Genoveva
• Oper in vier Akten von Franz Schubert •
Libretto: Robert Schumann (1810–1856) & Robert Reinick (1805–1852) •
Musik: Robert Schumann (1810–1856) •
Uraufführung: 25. Juni 1850, Leipzig
Dauer: ca. 2 Stunden
Akte:
1. Großer Schlosshof in Siegfrieds Burg
2. Eine Halle
3. Zimmer in einer Herberge zu Straßburg; Margarethas Zimmer
4. Wilde Felsengegend
Hauptpersonen:
Hidulfus, Bischof von Trier: Bariton
Siegfried, Pfalzgraf: Bariton
Genoveva, Siegfrieds Gemahlin: Sopran
Golo, Lehnsknecht: Tenor
Margaretha, Amme: Sopran
Drago, Haushofmeister: Bass
Balthasar, Diener in Siegfrieds Schloss: Bass
Caspar, Jäger: Bariton
Conrad, Siegfrieds Edelknecht: Bariton
Kurze Werkeinführung
„Genoveva“ ist die einzige Oper des deutschen Komponisten Robert Schumann (1869–1949). Sie spielt in der Zeit um 730 n. Chr. in Straßburg. Die titelgebende Hauptperson Genoveva ist die Gemahlin des Pfalzgrafen Siegfried. Als dieser in den Krieg gegen die Mauren zieht, setzt er Golo, seinen Lehnsknecht, für die Zeit seiner Abwesenheit als Verwalter seiner Burg ein. Golo soll auch Genoveva schützend beiseite stehen – was eine Herausforderung für den Lehnsknecht ist, weil er in die Frau des Pflanzgrafen verliebt ist …
Die Textdichtung von „Genoveva“ geht auf ein Werk des deutschen Dichters Ludwig Tieck (1773–1853) aus dem Jahr 1799 zurück („Leben und Tod der heiligen Genoveva“). Ursprünglich wurde der literarische Stoff von Robert Reinick (1805–1852), einem Freund Schumanns, für die Oper adapiert; schließlich aber schrieb Schumann das Libretto selbst, wobei er Textpassagen aus dem Werk „Genoveva“ von Friedrich Hebbel (1813–1863) übernahm.
Die Uraufführung des Werks fand am 25. Juni 1850 in Leipzig unter der Stabführung des Komponisten statt, erntete in der Presse aber keine gute Kritik. Vermutlich deshalb schrieb Schumann keine weitere Oper mehr. Trotz des damals populären Stoffes kam „Genoveva“ auch beim Publikum nicht besonders gut an. Dennoch wird Schumanns op. 81 bis heute immer wieder aufgeführt.
Die Handlung
Kurz und gut …
Im 8. Jahrhundert, als der Zauberspiegel noch als relevantes Informationsmedium galt, tat auch ein Pflanzgraf gut daran, sich vor Trugbildern hüten.
1. Akt: Großer Schlosshof in Siegfrieds Burg
Pfalzgraf Siegfried nimmt Abschied von seiner Gemahlin Genoveva, um mit seinen Kriegern in den „gottgefäll’gen“ Kampf gegen die islamischen Mauren zu ziehen. Bischof Hidulfus erteilt ihm und den Männern seinen Segen.
Genoveva versichert Siegfried ihre Liebe und bedauert seine Abreise. Der Pfalzgraf mahnt sie zur Stärke („Du bist ein deutsches Weib, so klage nicht“) und beteuert nochmals, dass dieser Kampf unbedingt nötig sei. Golo, seinen treuen Lehnsknecht, der allerdings selbst gern in die Schlacht gezogen wäre, um sich Ruhm zu erwerben, hat Siegfried als Verwalter seiner Burg eingesetzt. Golo soll auch Genoveva ritterlich zur Seite stehen („Meines Weibes nimm Dich an, Wo sie Mannes Schutz bedarf“).
Als ihr heftiger Abschiedsschmerz Genoveva schließlich ohnmächtig in die Arme Golos sinken lässt, bringt dies dessen Ritterlichkeit ins Wanken: Golo liebt die Frau seines Herrn nämlich im Stillen schon lange. Nun wird er von seinen Gefühlen überwältigt und nützt die günstige Gelegenheit, um sie zu küssen.
Margaretha, Golos Amme, die Pfalzgraf Siegfried einmal als „Hexe“ davon gejagt hatte, konnte die ungewöhnliche Szene mitverfolgen:
Sieh da – welch’ feiner Rittersmann!
Man sieht ihn nur mit Freuden an!
Der Federhut, der Degen steht ihm gut,
Auch hat er Mut!
Und wie zum Kuss er sich herunterbog,
Welch’ Flammenglut die Wang’ ihm überzog!
Die Frau allein, der Graf beim Heer –
Da fällt’s dem hübschen Burschen ja nicht schwer!
Margaretha sieht jetzt eine günstige Gelegenheit, sich an Siegfried zu rächen. Er erinnert sich nicht mehr an sie und die früheren Begebenheiten und weiß auch nichts über ihre Beziehung zu Golo.
Margaretha zeigt zunächst Verständnis für Golos Gefühle gegenüber Genoveva, und sie stellt ihm schließlich in Aussicht, ihm in seinem Vorhaben beizustehen, die Gemahlin seines Herrn für sich zu gewinnen. Genoveva sei ihm nicht abgeneigt …
2. Akt: Eine Halle
Traurig und sehnsuchtsvoll denkt Genoveva an Siegfried. Sie fühlt sich allein und von den lärmenden Mägden und Knechten zunehmend bedroht:
O weh des Scheidens, das er tat, –
Mit ihm schied Freud’ und Glück!
Herr’nloses Haus, Haus ohne Rath! –
O käm’ er bald zurück!
Golo nähert sich der Einsamen und erzählt ihr von einem Gerücht, demzufolge Siegfried im Krieg einen wichtigen Sieg errungen habe und mit seinen Truppen bald heimkehren werde. Genoveva schöpft Hoffnung, das Gespräch der beiden nimmt einen vertraulichen Verlauf, und zuletzt hält Golo sich nicht mehr zurück und zeigt ihr offen sein Interesse – in dem Wahn, dass auch Genoveva ihn heimlich liebe.
Doch sie weist seine nun immer rücksichtsloseren Annäherungsversuche schroff und eindeutig zurück und straft Golo zuletzt mit den Worten „Ehrloser Bastard“.
Golo ist schwer gekränkt. Als ihm nun Drago, der Haushofmeister, empört von Gerüchten berichtet, die besagten, Genoveva habe ein Verhältnis mit einem jungen Kaplan, bestätigt Golo – getrieben von Rachegelüsten –, dass Siegfried Frau tatsächlich ein unmoralisches Doppelleben führe. Er wisse, dass sie den Kaplan für die kommende Nacht zu sich bestellt habe.
Drago kann das zunächst nicht glauben, ist aber so verunsichert, dass er Golos Vorschlag folgt, sich in einer Nische zu verstecken, um zu beobachten, was in der folgenden Nacht geschieht.
Und eben dort wird Drago später von einigen Knechten und Mägden entdeckt, die auf Margarethas Geheiß in Genovevas Gemächer vorgedrungen waren, weil sie von einem unziemlichen Besuch ihrer Herrin gehört hatten.
Drago wird daraufhin von einem wütenden Diener erstochen – und Genoveva von der fanatisierten Belegschaft als Ehebrecherin in den Turm geworfen. Denn Margaretha hat ihre Beziehung zu Drago bestätigt.
Außerdem ist der rachsüchtigen Amme zu Ohren gekommen, dass Siegfried verwundet wurde. Sie will deshalb nach Straßburg reisen, um mit ein wenig Gift nachzuhelfen, dass er nie wieder zurück nach Hause kehren kann.
3. Akt: Zimmer in einer Herberge zu Straßburg
Siegfried war im Kampf tatsächlich verletzt worden. Margaretha war in Straßburg als seine Pflegerin tätig gewesen, aber ihr Plan, den Pfalzgrafen zu vergiften, war nicht aufgegangen. Siegfried („Der muss von Eisen sein, dass er den Trank verschmerzt, den ich ihm gab!“) hat seine Gesundheit wieder erlangt und will nun, nachdem der Krieg gewonnen ist, schnell zurück nach Hause, um seine geliebte Genoveva endlich wiederzusehen:
Bald blick’ ich dich wieder mein Heimatschloss,
Der Turmwart bläst, es jauchzt der Tross,
Die Tore rasseln vor mir auf,
Die Brücke fällt, ich schaue hinauf –
Sie hat mich erblickt, sie fliegt mir entgegen
Und Aug’ an Aug’ und Brust an Brust!
O Liebestreu’, wie reich an Segen!
O Wiederseh’n so reich an Luft!
Besiegt ist der Feind, das Kreuz erhöht,
Des Glaubens Panier das Land durchweht!
Wie grimm die Wut des Heiden war,
Mit uns stritt Gott und seine Schar!
Margaretha rät Siegfried, einen Blick in ihren „Zauberspiegel“ zu werfen, um seine Sehnsucht nach Genoveva sofort zu stillen. Dieser Spiegel zeige alles, „was sich jüngst begeben“. Siegfried ist zwar nicht sicher, ob er sich auf diesen Zauber einlassen soll („Geht das mit rechten Dingen zu?“), will es sich aber überlegen.
Da überbringt ihm herbeieilende Golo einen Brief des Hauskaplans, der ihm darin Genovevas angebliche Untreue mitteilt. Der Pfalzgraf ist entsetzt, seine Gedanken überschlagen sich. Angesichts dieser Schmach will er nicht mehr zurück auf sein Schloss („Niemand auf der Welt soll mehr mich seh’n“), und seiner Frau wünscht er nur noch den Tod. Gleichzeitig drängt es ihn aber zu erfahren, was wirklich geschehen ist – und Siegfried entschließt sich, einen Blick in Margarethas Zauberspiegel zu werfen.
Margarethas Zimmer
Gemeinsam mit Golo sucht Siegfried Margaretha in ihrem Zimmer auf, und mit einem Trugbild bestätigt der Zauberspiegel den Brief des Kaplans: Genoveva habe sich Drago, dem Haushofmeister, hingegeben.
Golo ist zwar entsetzt über die dunklen Künste Margarethas, die er nun hautnah miterlebt („Mit Satan steht die Hex’ im Bunde.“), aber er sieht für sich keinen Weg zurück („Sie reisst zu Sünd’ und Schand’ mich fort!“) und verläßt mit seinem wütenden Herrn das Zimmer, nachdem Siegfried den Zauberspiegel zertrümmert hat.
Allein zurückgeblieben, wird Margaretha nun aber vom Geist des erdolchten Haushofmeisters heimgesucht. Drago stellt sie vor die Alternative, entweder Siegfried ihre Untaten zu gestehen – oder einen grauenvollen Flammentod auf dem Scheiterhaufen zu erleben.
Margaretha erkennt schnell, dass ihre dunklen Künste Drago nichts anhaben können und fleht angesichts seiner drohenden Erscheinung betend um Erbarmen.
4. Akt: Wilde Felsengegend
Golo hat von Siegfried den Befehl erhalten, Genoveva mit seinem Schwert hinzurichten. Caspar und Bathasar, zwei Diener Siegfried, führen die Unschuldige in den Wald, damit das Urteil hier vollstreckt werden kann.
Noch einmal versucht Golo, Genovevas Unglück für sich zu nutzen: Er würde mit ihr fliehen, sollte sie sich nun doch für ihn entscheiden. Sie aber weist ihn standhaft von sich.
Damit scheint ihr Leben verwirkt. Doch plötzlich und unerwartet erscheint Siegfried. Margaretha hat ihm die Wahrheit gestanden; der Pfalzgraf weiß, das seine Frau unschuldig ist – und bittet Sie um Vergebung („Ich bin die Schuld an Deinem Elend“) Erleichtert („Es war nicht Deine Schuld!“) schließt Genoveva ihren Gatten in die Arme.
Bald darauf meldet Balthasar Golos Tod („Wir fanden ihn zerschmettert in der Schlucht dort“), und das Paar kehrt glücklich zurück nach Hause – wo inzwischen auch der Belegschaft klar geworden ist, dass ihre Herrin nichts Tadelnswertes getan hat. Ein großer Schlusschor ertönt:
Erschalle, festlicher Sang,
Ertönet, jubelnde Lieder!
Siegfried Heil
Dem tapferen Helden,
Heil Genoveva
Der hohen Frau!
Das uns so lang
Entrissen war,
Das edle Paar
Es kehrt uns zurück!
(Zitate aus dem Libretto)