2. Mai 2024

Romeo und Julia in Manhattan

West Side Story

• Musical in zwei Akten von Leonard Bernstein 

Libretto: Arthur Laurents (1917–2011) & Stephen Sondheim (1930–2021) 
Musik: Leonard Bernstein (1918–1990) 
Uraufführung: 26. September 1957, New York City (Winter Garden Theatre) 
Dauer: ca. 2 Stunden

Akte:
Die Straßen der West Side von Manhattan

Hauptpersonen:
Tony,
Riffs Freund (von der Gang der „Jets“): Tenor
Maria, Bernardos Schwester (von der Gang der „Sharks“): Sopran
Riff, Anführer der „Jets“: Tenor
Bernardo, Anführer der „Sharks“: Tenor
Anita, Bernardos und Marias Freundin: Sopran
Chino, Mitglied der „Sharks“: Tenor

Kurze Werkeinführung

Die „West Side Story“ ist das bekannteste und erfolgreichste musikdramatische Werk des US-amerikanischen Komponisten, Dirigenten und Pianisten Leonard Bernstein (1918–1990). Den Entschluss zur Komposition des Musicals fasste Bernstein im Alter von etwa 30 Jahren. Er war damals als Komponist bereits weithin bekannt.

Die Idee war, eine moderne Fassung des Shakespeare-Dramas „Romeo und Julia“ auf die Bühne zu bringen, jedoch nicht im Stil einer klassischen Oper, sondern als Musical.

Nachdem der US-amerikanische Drehbuchautor und Theaterregisseur Arthur Laurents (1917–2011),  der für Bernstein das Buch verfasste, zunächst einen anderen Hintergrundkonflikt thematisieren wollte, nämlich jüdisch-christliche Probleme (unter dem ursprünglichen Titel „East Side Story“), entschied sich der Komponist 1955 dazu, die ethnischen Konflikte zwischen Puerto-Ricanern und US-Amerikanern zu thematisieren, deren Wurzeln ins 19. Jahrhundert zurück reichen. 

Der karibische Inselstaat Puerto Rico („reicher Hafen“) war 1898 von den USA im Zuge des Spanisch-Amerikanischen Krieges besetzt und für sich beansprucht worden. Seither gilt Puerto Rico als „Außengebiet“ der USA, und viele strömen von dort – bis heute – ins wirtschaftlich attraktivere „Kernland“.

Die „West Side Story“ spielt auf den Straßen der West Side des New Yorker Stadtbezirks Manhattan in den 1950-er Jahren.

Das Musical wurde 1957 mit großem Erfolg im New Yorker „Winter Garden Theatre“ uraufgeführt, 1960 wiederaufgenommen, 1961 erstmals verfilmt und ist bis heute immer wieder auf den Bühnen der Welt zu sehen. 

Die deutschsprachige Erstaufführung fand 1968 in der Volksoper Wien statt.

2021 sorgte Steven Spielberg für eine beeindruckende Neuverfilmung des Musicals.

Die Handlung

Kurz und gut …
Wenn Maria von ihrem Balkon nach unten blickt, und Tony auf der Straße vor ihrem Haus in der West Side von Manhattan hinauf zu ihr, dann winkt den Liebenden bereits das Julia-und-Romeo-Schicksal …

1. Akt

Auf den Straßen der West Side von Manhattan stehen sich zwei Jugend-Gangs gegenüber: Die „Jets“, Nachkommen europäischer Einwanderer, und die „Sharks“, Söhne von Einwanderern aus Puerto Rico. 

Beide Gruppen reklamieren das Revier der West Side für sich. Krupke, dem Polizeioffiziert, gelingt es an diesem Tag, eine drohende Straßenschlacht zu verhindern – aber die Jugendlichen sind weiterhin entschlossen, um die Vorherrschaft zu kämpfen.

Riff, der Anführer der „Jets“, drängt seine Gang zu einem klärenden Kampf, bei dem auch sein Freund Tony, der frühere Anführer der Gang, noch einmal kräftig mitmischen soll. Beim nächsten Besuch in der Tanzhalle will man die „Sharks“ herausgefordern.

Tony, der die „Jets“ eigentlich bereits hinter sich gelassen hat und aus der Gang ausgetreten ist, lässt sich dazu überreden, auch zu der Veranstaltung zu kommen. 

Dort aber, beim „Dance at the Gym“, geschieht etwas Unerwartetes: Tony lernt Maria kennen, ein Mädchen, das gerade aus Puerto Rico gekommen ist, um Chino, ein Mitglied der „Sharks“ zu heiraten.

Doch nun verlieben sich Tony und Maria ineinander. Das aber verschärft die Probleme, denn Maria ist die Schwester von Bernardo, dem Anführer der „Sharks“.

Während die Gang-Leader Riff und Bernardo überein kommen, dass der Kriegsrat für den entscheidenden Kampf in „Doc’s Drugstore“ stattfinden soll, folgt Tony Maria nach Hause. 

Als er sie dort auf ihrem Balkon sieht, gesteht er ihr seine Liebe. Maria erwidert sie („Tonight“)

„Heut’ Nacht, heut’ Nacht,
alles begann heut’ Nacht,
ich sah dich, und die Welt blieb stehen …

Heute war die Welt nur eine Adresse,
ein Ort, an dem ich lebte,
gerade noch akzeptabel.

Aber jetzt bist du da,
und was nur eine Welt war, ist ein Stern
heut’ Nacht.“

Während Bernardos Freundin Anita wortreich eine Bekannte tröstet („I like to be in America“), die das Heimweh nach Puerto Rico gepackt hat, bereiten sich die Gangs auf den vereinbarten Kampf vor: Ein Zweikampf zwischen ihren Anführern soll die Entscheidung über die Revier-Hoheit bringen.

Auf Marias Wunsch versucht Tony diesen Kampf zu verhindern, doch die Emotionen geraten außer Kontrolle: Bernardo zückt ein Messer und ersticht Riff. Tony tötet daraufhin Marias Bruder.

2. Akt

Maria weiß noch nicht, was vorgefallen ist und bereitet sich zu Hause auf ein Rendezvous mit Tony vor („I feel pretty“). 

Nachdem sie die Schreckensnachricht schließlich erfahren hat, begegnet sie Tony zwar vorwurfsvoll, doch ihre Liebe zu ihm siegt. Tony muss zwar fliehen, weil ihm sowohl die „Sharks“, als auch die Polizei auf den Fersen sind, aber Maria hält zu ihm. Sie weiß, dass er zunächst Unterschlupf in „Doc’s Drugstore“ finden wird.

Polizeioffizier Krupke kommt bei seinen Ermittlungen zu den beiden getöteten Jugendlichen nicht weiter. Die „Jets“ haben nur Spott und Hohn für ihn übrig („Gee, Officer Krupke“).

Maria hat den sehnlichen Wunsch, Tony so schnell wie möglich wieder zu treffen. Sie hat ihre Freundin Anita von der aufrichtigen Liebe überzeugt, die sie mit Tony verbindet, und sie gebeten, ihn wegen des Treffens zu benachrichtigen. Sie wolle zu ihm kommen, sobald die Polizei ihre Verhöre abgeschlossen habe und keine Gefahr mehr besteht.

Doch als Anita in „Doc’s Drugstore“ eintrifft, kommt sie nicht gar nicht erst dazu, etwas zu sagen. Die „Jets“ bedrohen sie, nur mit knapper Not entgeht sie einer Vergewaltigung.

Anita ist außer sich vor Wut und erzählt nun nicht, dass Maria demnächst kommen werde, um Tony zu treffen, sondern dass sie von Chino, ihrem eifersüchtigen Verlobten, getötet worden sei.

Als Tony das hört, verlässt er verzweifelt sein Versteck und läuft durch die Straßen Manhattans, um Marias vermeintlichem Mörder zu begegnen. 

Chino, der Bernardos Tod rächen will, und Tony treffen einander schließlich, es fällt ein Schuss, Tony wird tödlich getroffen – just in dem Moment, als die ermordet geglaubte Maria erscheint. Er stirbt in ihren Armen.

Betroffen tragen die „Jets“ und die „Sharks“ Tonys Leichnam davon – in der Hoffnung auf eine bessere Welt, irgendwo … („Somewhere“)

„Es gibt einen Ort für uns
Irgendwo, ein Ort für uns
Friedlich und ruhig und unter freiem Himmel
Er wartet auf uns, irgendwo

Es gibt eine Zeit für uns
Eines Tages, eine Zeit für uns
Genug Zeit, um zusammen zu sein
Zeit, um zu lernen
Zeit, um sich zu kümmern

Eines Tages
Irgendwo
Werden wir auf eine neue Art leben
Werden wir einen Weg finden, zu vergeben
Irgendwo …“


Hinweise:

Das Titelbild zeigt die Szene einer Aufführung der „West Side Story“ in der Staatsoper Berlin, 2016 (Foto: Johan Persson)
Zitate aus dem Libretto, deutsche Übersetzung nach „Songtexte.com