28. März 2024

Der „Tod Gottes“ am Kreuz

Eine künstlerisch gestaltete Titelseite der „Kleinen Zeitung“ zum Karfreitag vermittelte eine einfache Wahrheit: „Nichts übersteigt mehr den menschlichen Erfahrungshorizont als die radikale Vorstellung […] an den Tod Gottes als Transformation zum ewigen Leben zu glauben.“ Wie treffend. So etwas kann man nur mit einigen Verrenkungen für wahr halten!

Vorweg: Ich bekenne mich als gläubiger Mensch und ich betrachte mich, wiewohl keiner Kirche angehörig, auch als Christ. Denn die Lehre Jesu von der Gottes- und Nächstenliebe, die in den überlieferten Gleichnissen zum Ausdruck kommt, überzeugen mich.

Allerdings empfand ich die Idee, Jesus habe die Menschheit durch seinen Kreuzestod erlöst, immer als unsinnige Konstruktion, auch wenn sie 2000 Jahre alt ist.

Ein Gott, der seinen Sohn opfern lässt, um … was, bitte, zu erreichen? Benimmt sich eine erlöste Menschheit so, wie es die Geschichtsbücher zeigen: Konflikte, Gräueltaten, Völkermord durch die Jahrhunderte – bis heute, wo es mehr als 100 Kriegsherde weltweit gibt?

In keiner seiner überlieferten Predigten hat Jesus je gesagt, dass er gekommen sei, um ein Sühneopfer zu bringen. Gebracht hat er seine Lehre – und das war zweifellos auch seine Mission. Der Verrat und die Ermordung am Kreuz galten einem ungeliebten Wahrheitsbringer, dessen einfache, klare Worte die etablierten Schriftgelehrten nicht ertragen konnten. Und selbstverständlich war die Folterung und die Ermordung Jesu nicht nötig, um die Menschheit zu erlösen.

Was soll dieser unselige Opfergedanke überhaupt, der davon ausgeht, dass jemand die Sünden anderer auf sich nehmen könne? Ein Gedanke, der jedem Gerechtigkeitsempfinden widerspricht? Soll er auf die „unerforschlichen Ratschlüsse Gottes“ verweisen? Meines Erachtens verweist er eher auf die Verworrenheit menschlicher Gedanken. Auf eine Gesinnung, die unbedingt einen sonderbaren, unverständlichen Gott braucht, weil die wunderbare Schöpfung als „Ausweis Gottes“ offenbar nicht ausreicht.

Soviel vorweg. –

Richard Kriesche, der mich mit seiner Arbeit zu diesen Zeilen anregte, formulierte für die Titelseite der „Kleinen Zeitung“, einer der größten Tageszeitungen Österreichs, folgenden Titelseiten-Text:

„Nichts übersteigt mehr den menschlichen Erfahrungshorizont als die radikale Vorstellung, die erstmals vor 2000 Jahren das Christentum in die Welt gesetzt und den Menschen als Auftrag zum besseren Leben gestellt hat: An den Tod Gottes als Transformation zum ewigen Sein Gottes zu glauben.“

Die Formulierung „zum ewigen Sein Gottes“ wurde im Blattinneren (Seite 2) der Zeitung mit den Worten „zum ewigen Leben“ übersetzt. Was die Aussage nicht wirklich folgerichtiger macht.

Ja, diese Vorstellung vor irgendeiner höheren Sinnhaftigkeit im „Tod Gottes“ übersteigt den menschlichen Erfahrungshorizont wirklich. Weil sie unsinnig und unlogisch ist. Aber sie wird seit Jahrhunderten einfach zur Kenntnis genommen. Weil es gilt, liebgewonnene kirchliche Traditionen zu wahren. Weil Glaube sowieso nicht logisch sein muss. Und weil sich in unserer dem Atheismus zuneigenden Gesellschaft kaum jemand die Frage stellt, was wirklich der Wille des Schöpfers sein könnte.

Aber da dieses achselzuckende Zur-Kenntnis-Nehmen sowieso nur noch in einem Nebenraum des gesellschaftlichen Bewusstseins erfolgt, dürfen sich nun auch Künstler an Interpretationen zum „Tod Gottes“ versuchen. Vielleicht ist das – als Anregung für einen tieferen Nachdenkprozess – letztlich auch ganz gut so. In diesem Sinn: Frohes österliches Erwachen!