigt werden, während um Unterwerfungs-Gesten, Termine und Verbindlichkeiten gefeilscht wird, wird auf dem Feld „Menschenmaterial“ geopfert – erschossen, verbrannt, überrollt, verschüttet, traumatisiert und vernichtet.
Auch Paul, der noch Hoffnung schöpfen durfte, als die Nachricht vom baldigen Ende des Kriegs die Front erreichte, hat keine Aussicht, diesen von Menschenhirnen erdachten Wahnsinn zu überleben …
(2022, 148 Minuten)