19. April 2024

Wahre Liebe war’s wohl nicht …

Madama Butterfly

• Oper in drei Akten von Giacomo Puccini

Libretto: Giuseppe Giacosa (1847–1906) & Luigi Illica (1857–1919)
Musik: Giacomo Puccini (1858–1924)
Uraufführung: 17. Februar 1904, Mailand (Teatro alla Scala)
Dauer: ca. 2,5 Stunden, eine Pause

Akte:
1. Ein Hügel bei Nagasaki
2. Butterflys Häuschen
3. Butterflys Häuschen

Hauptpersonen:
Cho-Cho-San, genannt „Butterfly“: Sopran
Suzuki, Butterflys Dienerin: Mezzosopran
Benjamin Franklin Pinkerton, ein amerikanischer Marineoffizier: Tenor
Kate Pinkterton: Sopran
Sharpless, ein amerikanischer Konsul: Bariton
Yamadori, ein Fürst: Tenor
Butterflys Mutter: Sopran
Goro, ein Vermittler: Tenor
Bonzo, Gio-Gio-Sans Onkel: Bass

Kurze Werkeinführung

„Madama Butterfly“ gehört zu den am häufigsten aufgeführten und am öftesten auf Tonträgern dokumentierten Werken des italienischen Komponisten Giacomo Puccini (1858–1924). Die Oper wurde im Februar 1904 in der Mailänder Scala uraufgeführt – damals noch in einer zweiaktigen Fassung. Die Uraufführung der bis heute gespielten dreiaktigen Version folgte im Mai 1904; weitere Revisionen des Werkes durch Puccini folgten im Jahr 1905.

Die Grundlage für das Libretto, das Giuseppe Giacosa (1847–1906) und Luigi Illica (1857–1919) für den italienischen Meister verfassten, lieferten die gleichnamige Tragödie des US-amerikanischen Dramatikers und Drehbuchautors David Belasco (1853–1931) und der Roman „Madame Chrysanthème“ des französischen Schriftstellers Pierre Loti (1850–1923).

Die tragische Oper „Madama Butterfly“ spielt um 1900 in Nagasaki und beschreibt die unglückliche Liebe einer jungen Geisha zu einem in Japan stationierten amerikanischen Marineoffizier.

Die Handlung

Kurz und gut …

Im Westen ist es üblich, gefangene Schmetterlinge mit einer Nadel zu durchbohren, um sie auf ein Brett zu spießen. „Butterfly“, eine gebildete japanische Geisha, kennt diesen Brauch nur allzu gut.

1. Akt: Ein Hügel bei Nagasaki

Benjamin Franklin Pinkerton, ein in Japan stationierter US-amerikanischer Marineoffizier, hat über den Vermittler Goro auf einem Hügel bei Nagasaki ein Haus erworben – inklusive einer jungen Geisha namens Cho-Cho-San, die von allen „Butterfly“ genannt wird.

Pinkerton ist vom zierlichen Äußeren des Mädchens fasziniert und will es heiraten – dies jedoch vor allem, um den japanischen Sitten zu entsprechen. Ob er Butterly wirklich liebt, darüber ist er sich selbst nicht sicher.

Sharpless, ein amerikanischer Konsul und Freud des Marineoffizierts, ist von Cho-Cho-San, dieser „kaum erblühten Knospe“, ebenfalls fasziniert und verleiht seiner Hoffnung Ausdruck, dass die Heirat für Pinkerton nicht nur ein Spiel sei, denn ihm ist klar: „Sie glaubt daran!“

Butterfly nimmt die anstehende Hochzeitszeremonie sehr ernst. Sie liebt den amerikanischen Soldaten von Herzen und ist seinetwegen sogar zum christlichen Glauben übergetreten.

Ganz im Geheimen
Ging ich gestern ins Haus der Missionen.
Nun mein Leben ein neues,
Darf auch ein neuer Glauben in mir wohnen.
Onkel Priester weiß nichts,
Noch die Meinen ahnen’s.
Ich folg’ des Schicksals Reigen
Und werde demutsvoll
Vorm Gotte des Herrn Pinkerton
Mich neigen.
So will’s mein Schicksal!
In derselben Kapelle
Knie’ ich nieder mit Euch,
Um dem gleichen Gott zu dienen.
Und ist’s Euch zu Gefallen,
Könnt’ ich fast meine Leute ganz vergessen.
Mir sei’s verzieh’n!

Doch ihren traditionsverbundenen Verwandten bleibt Butterflys Gesinnungswandel nicht verborgen. Sie stehen der Hochzeit ablehnend gegenüber. Schließlich wird Cho-Cho-San von ihrem Onkel im Haus Pinkertons mit markigen Worten verstoßen („Dass deine faule Seele ew’ge Folterpein quäle …“) – woraufhin er der unangenehmen japanischen Verwandtschaft die Tür weist.

Butterfly ist nun eine Ausgestoßene, doch sie fühlt sich glücklich an Pinkertons Seite und hofft, dass auch er sie als seine Frau „ein ganz klein wenig lieben“ werde, damit sei sie schon zufrieden. Allerdings habe sie gehört, dass es in seiner Heimat üblich sei, gefangene Schmetterlinge mit einer Nadel zu durchbohren und auf ein Brett zu spießen. „Da ist was Wahres dran“, gibt Pinkerton zu, und auch sie, Butterfly, solle nun nicht mehr fliehen können: „Sei mein denn!“

Diesem Wunsch will Butterfly gern entsprechen, und beide versichern einander in der Hochzeitsnacht ihre Liebe. („Vogliatemi bene, un bene piccolino“)

Pinkerton:
Komm, Geliebte, auf, befreie die Seele
Von Zweifeln und von Kummer.
Sieh, die Nacht leuchtet helle!
Rings liegt alles im Schlummer!
Ja, befrei dein zagend Herz, um Wonne nur zu fühlen,
Komm, Geliebte! Sei die Meine! 

Butterfly:
Ah! Welch ein Himmel voller Sterne!
Wie ich heut‘ ihn lieben lerne!
Leuchtet! Glitzert! Glüht und funkelt!
Aller Erden Glanz verdunkelt …
Oh! Die tausend hellen Äuglein!

Allenthalben schau’n sie her
Auf die Lande, übers Meer.
Die tausend hellen Äuglein schau’n herunter …
O selig holde Nacht!
Sieh, der Himmel lacht,
Und uns’re Liebe leb’! 

2. Akt: Butterflys Häuschen

Seit ihrer Hochzeit mit Pinkerton sind drei Jahre vergangen. Butterfly hat einen Sohn zur Welt gebracht, doch von ihrem Ehemann hat sie schon lange nichts mehr gehört. Er hatte sie zwar mit dem Versprechen verlassen, bald wiederzukommen, doch sie wartet vergeblich auf ein Lebenszeichen von ihm. Obwohl auch Suzuki, Butterflys Dienerin, Zweifel hegt, ob Pinkerton jemals zurückkehren wird und das Geld langsam zur Neige geht, hält die gesellschaftlich verachtete Cho-Cho-San an ihrer Liebe und Überzeugung fest. Bald werde der Tag kommen, an dem sein Schiff in den Hafen einfährt. („Un bel dì, vedremo“)

Sharpless hat indessen einen Brief von Pinkerton erhalten. Dieser kündigt darin an, nach Japan zurückzukehren – jedoch nicht, um bei Butterfly zu bleiben …

Der amerikanischen Konsul möchte Cho-Cho-San schonend auf diesen Schock vorbereiten. Als er aber beginnt, ihr von dem Brief zu erzählen, gerät sie sofort in Entzücken („Ich bin das fröhlichste Weibchen …“) und sieht sich in ihrem treuen Glauben an Pinkerton bestätigt. Es gelingt Sharpless nicht, Butterfly die bittere Nachricht zu übermitteln.

Kurz danach sucht Yamadori, ein reicher Fürst, Butterfly in ihrem Häuschen auf. Da nach japanischem Recht eine verlassene Ehefrau als geschieden angesehen wird, bietet er ihr an, sie zu heiraten. Er sei bereit, ihr ewige Treue zu geloben. Doch Butterfly weist ihn stolz ab. Sie sei nicht verlassen worden, und überdies könnten in „ihrem Land“, in Nordamerika, Ehen nicht so leicht gelöst werden.

Sharpless versucht nun nochmals, Butterfly auf den ernüchternden Inhalt des Briefes vorzubereiten, doch sie ist schon ganz vom Gedanken ergriffen, dass Pinkerton bald kommen werde und stellt dem Konsul entzückt ihren Sohn vor. Ihr Mann wisse noch gar nicht, dass er der Vater dieses „herzlieben Kindes“ sei …

Da ertönt ein Kanonenschuss – das Zeichen dafür, dass ein Schiff im Hafen von Nagasaki angelegt hat. Butterfly ergreift ihr Fernglas und liest dessen Namen: „Abraham Lincoln“. Mit diesem Kriegsschiff würde Pinkerton zurückkehren!

Da ist er!
Da ist er gekommen
Grad‘ an dem Tage,
Wo man mir sagte:
Weine, verzweifle!
O herrlicher Sieg meiner Lieb’, meiner Treu
O Sieg der Liebe:
Er ist gekommen!
Schüttle alle Zweige dieses Kirschbaums,
Ich will Blüten um mich.
All dieser Blüten duftender Regen
Kühle die Stirn mir. 

Freudig legt Butterfly ihr Brautkleid an, lässt ihr Haar schmücken und die Türschwelle mit Rosen bestreuen. Dann blickt sie gemeinsam mit ihrem Kind in die Ferne, um geduldig die Ankunft ihres Gatten zu erwarten.

3. Akt: Butterflys Häuschen

Die Nacht ist vergangen, Butterfly hat vergeblich auf ihren Mann gewartet. Nun zieht sie sich mit ihrem Kind zurück.

Kurz danach wird Suzuki, ihre Dienerin, von unerwartetem Besuch überrascht: Sharpless und Pinkerton betreten leise, nur auf den Fußspitzen, Butterflys ärmliches Häuschen. In ihrer Begleitung ist eine Amerikanerin, die zunächst nicht mit eintritt – Kate … Pinkertons Frau!

Mit einem Schlag wird klar, dass die Beziehung mit Cho-Cho-San, selbst die Heirat, für ihn nur ein Spiel gewesen war. Jetzt ist er gekommen, um seinem Sohn eine bessere Zukunft zu sichern – in Amerika. Kate soll sich um den Kleinen kümmern.

Doch als Pinkerton nun bewusst wird, wie treu ihm Butterfly ergeben war, wie ernst sie diese Ehe genommen hat, dass sie all die Jahre Tag für Tag auf ihn gewartet, alle einlaufenden Schiffe beobachtet und nie an ihm gezweifelt hat, packt ihn tiefe Reue:

Oh, wie ich mein Vergehen
Nun voll und ganz erkenne,
So fühl’ ich auch schon
Die Qualen der Reue
Ewig lasten auf mir! Oh!

Pinkerton erträgt es nicht mehr, in Butterflys Häuschen zu sein und flieht („Leb wohl, mein Blütenreich“) – im Bewusstsein der eigenen Feigheit. Kate bittet Suzuki, Butterfly darauf vorzubereiten, ihr das Kind zu übergeben. Sie solle Vertrauen haben …

Da betritt Cho-Cho-San, die gerade vergeblich nach ihrer Dienerin gerufen hatte, selbst den Raum. Sie erblickt die Amerikanerin, Kate – und begreift schnell alle Zusammenhänge: Dass dies Pinkertons neue Frau ist, dass er zwar mit dem Schiff gekommen ist, sie ihn aber nicht wiedersehen soll. Und dass von ihr erwartet wird, der Fremden ihr Kind anzuvertrauen.

Entschlossen schickt Butterfly Suzuki hinaus, um nach dem spielenden Kleinen zu sehen. Als sie allein ist, zündet sie vor dem Reliquienschrein eine Kerze an und kniet nieder. Dann nimmt sie den Dolch und küsst ihn. Feierlich liest sie die Worte, die in die Klinge geritzt sind:

Ehrenvoll sterbe,
wer nicht länger mehr leben kann in Ehren.

Aber gerade als Butterfly sich das Messer ansetzt, kommt ihr Kind mit erhobenen Ärmchen hereingelaufen. Cho-Cho-San umarmt ihren Sohn noch einmal herzlich, schickt ihn dann wieder zum Spielen, geht hinter eine spanische Wand und rammt sich entschlossen den Dolch in den Körper.

Im Sterben hört sie, wie Pinkerton, der doch noch einmal zurückgekehrt ist, verzweifelt ihren Namen ruft. Sie schleppt sich bis zum Eingang, dann verlassen sie die Kräfte. Der Schmetterling des Offiziers ist tot.